|Epilog|

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Ein Jahr war seit unserer Hochzeit vergangen und an einem sonnigen Tag im Juni fanden sich Henry und ich in den prächtigen Gemächern unseres Anwesens in Cambridge wieder, wo unser erstes Kind das Licht der Welt erblicken sollte. Die ersten Anzeichen der Wehen ließen sich bereits am Morgen spüren. Obwohl wir uns lange auf diesen Moment vorbereitet hatten, überwältigte mich die Realität des bevorstehenden Ereignisses.

Rosemary, eine erfahrene Hebamme mit einem ruhigen und bedachten Auftreten, eilte herbei, um uns zu unterstützen. Henry stand an meiner Seite, seine Hand fest in meiner, um mir Mut zu geben. Die Schmerzen wurden von Minute zu Minute unerträglicher und zogen sich über Stunden hin. Stunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen.

Die Sonne war bereits untergegangen, als die Wehen sich verstärkten und die Atmosphäre im Raum angespannter wurde. Die Hebamme trat näher, um den Fortschritt der Geburt zu überwachen. In ihrer Hand hielt sie ein einfaches Stethoskop, um meinen Herzschlag und den unseres ungeborenen Kindes zu überprüfen.

Mit geschulten Händen legte sie ihr Instrument auf meinen Bauch und lauschte aufmerksam. Ein Moment der Stille folgte, während sich die ganze Welt zu verlangsamen schien. Das Knistern des Feuers im Kamin war das einzige Geräusch, welches die Stille durchbrach.

Rosemary runzelte die Stirn und ein Ausdruck der Besorgnis erschien auf ihrem Gesicht. "Das Baby hat einen schwachen Herzschlag, Madame", sagte sie ruhig, aber ernst. "Es gibt Komplikationen."

Ein Hauch von Panik ergriff mich, als ich das hörte und ich griff nach Henrys Hand, die mir festen Halt gab. Die Hebamme und Henry tauschten besorgte Blicke aus, während sie sich berieten, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten.

"Die Geburt ist schwieriger als erwartet", sagte sie schließlich. "Sie müssen sich entscheiden, wen wir zuerst retten sollen: das Baby oder die Mutter."

Ein Gefühl der Verzweiflung überkam mich, als ich die Ernsthaftigkeit ihrer Worte begriff. Die Tränen strömten unaufhaltsam über meine Wangen und ich betete stumm, dass alles gut gehen würde. Henry sah mich mit verzweifelten Augen an, seine Hände zitterten vor Angst. "Ich kann dich nicht verlieren, Elizabeth", flüsterte er leise.

Ich spürte die Entschlossenheit in seinen Augen und wusste, dass er alles tun würde, um mich zu retten. Doch mein Herz schrie nach meinem ungeborenen Kind.

"Das Baby, Henry", flüsterte ich mit letzter Kraft. "Bitte, rette unser Baby."

Tränen bildeten sich in seinen Augen. Innerlich trug er mit sich selbst einen Kampf aus. "Bitte!", forderte ich mit Nachdruck. Ein Ausdruck der Entschlossenheit erschien auf Henrys Gesicht, als er die womöglich schwerwiegendste Entscheidung seines Lebens traf. "Retten Sie das Baby", sagte er schließlich mit fester Stimme. "Und geben Sie alles, um meine Frau ebenfalls zu retten."

Die Hebamme nickte zustimmend und begann sofort, die notwendigen Schritte einzuleiten, um das Baby sicher auf die Welt zu bringen. Doch trotz allem blieb die Angst in meinem Herzen bestehen, denn ich wusste, dass dieser Kampf noch lange nicht vorbei war.

Die Schmerzen durchzuckten meinen Körper wie peitschende Blitze und ich kämpfte verzweifelt gegen die Dunkelheit an, die sich langsam um mich herum zu schließen schien. Die Welt verschwamm vor meinen Augen und das dumpfe Dröhnen meines eigenen Herzschlags hallte in meinen Ohren wider. Ich konnte nur am Rande mitbekommen, was um mich herum geschah, während ich mich darauf konzentrierte, meine eigenen Schmerzen zu überwinden und die Angst um mein ungeborenes Kind zu unterdrücken.

Jede Wehe brachte eine Welle der Qual über mich und ich klammerte mich verzweifelt an Henrys Hand, der fest an meiner Seite blieb, bereit, mich durch jeden Moment zu führen. Doch trotz seiner Gegenwart und der Unterstützung der Hebamme fühlte ich mich allein in einem endlosen Ozean aus Schmerz und Verzweiflung.

Die Zeit dehnte sich weiter aus, während mein Körper sich dem unerbittlichen Druck der Geburt widersetzte. Ich betete stumm, dass mein kleines Baby sicher und gesund sein würde. Doch dann, in einem Moment der Schwäche, verlor ich den Kampf gegen die unerbittlichen Schmerzen und die Erschöpfung meines Körpers.

"Elizabeth, bleib bei mir", war das letzte, was ich hörte.

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Als ich wieder zu mir kam, fühlte ich eine tiefe Leere in meinem Inneren, gefolgt von einem schrillen Schrei, der die Stille des Raumes durchbrach. Mein Herz hielt für einen Moment den Atem an, während ich hoffte und betete, dass alles gut sein würde.

Dann, ein Moment der Erleichterung, als ich die Worte der Hebamme hörte, die mir verkündete, dass unser Sohn geboren war. Tränen der Freude und Erleichterung schossen mir in die Augen, als ich die Stimme meines kleinen Babys zum ersten Mal hörte.

Ich streckte meine zitternden Hände aus, um ihn zu berühren und spürte die Wärme seines winzigen Körpers in meinen Armen. Ein Gefühl der Dankbarkeit und Liebe erfüllte mich, als ich ihn betrachtete. Ein perfektes kleines Wunder, das durch all die Schmerzen und die Dunkelheit der Nacht geboren wurde.

"Ihr habt es beide geschafft, Elizabeth", sagte Henry, seine Stimme voller Erleichterung. "Sieh ihn dir an ... Unser Sohn."

Ich betrachtete unser Baby, ein perfektes kleines Bündel in meinen Armen und spürte eine Flut der Liebe und Dankbarkeit über mich hereinbrechen. Seine winzigen Finger umklammerten die meinen und ich fühlte eine tiefe Verbindung zu diesem kleinen Wesen, das aus unserer Liebe geboren wurde.

"Er sieht perfekt aus", flüsterte ich, meine Stimme noch immer schwach vor Erschöpfung.

Ein sanftes Lächeln breitete sich auf Henrys Gesicht aus, als er über den Kopf unseres Sohnes strich. "Willkommen in unserer Welt, George."

Eine Träne glitzerte in Henrys Auge, als er den Namen aussprach. Eine Hommage an den verstorbenen Duke, Henrys Vater, den er viel zu früh verloren und nicht genügend Zeit hatte, um ihn richtig kennenzulernen. Es war auch eine Erinnerung an die Wurzeln seiner Familie, an die Männer, die vor ihm kamen und das Erbe weitergaben, das er nun in seinen Händen hielt.

Ich fühlte eine tiefe Erleichterung, als ich meinen kleinen George betrachtete, der nun sicher und gesund in meinen Armen lag. Trotz der Strapazen und der Angst, die wir während der Geburt durchlebt hatten.

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen hielt ich George fest an meine Brust und fühlte, wie sein kleiner Körper sich an mich schmiegte. Eine tiefe Ruhe durchströmte meinen Körper und ich wusste, dass unsere Liebe ihn für immer beschützen würde. Denn in diesem Moment war unser kleiner Junge das größte Geschenk, das das Leben uns schenken konnte und für ihn würde ich immer kämpfen, egal was kommen mochte.

Royal Escape (ONC 2024)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt