misery

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Es waren die entscheidenden Worte, die die 14 Jährige herunter regulierten und wie in einem Rausch ganz plötzlich wieder nüchtern werden ließen.

Maddy wollte sich los machen, begann Gegenwehr zu leisten, weil sie ihre Emotionen erneut verstecken wollte, aber Jay hatte sich hinter sie gestellt und ihr die Arme um den Bauch gelegt.

Letztendlich brach sie in seinen Armen zusammen.
Er hielt sie von hinten fest umarmt, ging mit ihr zu Boden, wo sie jämmerlich weinte.

„Na, los komm her", hielt er ihr seine Hände entgegen, von denen sie sich schließlich doch nach vorn in eine feste Umarmung ziehen ließ, sodass sie den Kopf gegen seine Brust fallen ließ und in den Stoff seiner schwarzen Sweatshirtjacke schluchzte. Dass das Blut auf sein Shirt tropfte interessierte ihn nicht.
Er ließ sie weinen, bis sie keine Tränen mehr hatte, schaukelte sie gleichbleibend hin und her und strich ihr tröstend über den Rücken, während er ihr unaufhörlich leise entgegen raunte, dass alles gut werden würde. Es tourte sie herunter, sorgte dafür, dass das angestaute Adrenalin und Cortisol der letzten Tage und Wochen herausgelangen konnte und beruhigte sie.

Nachdem sie nur noch schlaff an seiner Schulter hing, drückte ihr Jay einen Kuss auf die Narbe am Hinterkopf, die von der Operation übrig geblieben war, griff nach dem Pflaster und versorgte erst einmal die Verletzung an ihrem Finger.

Deutlich ruhiger löste sie sich, sah ihren Vater aus verweinten Augen an.

„Egal was ich mache und wie sehr ich mich anstrenge. Es wird nicht besser", schniefte sie. Halstead blickte ihr mitleidig entgegen, schüttelte mit dem Kopf.

„Ich weiß, dass das für dich unendlich schlimm ist und Mom und ich würden dir das am liebsten abnehmen, aber wir können es nicht. Und auch wenn du diese Lähmungen vielleicht nie wieder los wirst, sind wir trotzdem deine Eltern. Für uns bist du das wichtigste auf der Welt. Genau wie Max dein Freund bleiben wird, wenn er es ernst mit dir meint."

Traurig sah sie ihren Vater an, schnappte nach dem Taschentuch, das ihr Jay entgegen hielt, putzte sich leise die Nase. So gut es mit einer Hand ging.

„Du definierst dich doch nicht nur über deine Hände oder deinen Kopf und deine Beine. Maddy Halstead ist doch noch so viel mehr."

Sie sah ihn missmutig an, was ihn nur animierte, weiter auf sie einzureden.

„Als du aus der O.P gekommen bist, wussten wir nicht einmal, ob du uns je wieder erkennen kannst. Ob du durch die Hirnblutungen nicht am ganzen Körper gelähmt bist, dich im Extremfall nie wieder ausdrücken und artikulieren und bewegen kannst. Das ist kein Trost und das macht das nicht wieder gut, aber auch dann hätte das nichts an unserer Liebe zu dir geändert. Mom und ich, wir lieben dich, egal ob du beide Beine oder nur einen Arm hast. Und jeder, dem du genauso wichtig bist, handhabt das auch so. Das ist genau wie damals, als du keine Haare mehr hattest. Manchmal geht's nicht darum, dass irgendetwas vorbei geht, sondern dass man lernt im Regen zu tanzen. Dass man mit beschissenen Situationen umgeht und zu leben lernt. Und das manchmal auch für immer. Auch wenn das nicht einfach wird."

Traurig sah sie ihn an, nickte dann aber betreten.

„Und Mom und mir ist auch klar, dass du uns jetzt eigentlich beide bräuchtest. Wir haben uns das mit deiner kleinen Schwester auch ganz anders vorgestellt. Aber es ist jetzt so und wir müssen das Beste daraus machen. Clara kann auch nichts dafür. Sie braucht uns jetzt genauso wie du uns brauchst und deshalb ist Mom jetzt bei ihr und nächste Woche wieder bei dir."

Maddy bewegte verstehend den Kopf nach vorn, wirkte jetzt sichtlich gesetzter.

„Das weiß ich doch. Es ist nur alles grad zu viel."

„Für uns alle", hielt er ihr vor Augen, was sie mit einem traurigen Lächeln bestätigte.

„Das mit Clara wird doch wieder werden? Sie wird nach der O.P ein ganz normales Baby, oder?"
Jay seufzte, wich ihren Blicken aus.

„Ich weiß es nicht. Wie sich das danach entwickelt, kann man wie nach deinem Eingriff erst hinterher sagen. Sie ist und bleibt ein Frühchen. Mit allen gesundheitlichen Konsequenzen."
Maddy sah schuldbewusst auf Jay, sah ihn zerknirscht an.

„Tut mir leid, was ich da eben wegen der Kleinen gesagt habe. Manchmal kommen so doofe Sachen aus meinem Mund."

„Ich denke wir sind momentan alle ein bisschen am Limit."
Sie wollte aufstehen, aber Jay hielt sie zurück.

„Maddy, wegen Max. Er ist nicht mein Freund, aber vielleicht solltest du ihm wirklich eine Chance geben. Für ihn ist das auch schwer und ich denke schon, dass er nach wie vor zu dir steht. Ihr zwei habt zusammen so viel durchgestanden. Schmeiß das nicht weg. Wenn es ihm nicht auf deine inneren Werte angekommen wäre, hätte er schon nach der Chemo das Handtuch geworfen."

Maddy sah ihren Vater unschlüssig an.

„Ich glaube, ich muss da erst 1,2 Nächte drüber schlafen", war ihre Antwort, ehe sie sich mit durcheinander geratenen Haaren nach oben erhob und ihn müde ansah.

„Danke dass ich mit dir darüber reden kann. Das hilft ein bisschen", brachte sie dann doch hervor, ehe sie sich wieder aufrichtete und unter Jays nachdenklichen Blicken, wortlos das restliche Geschirr in den Schrank räumte.

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„Was machst du?", fragte Halstead noch am gleichen Abend, als die zwei den Tag vor dem Fernseher ausklingen lassen wollten. Mittlerweile hatte sich Maddy wieder etwas beruhigt und saß neben Jay auf der Couch.

„Ich frage Max, ob wir uns morgen treffen."
Jay lächelte. Allem Anschein nach schienen seine einfühlsamen Worte tatsächlich etwas gebracht zu haben.

„Dad?", fragte Maddy nachdem einige Zeit vergangen war und legte ihr Iphone zur Seite, ehe sie ihren Vater unglücklich musterte.

„Mh?"

„Bin ich anders geworden seit der O.P?"

„Wie anders?", versuchte sich Jay herauszureden, auch wenn er ahnte, worauf Maddy hinaus wollte.

„Gefühlskalt. Irgendwie emotionsloser."
Jay schluckte schwer, als sie es auf den Punkt brachte. Auf gewisse Weise hatte sie recht, aber das wollte er nicht zugeben. Nach dem vergangenen Nachmittag, wollte er seine Tochter nicht noch unglücklicher machen.

„Maddy, gib deiner Heilung nach der O.P noch etwas Zeit. Das braucht alles eine gewisse Dauer."
Aber sie schüttelte mit dem Kopf.

„Ich hab Angst, dass ich so werde, wie ich niemals werden wollte. Irgendwas hat dieser Eingriff da mit mir gemacht. Wie heute mit diesem Wutanfall. Ich bin manchmal nicht mehr so wie früher", gab sie zu und erntete mitleidige Blicke von Jays Seite.

„Ich will nicht als totaler Psychofall enden. Ohne Kontrolle, was mit mir passiert."

„Du bist kein Psychofall. Und wenn du einer wärst, dann würde dir dein Umfeld das rechtzeitig zu verstehen geben."

„Meinst du?", fragte sie kleinlaut. Jay nickte ihr mit traurigem Lächeln zu.

„Wenn du möchtest, dann vereinbaren wir aber nochmal einen Termin mit deiner Therapeutin. Das kann ja nicht schaden."

Sichtlich zufriedener kuschelte sich die 14 Jährige jetzt in die Kissen und klaute Jay die Fernbedienung aus der Hand. Der wollte protestieren, aber mit ihrem jedes Papaherz dahin schmelzenden Blick hatte sie ihn schnell weich gekocht.

Letztendlich dauerte es nicht lange, bis sie auf der Couch einschlief.

Jay schmunzelte, nahm ihr dann die Fernbedienung aus der Hand und deckte sie vorsichtig zu. Er wollte bereits in Richtung Tür gehen, als sie nach seiner Hand griff.

„Dad?"

„Ja?"

„Danke für alles."

Jay lächelte gerührt. Dann gab er ihr väterlich einen Kuss auf die Stirn, rückte noch einmal ihre Decke gerade und ging dann leise zur Tür, um sich ebenfalls einige Stunden Schlaf zu gönnen...

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Unterdessen entwickelte sich auch die Situation mit Clara zum besseren.
Nur wenige Tage später endete Haileys Akuttherapie im Krankenhaus, sodass sich die zweifachen Eltern abwechselten und damit wechselseitig bei ihrem Baby in Indianapolis waren.

Das nun mehr als 4 Wochen alte Mädchen trank mittlerweile selbstständig und nahm auch Nahrung auf. Sie konnte ohne Sauerstoffzufuhr atmen und schien sich bis auf die Herzprobleme gut zu entwickeln.
Eigentlich stand ihr Entlassungstermin bereits fest, während zwei Wochen später die lang anberaumte Herzoperation stattfinden sollte, aber ein vom Pflegepersonal eingeschleppter Infekt machte der Planung einen Strich durch die Rechnung.

Die Kleine bekam Fieber, sodass die Operation bis aufs weitere in der Schwebe stand. Auch der Entlassungstermin schien nun wieder ungewiss zu sein.

Jay hatte sich gerade zwei Tage mit Hailey abgewechselt und war in das Familienquartier in Indianapolis gezogen, um täglich bei Clara zu sein, als das kleine Mädchen erkrankte.

Schon am Morgen, als er sie besuchte, hatte sie laut den Schwestern stundenlang durchgeweint '.
Eine der Krankenschwestern maß gerade Fieber, als Jay den Raum betrat.

„39,2", sah die Schwester auf das Messgerät, während Halstead sorgenvoll auf das kleine Mädchen sah.
In der Verfassung hatte er sie selten gesehen. Ihre Wangen waren knallrot und sie schrie und weinte, wandte sich unruhig hin und her.

„Das wird doch wieder, oder? Sie wird schnell wieder fit?", wandte sich der Detective besorgt an die Pflegerin, die ein ernstes Gesicht machte.

„Sie bekommt Antibiotika und wir versuchen das Fieber zu senken. Gut ist das trotzdem nicht. Gerade wegen der Herzprobleme", zog sie eine Spritze auf, die sie dem Säugling direkt in den Zugang in die Vene spritzte.
Anschließend gab sie Clara noch einen Fiebersenker.

Die Kleine weinte und wollte auf Jays Arm, streckte die kleinen Hände nach ihr aus. Sobald die Schwester sicher war, dass sie das Medikament nicht heraus drückte, wickelte sie das schreiende Baby und nahm es nach oben, um es Jay in den Arm zu legen.
Dieser begann sofort mit ihr durchs Zimmer zu laufen und sie leicht hin und her zu schaukeln.
An sich hatte Clara gut an Gewicht zugenommen, aber der Infekt machte ihm trotzdem erhebliche Sorgen.

„Shhh.... Prinzessin. Das Medikament wird gleich wirken. Daddy ist da", redete er beruhigend auf sie ein, aber sie ließ sich nur schwer besänftigen.

„Wenn sie weiterhin so hoch fiebert, müssen wir den O.P Termin wirklich verschieben", befürchtete die Schwester und vermerkte die Werte in ihrer Kartei.

Jay zog ein langes Gesicht. Was das bedeutete, wollte er sich kaum vorstellen, denn mit der zusätzlichen Wartezeit nahmen sie auch die weitere Ungewissheit in Kauf.

„Was machst du nur, Mäuschen? Wir wollten dich am Ende dieser Woche eigentlich entlassen und in zwei Wochen operieren?", sprach die Schwester besorgt, als ob Clara sie verstehen konnte, aber die schrie nur weiterhin auf Jays Arm. Die Medikamentengabe hatte die schlechte Stimmung nur zusätzlich angeheizt, denn eigentlich wollte sie nur liegen und schlafen.

Halstead schleppte sie auf dem Arm durch das Zimmer, die Augen weiterhin auf ihr rotes Gesicht gerichtet. Stets unsicher, ob ihr kleines Herz davon weiteren Schaden nahm, denn das Fieber war für sie gefährlicher, als für andere Babys.

Irgendwann ließ er sich auf dem Schwingsessel im Babyzimmer nieder und streichelte ihr gleichbleibend über den Rücken.

Nach einer Weile wurde sie tatsächlich ruhiger. Das Medikament schien zu wirken. Begleitet vom monotonen Streicheln ihres Vaters schloss sie schließlich die Augen und fiel in einen tiefen Schlaf...

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Entgegen aller Befürchtungen konnte sie am Ende der Woche doch entlassen werden und damit erstmals Jay und Hailey zu Hause nach Chicago begleiten. Das Antibiotikum hatte angeschlagen. Allerdings musste die Operation auf einen späteren Termin verschoben werden.

Die neue Umgebung samt der Keim- und Virenbelastung außerhalb des Krankenhauses blieb nicht ohne Folgen, denn nach weniger als drei Wochen zu Hause erkrankte Clara erneut. Dieses Mal war es Maddy, die aus der Reha einen grippalen Infekt eingeschleppt hatte.

Für Jay und Hailey keine leichte Zeit. Das fiebernde und dauerkranke Baby zerrte an ihren Nerven.

Auch finanziell wurde es langsam immer enger, denn die Babyzeit bei der Army wurde nicht üppig bezahlt und der Verlust von Haileys Einkommen machte sie deutlich am familiären Bankkonto bemerkbar. Eigentlich war ursprüngich geplant, dass Upton nach 2 Monaten wieder arbeitete und Jay zu Hause blieb, aber aufgrund von Claras Herzerkrankung und der noch anstehenden O.P konnten sie die Pläne getrost in den Wind schießen.

Während es Maddy psychisch gesehen und bis auf ihre weiterhin bestehende Lähmung langsam besser ging, schlugen sich Upton und Halstead die Nächte mit dem kranken Säugling um die Ohren und das blieb nicht ohne Konflikte.

Es war ein Mittwochmorgen, an dem Hailey allmählich die Nerven verlor.
Das kleine Mädchen hatte wieder einmal die ganze Nacht durchgeweint. Dementsprechend übermüdet schien auch Upton zu sein.

Jay kam gerade wieder, als sie der Kleinen den nächsten Fiebersenker gab. Das mittlerweile sechs Wochen alte Baby schrie aus Leibeskräften.

„Schh... Süße. Wir sind gleich fertig", redete Hailey auf sie ein, innerlich hoffend, dass sie trotz ihrer ruckhaften Bewegungen das Medikament in sich behielt.

Doch schon als sie das Baby auf den Arm nahm, passierte aber das nächste Missgeschick, denn Clara übergab sich direkt auf Haileys gerade erst gewechselten Pullover.

Upton stöhnte genervt. Für sie bedeutete das eine neue Waschmaschine, samt der kompletten Neueinkleidung von sich und dem Baby. Und Clara weinte wie bisher weiter.

Als sie dann ihren Mann auf der Couch und an seinem Smartphone herum tippen sah und ihr Blick zeitgleich zum vollen Geschirrspüler und dem ebenso vollen Korb mit Wäsche glitt, wurde sie langsam ungehalten.

„Jay, wie wäre es, wenn du dich auch mal einbringst, anstatt an deinem IPhone herum zu spielen?"
Halstead sah genervt auf, blickte seine Frau herausfordernd an.

„Ich spiele nicht. Ich plane den Ausbau des Kinderzimmers und helfe Adam bei der Bearbeitung eines neuen Falls. Der CI der da verwickelt ist, war mal mein Informant."

„Und den Abwasch? Den macht der liebe Gott, oder was? Ich hab heute schon zwei Mal die Wäsche aufgehängt, zwei Waschmaschinen gemacht, drei Mal den Spüler ausgeräumt, unser Bett neu bezogen und den Boden in der gesamten unteren Etage ausgewaschen, weil ihr da ständig eure Krümel verteilt. So langsam bist du auch mal dran. Clara ist auch deine Tochter. Außerdem hat sie schon wieder Fieber."

„Schön und gut, aber wenn ich Maddy ins Gaffneys fahre, kann ich hier wohl nicht zeitgleich die Putzfrau spielen."

„Putzfrau? Das bin ich also für dich."
Hailey verengte die Augen zu Schlitzen.
Unterdessen stöhnte Jay frustriert. Die Unterstellungen nervten ihn.

„Hails, erstens hat niemand behauptet. Das redest du dir ein und zweitens bin ich mit Clara auch die letzten Nächte wach geblieben. Das zu unterstellen ist also unfair", schrie er gegen das laute Weinen des Babys an, das durch die hitzige Diskussion nicht ruhiger wurde.

„Schon klar. Ihr Männer könnt nie für irgendwas was. Weißt du und genau das, hat mich schon als Maddy klein war, maximal angestunken. Dass du mir hier ständig die ganze Hausarbeit zuschiebst und ich das alles alleine an der Backe habe, während du mit unseren Töchtern gespielt hast."

„Ach ja? Eben hast du noch gesagt, ich hätte mich gar nicht um Clara gekümmert."
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren gab Hailey die schreiende Kleine an Jay weiter.

„Du weißt genau, was ich meine. Es ging um Maddys Babyzeit", beharrte Upton auf ihrem Recht. Halstead, der nun das unruhige Baby hin und her schaukelte, sah sie grimmig an.

„Dir kann man es nie recht machen, oder?"
Sie sahen einander wütend an.

„Im Übrigen stellt sich das Problem bald eh nicht mehr."
Haileys vorwurfsvolle Blicke verstärkten sich, auch wen sie nicht wusste, worauf Jay hinaus wollte.

„Ich hab mir die Nebenkostenabrechnung angesehen. Wir kommen noch genau zwei Monate über die Runden. Danach ist Schicht im Schacht. Dann stellt sich die Frage der Hausarbeit eh nicht, weil einer von uns wieder arbeiten muss."

„Aha und du meinst, bis das soweit ist, kannst du dich noch weiterhin bedienen lassen?"
Abrupt mit dem Kopf schüttelnd stand Jay jetzt auf. Allmählich wurde es ihm zu bunt.

„Weißt du was, Hails? Ich glaube, wir zwei lassen dich jetzt einfach mal allein. Deine schlechte Laune ist echt nicht auszuhalten", ging er mit der weinenden Kleinen zum Wickeltisch, schnappte sich das Fieberthermometer, die Medikamente und die Babytasche und verließ mit einem lauten Türknallen den Raum, wo er mit der weinenden Clara auf dem Arm in die obere Etage lief.

„Prinzessin, nun hör doch endlich mal auf zu weinen. Ich weiß, du fühlst dich nicht gut, aber durch die Schreierei wird es nicht besser", legte er sie behutsam auf das Doppelbett im Schlafzimmer.

Unruhig weinte sie weiter. Stöhnend zog ihr Jay den Body aus, löste ihre Windel. Eigentlich hätte er Hailey auch fragen können, wie hoch ihre Temperatur war, aber die Blöße wollte er sich nicht geben. Vorsichtig maß er noch einmal nach. Clara, die das gar nicht mochte, brüllte jetzt noch stärker. Er wusste zwar, dass ihr Hailey einen Fiebersenker gegeben hatte, aber die Temperatur lag immer noch bei 38,6 Grad.

Letztendlich wickelte er sie erneut, zog sie wieder an und nahm sie nach oben auf den Arm, wo sie sich an ihn kuschelte. Er schaukelte sie leicht hin und her, was sie jetzt ruhiger machte. Das Weinen wurde leiser.

„Das machst du super, Mäuschen. Mach ein bisschen die Augen zu, mh? Dann kann Daddy auch ein paar Minuten schlafen. Mommy muss davon nichts erfahren, okay? Das bleibt unser Geheimnis, dass wir beide ein kleines Schläfchen machen", redete Jay leise auf sie ein, als ob sie ihn verstand. Clara wurde jetzt ruhiger, fixierte sein Gesicht, während ihre Augen immer kleiner wurden.

Jay, der das mit Erleichterung zur Kenntnis nahm, setzte das monotone Streicheln über ihr Gesicht fort.

„Schlaf schön", wisperte er leise, während sie die Lider zunehmend schloss und schließlich ganz zugemacht hatte. Sobald dieser Zustand länger anhielt, legte er sie ins Babybett, das sich ebenfalls im Schlafzimmer befand. Er wollte sich rausschleichen, gerade zur Tür gehen, als urplötzlich laute Musik aus dem nebenstehenden Zimmer dröhnte. Maddys Zimmer.

Jay stöhnte. Natürlich war der Schlaf des Babys dann nicht mehr von langer Dauer. Die Kleine, die so eben erst eingeschlafen war, wimmerte jetzt leise, verzog das Gesicht und begann anschließend wieder aus Leibeskräften zu schreien.

„Verdammte scheiße", murmelte Jay, weil seine gesamten Fortschritte binnen Sekunden zu Nichte geworden waren, ließ das schreiende Baby weiterhin in ihrem Bettchen und stürmte dann in den Flur, wo er die Tür zu Maddys Zimmer aufriss.

Maddyson, die unschuldig an ihrem Schreibtisch saß, sah verdutzt dabei zu, wie ihr Vater wutentbrannt zu ihren Boxen lief und abrupt die Musik ausstellte.
Kurt Cobains Teens Spirit verstummte.
Statt seiner rauchigen Stimme ertönte jetzt nur noch Claras schrilles Weinen.

„Sag mal, spinnst du? Deine Schwester hat Fieber. Mom und ich versuchen seit Stunden sie zum schlafen zu kriegen. Die war eben schon eingepennt", hielt er ihr wutentbrannt vor, während sie ihn wenig begeistert taxierte.

„Ja, und? Ich kann doch nicht Hellsehen? Vielleicht wäre es besser wenn man zur Abwechslung auch mal mit mir redet?"

Jay schüttelte nur ungläubig mit dem Kopf. Dann zog er wieder ab. Er hatte keine Lust auf endlose Diskussionen. Zugegeben, seitdem Clara aus dem Krankenhaus entlassen worden war, schienen sie beide noch weniger mit Maddy in Konversation zu sein. Sie hatten nur wenig Zeit für ihre älteste Tochter.

Sie schienen beide froh, dass alles irgendwie funktionierte und man den Alltag mit dem herzkranken Baby geregelt bekam und Maddy bislang als geheilt galt, was die anfallenden Konflikte dennoch keineswegs kleiner machte.

Vielleicht hatte er den heftigen Altersabstand zwischen den Mädchen unterschätzt. Vielleicht hatte die Geburt des zweiten Kindes nie unter einem guten Stern gestanden. Aber den Gedanken verdrängte er zunehmend. Das laute Babygeschrei duldete keine Zweifel...

fighter (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt