going into labor

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Was dann passierte, fühlte sich für Hailey eher wie in einem schlechten Film an.
Während die Schwestern versprachen, dass sie schnellstmöglich Jay informierten, nahmen die Schmerzen weiterhin zu. Man hatte Hailey noch von der Intensivstation in den Kreißsaal gebracht. Allem Anschein nach sah alles nach einer Sturzgeburt aus. Noch dazu würde das kleine Mädchen viel zu früh auf die Welt kommen. Offenbar hatten die Komplikationen von Maddys Eingriff bei Hailey verfrühte Wehen ausgelöst.

Upton schrie und weinte, während sie von zwei Schwestern auf die Liege des Untersuchungsraums gehievt wurde.
Was in keiner Weise geplant war, sollte sich zum regelrechten Alptraum entwickeln. Weder Will noch Jay waren jetzt bei ihr. Hailey blieb ganz allein.

Immer wieder flehte sie die behandelnde Ärztin an, ob man die Geburt nicht weiterhin hinauszögern konnte, doch spätestens als das CTG geschrieben wurde und der Ultraschall ergab, dass die Herztöne des Ungeborenen nur noch sehr schwach waren, schien ein Kaiserschnitt unvermeidbar zu sein.

Hailey weinte unaufhörlich. Für die blonde Polizistin war dies der wahrgewordene Alptraum. Ihre Tochter auf der Intensivstation und ihren Mann im Kriegseinsatz zu wissen, während ihr Schwager sich noch irgendwo im Auto auf dem Weg zwischen Chicago und Indianapolis befand, waren die schlimmsten Befürchtungen, die nun wahr geworden waren. Ganz zu schweigen davon, dass das Baby mehrere Wochen zu früh kam.

„Hailey, Sie müssen durchhalten. Haben Sie das verstanden?"

„Bitte versuchen Sie noch einmal meinen Mann zu erreichen", flehte Upton voller Angst eine der Hebammen an und griff panisch nach ihrer Hand, die sie drückte. Entschlossen nickte ihr diese zu, bewegte sich direkt ins Schwesternzimmer und griff nach dem Telefon. Einem Wunder gleich ging Jay nach dem fünften Versuch endlich an sein Smartphone, nachdem er gerade von einer Einsatznachbesprechung zurückgekommen war. Natürlich fiel er aus allen Wolken.

Die Schwester hatte ihn endlich erreichen können und ihm die unschönen Neuigkeiten verkündet, ehe sie den Anruf sogleich auf eine Videoübertragung umgestellt hatte, sodass Jay und Hailey einander sehen konnten. Nur kurz darauf flimmerte Halsteads besorgtes Gesicht über den Bildschirm des Laptops.

„Hails, hör mir zu. Du schaffst das. Auch wenn ich nicht bei euch bin", redete er unentwegt auf sie ein, aber Upton kämpfte noch immer gegen die Wehen an.

Letztendlich einigte man sich darauf, dass Jay für die Liveübertragung der Geburt während des Kaiserschnittes erneut angerufen wurde, sodass er wenigstens per Videoübertragung sehen konnte, wie seine jüngste Tochter das Licht der Welt erblickte.

Hailey wurde die Periduralanästhesie gesetzt und die Zugänge gelegt. Im Anschluss ging es direkt in den O.P Bereich . Während sie mit Jay sprechen konnte, erledigten die Ärzte hinter abgedeckten Tüchern den Eingriff und eröffneten per Kaiserschnitt die Gebärmutter.

Upton, für die die ungeplante Prozedur aufgrund der Unvorhersehbarkeit völlig traumatisch erschien war an einem emotionalen Tiefpunkt angelangt.

„Ich kann das nicht. Die Kleine kann noch nicht kommen. Jay, bitte hilf mir", wimmerte Hailey, sichtlich mit den Nerven am Ende. Jay, der tausende Kilometer entfernt im Büro der US Army saß, nahm alles an Restenergie zusammen, was er noch hatte, versuchte beruhigend auf seine Frau einzuwirken.

„Ihre Herztöne waren ganz schwach", weinte Hailey, aber Jay redete besänftigend auf sie ein.

„Schhh... Hails. Ganz ruhig. Es ist jetzt wie es ist. Sie will jetzt auf die Welt und du versuchst alles, um ihr diesen Weg so einfach wie möglich zu machen, okay? Ich bin da. Auch wenn ich jetzt nicht deine Hand halten kann. Atme ganz gleichmäßig. Alles wird gut. Es gibt jetzt nur dich und das Baby", sprach er einfühlsam mit seiner Frau, die alles andere als ruhig und gelassen schien.

Hailey wimmerte aufgrund des Druckgefühls, das der Eingriff verursachte.

Auch wenn alles mit Tüchern als Sichtschutz abgedeckt war und der komplette untere Bereich betäubt schien, blieb der operative Prozess nicht ohne körperliche Schmerzen.

Und dann, nachdem Jay mehrere Minuten beruhigend auf sie eingesprochen hatte, war der alles entscheidende Moment da. Ein lauter Babyschrei unterbrach seine Worte. Das kleine Mädchen wurde von der Nabelschnur getrennt, weinte lautstark und machte spürbar auf sich aufmerksam, ehe es in Tüchern gewickelt und seiner Mutter entgegen gehalten wurde. Jay hatte die Kleine nur kurz gesehen, aber allein die Tatsache, dass sie nun offenbar auf der Welt war, löste bei ihm starke Emotionen aus. Auch Hailey weinte vor Erleichterung.

„Hallo kleine Clara", flüsterte Halstead unter Tränen in die Kamera.
Doch das Gefühl der Entspannung sollte nicht lange anhalten, denn kurz darauf trat erneute Hektik ein.

„Die Atmung ist schwach. Wir intubieren. Bringen Sie sie nach nebenan", war alles was kurz darauf zu Hailey hinüber schwappte und Mutter als auch Vater zunehmend panischer machte. Jay blickte mit weit aufgerissenen Augen in die Kamera des Laptops, während Hailey ängstlich den Pflegern und Ärzten hinterher sah.

„Was ist mit ihr? Was hat sie?", schrie sie aufgebracht, doch niemand gab ihr eine Antwort.

„Was ist mit meinem Baby?", brachte sie der Hebamme abermals hysterisch entgegen, doch diese sah sie nur voller Unsicherheit an. Fragen, auf die sie keine Antworten hatte...

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Während die kleine Clara im Nebenzimmer intubiert wurde und schließlich im Inkubator an die Überwachung angeschlossen wurde, durchlebten Jay und Hailey schlimme Minuten.

Unter dem Vorwand die Nachgeburt vorzubereiten, hatte die Krankenschwester schließlich die Liveübertragung unterbrochen, aber gedanklich waren die zwei dennoch unaufhörlich bei ihrer neugeborenen Tochter.

Letztendlich dauerte es drei lange Stunden, bis eine der Ärztinnen schließlich Entwarnung geben konnte. Die kleine Clara lebte, wurde aufgrund ihres jungen Alters aber mit Sauerstoff bei der Atmung unterstützt und musste die anstehende Zeit bis zum errechneten Geburtstermin im Brutkasten verbleiben. Dennoch schienen ihre Werte vorerst stabil zu sein.

Während Jay aufgrund der Geburt nun offiziell den Rückweg in die USA antreten konnte, fand sich Will nur eine Stunde nach dem erfolgten Kaiserschnitt bei seiner Schwägerin ein.

Er hatte Hailey nur stumm in den Arm genommen, als er nach einem schier endlosen Verkehrschaos in Indiana eintraf. Upton weinte an seiner Schulter, ließ allen aufgestauten Emotionen der letzten Stunden freien Lauf, während Will sie fest an sich drückte. Zu der kleinen Clara durfte sie noch nicht. Nach dem Eingriff sollte sich Hailey schonen.

Im Nachhinein verdankte sie Will, der bei den Ärzten ein gutes Wort einlegte und versprach, dass er seine Schwägerin beim ersten Besuch auf der Frühchenstation begleiten würde, dass sie früher als gedacht zu ihrem Baby konnte.

Der ältere Halstead schob die sichtlich aufgewühlte Mutter im Rollstuhl auf die Neugeborenenstation.
Und dann, kurz nachdem Hailey den Raum betrat, sah sie das kleine Lebewesen nach der angespannten Zeit zum ersten Mal wieder.

Clara konnte noch nicht dauerhaft selbstständig atmen, war an unzählige Schläuche angeschlossen, aber ihre Haut war rosig und sie zeigte erste Reaktionen, als Hailey ihre Hände durch die Löcher des Inkubators steckte und ihr vorsichtig über das winzige Köpfchen strich.

„Hallo, kleine Maus. Mommy ist da. Es tut mir so leid. Du musst kämpfen. Versprich mir das."

Das winzige Mädchen streckte den Hals, sah ihre Mutter aus wachen Augen an. Will blickte mit ernster Miene auf die Überwachungsgeräte.

Die Lage wurde von einer Schwester unterbrochen, die zum Fiebermessen und zur Überprüfung der Vitalitätswerte in den Raum gekommen war.

Als ihr Augenmerk auf die sichtlich aufgewühlte Mutter fiel, wurde sie weich.

„Möchten Sie die Kleine mal auf den Arm nehmen? Na los, kommen Sie", hatte sie schließlich Erbarmen.

„Vielleicht kann Ihnen Ihr Mann ja helfen sie zu halten", sprach sie an Will gewandt. Der grinste Hailey an, löste die Situation aber nicht auf.

Nur kurz darauf gab die Schwester der frischgebackenen Mutter das kleine Baby auf die Brust. Bei Hailey flossen abermals viele Tränen und auch Will musste die Zähne zusammen beißen, um die Emotionen zu unterdrücken. Die Kleine erhielt noch Sauerstoff, reagierte aber auf ihre Mutter. Sobald sie auf Haileys Brust lag, schienen sich ihre Werte zu normalisieren. Will konnte regelrecht zuschauen, wie der Blutdruck und die Atemfrequenz in den Normalbereich rutschten.

„Hallo, kleine Prinzessin. Mommy ist hier. Und Daddy wird auch bald bei dir sein", hielt Upton ihren Zeigefinger in Claras Richtung, den das kleine Mädchen sofort mit ihrer Faust umschloss.

Hailey lächelte durch ihre Tränen. Für einen kurzen Moment schien es fast so, als würde ihr eine riesige Last vom Körper fallen.

Die Schwester zog sich mit den Worten, dass sie in wenigen Minuten wieder hier sein würde, taktvoll zurück. Hailey strich dem winzigen Mädchen zärtlich über die Stirn. Es schien unverkennbar, dass sie Jays lange Wimpern hatte.

Schon jetzt kam sie rein äußerlich sehr nach ihrem Vater.

„Bitte schick deiner Schwester ein bisschen Kraft auf die Intensivstation. Sie kann das jetzt dringend gebrauchen."

In diesem Moment sah das Baby genau in Haileys Richtung, fast so, als ob sie genau verstand.
Während sie bis eben noch unruhig gewimmert hatte, schien die erst wenige Stunden alte Clara jetzt völlig ruhig zu sein.

Beruhigend strich Will seiner Schwägerin über die Schulter, fast so, als ob er ihr zusätzlich Kraft spenden wollte. Was auch immer da jetzt vor ihnen lag. Als Familie würden sie das gemeinsam bewältigen. Für einen Bruchteil von Sekunden war Hailey fest davon überzeugt...

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Nur eine Nacht später landete Jay auf dem Flughafen von Indianapolis. Durch die Geburt des Babys konnte er von Seiten der Army nun offiziell in eine kurze Babyzeit gehen.

Will hatte ihn abgeholt. Die Männer begrüßten sich mit einer langen Umarmung.

„Deiner kleine Prinzessin geht es den Umständen entsprechend gut. Ich war heute Nachmittag schon bei ihr", versuchte Will seinen Bruder zu beruhigen, doch die Euphorie hielt nicht lange an.

„Was ist mit Maddy? Wie ist ihr Zustand?"

Will, der stumm Jays Gepäck im Kofferraum verstaute und sich dann schweigsam neben seinen Bruder hinters Lenkrad setzte, wich geschickt seinen Blicken aus.
Mit einem Mal wurde es erschreckend still im Wagen. Niemand sagte etwas.

„Ganz ehrlich, ich kann dir keine Prognosen geben. Fryburg will sie morgen extubieren. Sie fahren langsam die Medikamente herunter, aber in welchem Zustand sie nach dem Aufwachprozess verharrt, kann dir keiner sagen."
Jay nickte finster.

„Von Schwerbehinderung über leichte Auswirkungen ist theoretisch alles möglich."

„Was ist mit den Ergebnissen vom CT?"

Will seufzte schwer, hob und senkte die Schultern.

„Laut der Computerthomographie sind keine schwerwiegenden Schädigungen zu verzeichnen, aber man sieht dennoch, wo die Hirnblutungen stattgefunden haben. Das Problem ist, dass man bei derartigen Zwischenfällen im komatösen Zustand nie genau sagen kann welche Folgeschäden das mit sich zieht. Fryburg hat gut operiert. Er hat den Tumor komplett entfernt, aber ob sich Aufwand und Nutzen decken, wird man erst im Verlauf der nächsten Tage sagen können."

Jay blickte ebenfalls fassungslos vor sich hin. Nach den letzten 48 Stunden war auch er emotional an einem erneuten Tiefpunkt angelangt.

„Vielleicht hätte ich das nie zulassen dürfen. Ich hab sie immer gedrängt, ihr anfangs nie die Entscheidung überlassen."

Aber Will schüttelte mit dem Kopf.

„Jay, Maddy wollte die Operation. Das hat sie mir mehrfach gesagt. Sie hat das nicht für dich oder für Hailey getan. Sie hat das aus eigenen Stücken entschieden."

Aber Jay bewegte unschlüssig den Kopf von einer in die andere Richtung.

„Vielleicht hätte ich das aber verhindern können."

„Hätte, hätte Fahrradkette. Dafür ist es jetzt zu spät. Ihr habt das getan, was alle anderen Eltern auch getan hätten. Was wäre denn die Alternative gewesen? Aufzugeben und auf ihr Ende zu warten?"

„Wenn die Alternative Lähmungen und Schwerbehinderung heißen, vielleicht."

Will sah seinen Bruder mitfühlend an und schwieg, ehe er seine Hand über Jays legte. Vielleicht gab es keine Worte, die das je wieder gut machen konnten, aber der jüngere Halstead sollte wissen, dass er jetzt nicht alleine war...

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Nur drei Stunden später saß Jay an Maddys Bettseite und hielt ihre Hand. Im Gegensatz zur Geburts- und Früchchenstation waren die Besuchszeiten dank dem guten Kontakt zu Dr. Fryburg hier weniger streng.
In den letzten Stunden war niemand bei Maddyson gewesen, sodass Jay nun die anstehende Zeit bei ihr verbringen wollte.

Die Ärzte hatten zur Stillung der Blutung einen Teil ihres Schädels eröffnen und anschließend vernähen müssen, sodass sie rein äußerlich ein sichtlich mitgenommenes Bild von sich gab.

In Absprache mit dem Neurochirurg hatten die Schwestern bereits die Narkosemittel und Medikamente reduziert, sodass Maddy allmählich in den Wachzustand überging. Das hatte auch Will bestätigt, dem nicht entgangen war, dass seine Nichte die Augenlider bewegte und Reflexe zeigte. Ihre Pupillen reagierten, sodass man davon ausgehen konnte, dass sie von keiner weiteren Hirnblutung betroffen war.

„Maddy, ich bin hier. Deine Schwester ist seit gestern auf der Welt. Sie heißt Clara. Sie ist 1800 Gramm schwer und 50 Zentimeter groß. Das heißt aber nicht, dass du jetzt den Kopf in den Sand steckst. Hast du das verstanden? Wir brauchen dich hier. Ganz egal in welchem Zustand, du jetzt aus der Sache herauskommst. Wir lieben dich", flüsterte Jay leise und streichelte ihre Hand. Sie bewegte erneut die Lider, was ihn dazu animierte weiterzureden.

„Du musst der kleinen Motte doch so viel zeigen. Wie man Dreirad fährt oder laufen lernt. Max wartet auch auf dich. Ihr wollt im Sommer zusammen ans Meer fahren. Hast du das schon vergessen?"

Natürlich bekam Jay keine Antwort, aber er unterhielt sich so, als ob sie es verstand und letztendlich war es genau das, was den entscheidenden Durchbruch brachte.

Auch wenn Halstead immer wieder einnickte, weil er in den letzten 2 Tagen kaum geschlafen hatte, stellte sich um kurz nach elf die vielversprechende Veränderung ein.

Jay wachte von einem leisen Würgen und Gurgeln auf. Sein Schlaf war nicht besonders tief und als schließlich auch die ganzen Monitore Alarm schlugen, saß er mit einem Mal hellwach an Maddys Bettseite.
Sofort stürmte ein Team aus Schwestern und Ärzten in den Raum, das sich sogleich um die Patientin kümmerte.

„Was passiert mit ihr? Was ist los?"

Dr. Fryburg sah mit ernster Miene auf die Geräte.

„Ihre Tochter wird zunehmend wacher und wehrt sich gegen den Schlauch."
Dann wandte er sich an eine der Schwestern.

„Holen Sie den Kollegen von der Anästhesie. Wir extubieren."


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-Anmerkung der Autorin-


Wird Maddy für immer schwerbehindert sein und Clara durch die Frühgeburt sterben oder mit starken gesundheitlichen Schäden zu kämpfen haben?
Das und vieles mehr erfahrt ihr nächste Woche...

fighter (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt