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Es gibt Tage an denen ich alles in meinem Leben hinterfragte. Menschen, Bekannte, Verwandte zogen an mir vorbei, wobei ich noch immer im selben Moment gefangen war. Déjà-vu. Wenn die Realität sich von der Vergangheit nicht unerscheidete und eine fließende Überbrückung bildete von den Geschehnissen, die man erlebte oder  erlebt hatte. Wo war der minimale Unterschied, der mir sagte, du lebst im Hier und Jetzt? War es eine Parallel-Welt? Es fühlte sich bei Chiaras verzweifelten Tränen so an.

Ihre Hände zitterten. Ihre Wimperntusche lief. Ihre Partykleidung klebte an ihrem Körper. Es tropfte von ihren Haaren und ihre Lippe war blau angelaufen. Die Krönung: Ihre Schuhe fehlten.
Ich wurde an den Vorfall vor fünf Jahren erinnert. Chiara war ich. Ihr Flehen ein Flacker, der Erinnerungen brachte.
"Hilf mir, Clementine. Bitte hilf mir" Nur diesmal, konnte sie sich an wen wenden. 

Um Chiaras Situation zu verstehen müsste man den Abend Revue passieren lassen, den bis vor Kurzem waren Carlson und ich selber auf Aidens Party gewesen.
Der Deal hatte tatsächlich stattgefunden. Die Substanz befand sich mittlerweile im Labor von Dr. Yen. Ergebnisse würden bereits in der Früh zu sehen sein.

Mit einem Nicken und meinem Wolfsaugen, schwang ich eine beschützende Hand um Chiara, um sie hereinzuholen, während meine Augen die Umgebung untersuchte.
Mein Wolf sah keine Gefahr. Unmittelbar entspannte ich meine Muskeln und konnte meine Aufmerksamkeit auf sie richten.
"Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte und ihr seits Agenten..", ihre Stimme brach und mein Mitleid wurde zunehmend größer.

Carlson konnte mein Unbehagen fühlen, sodass er zu uns trat.
"Was ist passiert?", stellte er die Frage in den Raum. Das wollte ich auch wissen, doch sie fror und ich war nun kein Unmensch um sie leiden zu lassen, auch wenn aie meinen Mann mehr als öfter zu Nahe getreten war. Also schickte ich sie zu unserem Gästezimmer rauf und bot ihr Kleidung.
"Geh unter die Dusche, wärme dich auf. Du bist hier sicher, Chiara. Das kann ich dir versichern", schloss ich die Tür zu und ging wieder die Treppen zu Carlson runter, der in der Küche wartete und heißen Kakao zubereitete.

"Für Chiara?", ließ ich meine Hand über seine breiten Schultern gleiten und drückte meinen Oberarm gegen seinen. Er blickte kurz in meiner Richtung, ehe er wieder Milch aufwärmte.
"Und für dich und mein Baby"
"Psht..", spitzte ich meine Lippen und presste mein Zeigefinger gegen seinem Mund.

"Sie könnte uns hören"
"Liebling, die Dusche rennt", lachte er mich aus. Eigentlich lachte er über meine Wolffähigkeiten. Als Omega war man etwas im Nachteil. Die Fähigkeiten waren nicht so ausgesprägt wie bei einem Beta. Dennoch gab es ihm nicht das Recht, deswegen zu Lachen.
Er nahm meine Stille anders auf, als sie es war. Er glaubte, ich war beleidigt.
"Hey, sei deswegen nicht böse..", blendete ich ihn aus. Stattdessen erinnerte ich mich an etwas signifikantes, dass am heutigen Abend passiert war.

Chiara hatte mich auf der Party aufgesucht und mich zur Seite gedrängt.
"Da du ja Agentin bist, wollte ich dir etwas sagen.", wartete ich auf ihre Erklärung.
"Lea wurde eine Zeit lang beobachtet. Es war ein Mann."

"Carlson", kam ich wieder zu mir.
"Ich weiß, warum Chiara hier ist", riss ich meine Augen auf.
Erst als Chiara später aufgefrischt und in meinen Klamotten runter kam, konnte ich sie bei einer Tasse warmen Kakao konfrontieren.

"Ich will dich nicht bedrängen Chiara, aber ich muss wissen, was heute Abend passiert ist" Sie nickte und umschloss ihre Hände um die Tasse. Ich wusste nicht, ob sie dies machte, weil ihr kalt war oder weil sie Halt suchte.
Carlson fehlte im Raum. Er wollte die Situation nicht komischer machen, als sie schon war. Die Ex wurde von seiner Frau befragt.
Eigentlich wollte er es für Chiara so einfach wie möglich machen. Dich würde mich etwas aufregen, war er einen Raum von mir entfernt.

"Der Mann", bröckelte ihre Fassade.
"..der Lea beobachtet hatte, hat mich verfolgt" Meine Vermutung stimmte also. Chiara war in Gefahr. Ob wir es waren, konnte ich nicht sagen. Sie war zwar zu uns gelaufen, doch keiner konnte sagen, bis wohin der Mann sie verfolgt hatte. Es konnte aber mit Absicht gewesen sein? Was für ein Motiv hatte er?

"Chiara", versuchte ich ihr etwas Sicherheit zu gewähren, indem ich meine Hand auf ihre Schulter legte.
"Wir werden alles tun, dass du in Sicherheit bist. Doch um das zu erreichen, muss eine Aussage von der Polizei aufgenommen werden. Verstehst du?" Sie nickte und begann zu schniefen.
"Kann ich heute Nacht hier bleiben?" Ich nickte.

"Natürlich, das Gästezimmer gehört dir. Wissen deine Eltern bescheid?" Sie schüttelte ihren Kopf.
"Sie sind verreist"
"Gut, dann bleibst du bis Montag"
"Clementine?", suchte sie meine  Augen.
"Danke. Wirklich, danke" Ich schenkte ihr ein schwaches Lächeln und nahm ihr Dankeschön an.

"Nichts zu danken"
"Nur so mal nebenbei, die Ringe auf Carlsons Kette" Ich seufzte und wusste worauf sie hinaus wollte.
"Wir sind verheiratet", gab ich es zu, was sie zurück schreckte.
"Oh mein Gott. Ich habe mit einem verheirateten Mann rumgemacht" Ich musste kichern.
"Wenn du nur wüsstest"

Beta's undercover enemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt