Kapitel 22

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Elena

Ich bin so schnell geflogen, wie ich konnte und doch fürchte ich, zu spät zu sein. Lucifers Worte wiederholen sich in Dauerschleife in meinem Kopf und Bilder aus meiner Vergangenheit versuchen, sich krampfhaft zusammenzusetzen. Ich weiß nicht, was die Wahrheit ist. Wer ich bin, oder wer meine Mutter war. Doch ich muss es herausfinden. Ich muss wissen, was vor Jahrhunderten passiert ist. Wer meine Mutter getötet hat. Doch der Grund, der mich schneller fliegen lässt, sind die drei Männer. Auch wenn die Wut über ihren Verrat noch nicht verraucht ist, bedeuten sie mir etwas. Und vielleicht können sie mir endlich die Wahrheit über mich erzählen. Daher muss ich die Erzengel davon abhalten, sie zu töten. Sollten Damian, Camio und Azrael meine Mutter getötet haben, möchte ich diejenige sein, die ihre Herzen durchsticht.

Niemand sonst hat das Recht, sie zu töten.

Ich höre die Kampfgeräusche von klirrenden Stahl, der aufeinander trifft. Von Schmerz lauten, die der Wind mir entgegen trägt.

Ich schlage kräftiger mit meinen Flügeln, als das Ausmaß der Schlacht unter mir auftaucht. Der Wald, der einst mystisch und magisch wirkte, ist ausgebrannt. Verkohlt und kahl. Die Fläche ist riesig. Erstreckt sich vom Haus bis weiter über mein Sichtfeld.

Inmitten des Schauplatzes sehe ich sie. Camio kniet kraftlos am Boden, die Klinge eines Engels an seiner Kehle. Damians Beine können seinen Körper kaum aufrechterhalten, dass er sich bereits zurückverwandelt hat. Azazel... Mit Furcht blicke ich dabei zu, wie Michael sein Schwert in seine Brust drängt, während er nur da steht. Ein Lächeln auf den Lippen und bereit zu sterben.

»NEIN«, schreie ich und stürze im Sturzflug auf die Gruppe mitten im Wald hinab.

Mit Wucht komme ich auf den Boden auf und eine Druckwelle lässt das restliche Laub an den Bäumen erzittern. Ich sehe, wie Michael von den Füßen gerissen wird. Ebenso die anderen Engel. Damian wird gegen einen Baum geschleudert und bleibt reglos am Fuße dessen liegen. Camio und der Engel prallen aneinander und ich hoffe, dass das Schwert nicht zwischen ihnen ist. Doch zuerst muss ich mich vergewissern, dass Azael lebt.

Eilig renne ich zu ihm, da er ebenfalls von der Druckwelle erwischt wird.

»Azael«, hauche ich und knie mich neben ihn.

Seine Augen sind kaum offen. Sein Blick getrübt nach oben gerichtet. Auf seinen Lippen ein wunderschönes Lächeln, das mir einen Stich in der Brust hinterlässt.

»Elena.« Hätte ich nicht so ein gutes Gehör, hätte ich ihn nicht verstanden. Doch das Hauchen meines Namens, lässt mich erzittern, denn es klingt endgültig.

»Nein«, raune ich und drücke mit meinen Händen gegen seine Brust aus der unaufhörlich Blut quillt. »Du stirbst hier nicht.«

Ich höre, wie meine Stimme zittert und spüre die Tränen, die sich in meinen Augenwinkeln sammeln. Er darf nicht sterben. Nicht so.

»Es...ist...okay.« Jedes Wort ist nur ein Flüstern im Wind und doch ist es wie ein Hieb, der mich mitten durch mein Herz trifft.

Mein Leben lang habe ich trainiert, um mich auf den Tag vorzubereiten, mich gegen sie zu stellen. Ich wollte meine Mutter rächen. Ihnen beweisen, dass sie einen Fehler begangen haben, als sie mich am Leben ließen. Doch jetzt schmerzt es, Azael bei seinen letzten Atemzügen zu beobachten. So sollte es sich nicht anfühlen. Ich sollte froh sein. Glücklich, denn ich habe das erreicht, was ich all die Jahre wollte. Rache!

Azaels Lider flattern. Seine Brust bläht sich ein letztes Mal auf. Sein Atem verlässt zitternd seinen Körper.

»NEIN!« Mein Blick verschleiert sich, als unaufhörlich Tränen herausquellen. Ein Schluchzen bricht aus meiner Kehle. Meine Hände beginnen zu glühen.

Fallen Angels - Wir sind dein Untergang (Spicy🌶 Romantasy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt