Fallen Angels - Wir sind dein Untergang (Spicy🌶 Romantasy)

Kapitel 5

Azael

Ich starre auf die schwarze Feder in meiner Hand. Verstehe, warum er sie so sehr hasst. Einst waren unsere Flügel weiß. Weiß, wie der erste, frisch gefallene Schnee auf den höchsten Bergen. Doch wenn man tief in die Dunkelheit gestoßen wird, ohne Licht und ohne Leben, gibt man seine Seele ab, um zu überleben. Und die Flügel eines Engels sind nur so hell und strahlend wie ihre Seelen. Unsere sind tiefschwarz wie die Finsternis, in der wir waren. Die uns abermals einzuholen droht.

Egal wie sehr wir kämpfen, es nützt nichts, denn wir können nicht entkommen.

Seufzend wende ich meinen Blick von der Feder in meiner Hand ab. Ich muss versuchen, wieder einen klaren Kopf zu gewinnen, denn Damian hat Recht. Camio ist kurz davor, wieder die Kontrolle zu verlieren und abermals ein Massaker an zu richten. Damals in London, wo er als "Jack the Ripper" bekannt war, wurden ihm gerade einmal elf Morde angerechnet. Doch es waren weitaus mehr. Das darf nicht noch einmal passieren, jedoch weiß ich nicht, wie ich ihm helfen kann. Was ich tun kann, damit er die Kontrolle über sich und sein Handeln nicht verliert.

Langsam ziehe ich mir mein T-Shirt über den Kopf, bevor ich die Augen schließe und sanft ausatme. Ich fühle den Schmerz auf meinem Rücken, spüre, wie sich mein Körper verändert, ehe mich meine eigenen Flügel zärtlich berühren.

Damian hasst, was er ist. Was er getan hat und tun musste. Die Schuld und die Wut fressen ihn langsam von innen heraus auf, bis irgendwann nichts mehr übrig ist. Die Dunkelheit kratzt sich immer mehr einen Weg an die Oberfläche und schon bald wird sie gewinnen. Sie wird uns einnehmen und uns zu etwas machen, das wir verabscheuen. Vor dem sich Damian und Camio fürchten. Es verzehrt meine Freunde bereits und ich spüre es auch in mir. Diese Wut, die mich kaum klar denken lässt. Die mich versucht zu verschlucken, bis nichts mehr von dem übrig ist, das mich ausmacht. Das mich menschlich macht.

Das Einzige, was uns momentan nicht den Verstand raubt, ist die Lust. Doch bald wird auch sie uns nicht mehr retten.

Langsam öffne ich meine Augen und blicke in den Spiegel, der an der Wand hängt. Meine Augen sind dunkler geworden. Meine Statur ist größer und kantiger. Die bodenlangen, schwarzen Flügel schmiegen sich an meinen Körper. Meine Haut ist gebräunt und mit unzähligen schwarzen Runen und Tribals verziert. Ich lasse meine Fingerspitzen über die Verzierungen gleiten. Ich kann mich nicht erinnern, keine gehabt zu haben. Sie waren schon immer da. Seit ich denken kann.

Meine Finger gleiten über eine raue Wölbung an meinem Bauch. Eine Narbe, die sich von meinem Bauchnabel bis zur Taille erstreckt. Nur die Waffen der Erzengel können uns derart verletzen und diese habe ich von ihm. Von Michael.

Der Gedanke erzürnt mich, daher schließe ich meine Augen und atme die Wut langsam aus. Ich brauche einen klaren Kopf und darf mich nicht meinen Gefühlen hingeben. Nicht der Dunkelheit die Macht überlassen. Sonst sind wir alle verloren.

Draußen ertönen Schritte, die zu meinem sensiblen Gehör dringen. Zwei Paar. Eine gehört Camio, doch die zweiten Schritte sind nicht die eines 110 kg schweren Engels. Eher die einer ... Frau?

Verwirrt ziehe ich meine Flügel ein. Woher hat Camio so schnell eine Frau gefunden? Das gefällt mir nicht. Vor gerade einmal drei Stunden hat er seine Spielgefährtin getötet und jetzt holt er sich bereits eine neue?

Eine ungute Vorahnung lässt mich erschaudern. »Damian!«, brülle ich nach oben und wenige Sekunden später höre ich meinen Freund die Treppen nach unten eilen.

»Was hat Camio vor?«, knurrt er und blickt auf die Tür. Er hat sie ebenfalls gehört. Das Kichern der jungen Frau an Camios Seite.

»Ich weiß es nicht«, antworte ich leise. »Finden wir es heraus.«

Schon öffnet sich die Tür und Camios hellblonder Schopf schlüpft hindurch. Doch nicht er lässt mich innehalten. Es ist die junge Frau hinter ihm, die mein Herz für wenige Augenblicke anhalten lässt.