forever

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Unterdessen war Jay, 100 Meilen von der anstehenden Geiselnahme entfernt, gerade von einer Vernehmung gekommen. Schon als er Hank Voights schwarzen SUV in der Tiefgarage der Wache sah, war er hellhörig geworden. Was ihm dann nur wenig später zu Ohren kam, ließ in ihm den kalten Schweiß ausbrechen. Das Team hatte ihn recht schnell über die Vorkommnisse informiert und mittlerweile waren die schlechten Neuigkeiten überall in den Nachrichten zu sehen.

„Eine Geiselnahme einem fahrenden Zug?"
Fassungslos sah Jay seinen ehemaligen Vorgesetzten an, der zur Unterstützung gekommen war. Hank nickte.

„Perry Oller. Ein mehrfach verurteilter Straftäter hat mit seinem Komplizen Andrew Stones mehrere Geiseln genommen. Sie fahren gen Norden. Ihr Ziel ist komplett unklar. Wir sind gerade dabei mit dem FBI die ersten Verhandlungen einzuleiten."

In Jay zog sich alles zusammen. Wusste er doch, dass Hailey und Maddy an diesem Tag auch mit dem Zug unterwegs waren. Bislang hatte er den Gedanken geschickt unterdrückt, aber allmählich schien die Lage immer eindeutiger zu werden.

„Wissen wir schon auf welcher Linie das passiert?"

„Worauf willst du hinaus?", mutmaßte Voight und auch Burgess, Atwater und Ruzek sahen Halstead fragend an.

„Maddy und Hailey sind heute nach Indiana gefahren. Mit dem Zug."

Hanks Augen weiteten sich erschrocken. Auch Kim und der Rest des Teams sahen ihn geschockt an.

In diesem Moment traf bei Jay eine vielsagende Nachricht ein und sein Iphone schlug Alarm.

Die Mitteilung stammte von Hailey und bei dem Inhalt zog sich ihm der Magen zusammen.

„Sitzen im Zug nach Indiana. Viele Geiseln genommen. Wir lieben dich für immer."
Jay wusste, was das bewusst falsch geschriebene Wort Geiseln bedeutete. das sie in umgekehrter Reihenfolge geschickt hatte. Es war ein Palindrom, das Hailey genutzt hatte, um die vielsagende Mitteilung zu versenden, sich aber nicht in Gefahr zu begeben.
Halstead schluckte schwer.

„Er hat sie."

„Was?"

Mit finsterer Miene bewegte er den Kopf nach vorn.

„Hailey und Maddy sitzen in dem Zug, in dem die zwei Irre gerade alle Passagiere entführt haben. So eine verdammte scheiße."

Jay schlug mit der Faust gegen den Tisch, dann sah er seine Kollegen völlig überfordert an...

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Nur wenige Stunden später war Jay einem Nervenzusammenbruch nahe.
Seine schwangere Frau und seine krebskranke Tochter befanden sich in Lebensgefahr und statt geordnet lief die gesamte Einsatzbesprechung völlig chaotisch ab.

Gemeinsam mit Voight hatte Jay das FBI aus New York beordert. Zum ersten Mal seit 17 Jahren traf Jay auf seine alte Liebe Erin Lindsay, aber durch seine Sorge um seine Familie, hielt sich seine Freude arg in Grenzen.

Zwar hatten sich seine Befürchtungen, wie man den fahrenden Zug zum halten brachte mittlerweile in Luft aufgelöst, weil einer der Geiselnehmer notgedrungen die Notbremse im Zug gezogen hatte und das Transportmittel jetzt kurz vor Indianapolis stand, aber besser macht es das gesamte Unterfangen nicht.

Das Team war nach Indiana gefahren, wo sie in einer leerstehenden Schule kurzerhand eine Krisenbesprechung einberufen hatten und dies als Notfallzentrum einrichteten. Auch das SWAT Team stand in Bereitschaft.

Jay tigerte nervös hin und her. Die Gesamtlage raubte ihm die letzten Nerven. Den Gedanken gleich zwei geliebte Menschen und sein ungeborenes Kind zu verlieren, schob er weit weg, um überhaupt noch arbeiten zu können.
Ziel war es bis aufs weitere eine Verbindung zu den Geiselnehmern aufzubauen, um herauszufinden welche Forderungen sie stellten. Auch wenn Jay innerlich befürchtete, immer noch darum bangte, dass es um Verlangen ging, die nicht zu erfüllen waren.

Auf das Stürmen des Zuges hatten sie bis aufs weitere verzichtet, weil ihnen das Risiko für zahlreiche Todesopfer zu groß war und auch unklar schien, ob die Geiselnehmer nur mit klassischen Waffen arbeiteten oder Sprengstoff verteilt hatten.

Es war gegen 15 Uhr am Nachmittag, als Voight es schließlich schaffte, eine Verbindung zu den Geiselnehmern aufzubauen.

Jay schien derart konfus und mitgenommen, dass er Hank dankbar darüber war, dass er einen Großteil der Einsatzleitung übernahm.
Letztendlich gelang es ihnen doch, Perry Oller ans Telefon zu bekommen.
Und wie Jay befürchtet hatte, schienen die Forderungen alles andere als leicht realisierbar zu sein.

„Wir verlangen die Freilassung aller Häftlinge aus dem Trakt B in Bridgeport. Passiert das bis heute Abend um 18 Uhr nicht, lassen wir alle Geiseln nacheinander erschießen und richten hier ein Blutbad an."

„Lasst wenigstens die Frauen und Kinder gehen", forderte Hank und erhielt nur ein süffisantes Lachen durchs Telefon.

„Sehe ich aus, als wäre ich ein Wohlfahrtskommando? Liefert erst einmal was wir von euch verlangen. Dann können wir weiter sehen. Und keine miesen Spielchen. Wenn ihr uns verarscht, fliegt hier alles in die Luft."
Dann hatte er endgültig aufgelegt. Jay schloss instinktiv die Augen. Das klang alles andere als nach realisierbaren Handlungen.

„Das können wir doch niemals machen, oder?"

Hank sah seinen Kollegen mit ernster Miene an.

„Wir müssen uns aufs Extreme einrichten. Es wird auf einen Notzugriff hinaus laufen."
Jay, der wusste, was das bedeutete, sah seinen Kollegen finster an.

„Hank, du weißt was wir damit aufs Spiel setzen?"
Voight nickte düster.

„Aber es ist unsere einzige Chance. Die Forderungen werden sich nicht realisieren lassen. Da wird die Staatsanwaltschaft nicht mitmachen."

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Zu Jays Erleichterung meldete sich der Geiselnehmer eine halbe Stunde später erneut, was zu einer Wendung der Lage führte.

Eine der Geiseln, die über wichtiges Wissen, was das erneute Anfahren des Zuges betraf verfügte, schien es augenscheinlich nicht gut zu gehen.

Für das FBI und die Intelligence die Chance, jemanden der Männer in den Zug einzuschleusen.

„Der zweite Zugführer ist mir hier fast am verrecken. Ich verlange einen Sanitäter. Wir stehen kurz vor Whitestown. Und ihr schleust mir hier einen neuen Zugführer ein. Haben wir uns verstanden?", verlangte Perry Oller am Telefon.

Der Leiter des FBIs schüttelte nur mit dem Kopf. Erin und Jay, die wie der Rest des Teams im Hintergrund standen, spitzten die Ohren.

„Das wird so nicht funktionieren. Das mit den Sanitätern lässt sich einrichten, aber um den neuen Zugführer hier her zu bekommen brauchen wir mehr Zeit."

„Gut, dann erschieße ich die ersten Geiseln."
Jay schloss instinktiv die Augen. Die Verhandlungen nahmen augenscheinlich keine gute Entwicklung an.

„Zwei Stunden für den Zugführer und die Sanitäter können schon in einer halben Stunde bei euch sein."
Perry Oller lachte hämisch.

„Eure Zeit läuft. Ihr wisst was passiert, wenn die Häftlinge bis um 18 Uhr nicht frei gelassen worden sind. Und wenn der Typ hier verreckt, ist es nicht mein Problem."
Damit erklärte er das Gespräch erneut für beendet.

Erin und Jay sahen zeitgleich auf Voight, blickten dann auf Olivia Banson.

„Wir gehen rein", sagte Jay entschlossen, als sich Erin einschaltete.

„Ich bin mit dabei", stellte sie unmissverständlich klar, was Jay kritisch taxierte.

„Wie fit ist dein Team im Nahkampf?", fragte Benson an Jay gewandt. Dieser lächelte aufgesetzt ironisch.

„Ist das jetzt Ihr Ernst?"

„Halstead war mein bester Mann", untermalte Hank den Kommentar. Jay sah die Chefin siegessicher an.

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Unterdessen band Perry Oller den ersten Geiseln Stricke um den Hals und führte sie in den hinteren Teil des Abteils.
Dass es nur der Abschreckung diente, wussten ausschließlich er und sein Komplize.

Maddy saß eingeschüchtert neben Hailey. Sie hielten einander die Hände. Bislang ahnte noch niemand der Geiselnehmer, dass Upton schwanger war. Geschweige davon, dass sie für die Polizei arbeitete.
Sie schätzten die Täter nicht als sonderlich intelligent ein. Doch auch das konnte allen samt der Kombination mit Waffen schnell zum Verhängnis werden.

Die 14-Jährige presste hingegen ihren Kopf an die Brust ihrer Mutter. Es schien fast auf eine gewisse Art und Weise skurill, dass sie all die Monate dafür gekämpft hatte und jetzt auf die Gefahr hinaus lief, auf diese Weise ums Leben zu kommen.

„Na, Püppchen. Was treibt dich eigentlich nach Indianapolis?", blieb schließlich einer der Männer auf halber Strecke vor Upton stehen, weil er offenbar an ihr Gefallen fand. Hailey schluckte schwer.

„Meine Tochter und ich sind auf dem Weg, um Verwandte zu besuchen."

Die Krebsdiagnose von Maddy hielt sie außen vor. Sie wollte den Männern so wenig Informationen wie möglich geben.

Maddy zuckte zusammen, als der weitere Geiselnehmer, der sich mittlerweile als Andrew Stones vorgestellt hatte, mit der Pistole über ihren Hals fuhr und sie das kalte Metall der Waffe auf ihrer Haut spürte.

,,Hey, was soll das?", fragte Hailey so sachlich wie möglich, weshalb die Waffe nun in ihre Richtung wanderte.

„Wie spielen ein kleines Spiel. Auf einen mehr oder weniger kommts jetzt auch nicht an", blieb er schließlich an Haileys Babybauch hängen, auf den er die Pistole richtete.
Maddy, die bemerkte, wie sich bei ihr ein übler Flashback ankündigte, drückte Haileys Hand.
Zu ihrem Glück trat in diesem Moment Perry Oller zu seinem Komplizen.

„Jetzt lass doch den Quatsch, Andrew. Ich brauche dich hier vorne. Die Sanitäter rücken gleich an."

Maddyson und Hailey atmeten erleichtert auf, als die zwei schwarz vermummten Männer sich in den vorderen Bereich begaben.


Viel Zeit zum überlegen hatten sie nicht, denn in diesem Moment schien sich eine der Türen zu öffnen. Jay und Erin, beide bekleidet in Sanitäteruniformen, betraten den stehenden Zug.
Maddy schaute erleichtert auf ihren Vater, der ihr für einen Bruchteil von Sekunden einen eindringlichen Blick zuwarf und mit ihr Blickkontakt hielt, während er ernst schauend neben seiner Kollegin verharrte.
Von ihrem Platz aus, konnte sie wie Hailey ein gutes Bild auf den Eingang im Nebenbereich erhaschen, bei dem normalerweise Passagiere ein und ausstiegen.

„Da kommt ja unsere Sonderlieferung. Bevor wir hier erstmals zur Tat überschreiten, ein paar Sicherheitsvorkehrungen. Ausziehen. Los geht's ihr zwei. Weg mit den Klamotten, damit wir sicher gehen können, dass ihr uns nicht unliebsame Überraschungen einschleppt. Ausziehen!", forderte Perry Oller, was Lindsay und Halstead mit wenig Begeisterung aufnahmen.

„Kommen Sie. Was soll das? Wir sind Sanitäter."

Aber Oller ließ sich nicht beirren, hielt die Waffe anschließend auf Jay, dann auf Erin.

„Hört ihr nicht was ich sage? Ihr sollt euch ausziehen!", schrie er etwas lauter.

„Bis auf die Unterwäsche! Die könnt ihr anbehalten. Na, wird's bald?"

Bewusst unsicher schauend, entledigten sich Erin und Jay ihrer Kleidung, zogen sich die blauen Hosen und die ebenfalls blauen Shirts aus, bis sie nur noch in Boxershorts und BH und Slip vor den Geiselnehmern standen. Natürlich hatten die Cops längst damit gerechnet, dass man danach suchen würde. Daher waren sie gezielt andere Wege gegangen.

Zufrieden führte Perry Oller die zwei Sanitäter schließlich in den vorderen Bereich, in dem sich der zweite Zugführer befand, der einen Kreislaufkollaps erlitten hatte. Und dann war er da. Der alles entscheidende Moment.

Während sich Erin bewusst im Hintergrund hielt und sich in der Nähe der erste Hilfe Tasche positionierte, um Jay die benötigten Utensilien zuzugeben, versuchte Halstead sporadisch den Mann zu versorgen, der augenscheinlich an einem Kreislaufzusammenbruch litt. Perry stand ihr schließlich zum Rücken zugewandt. Es dauerte lange, aber schließlich war der notwendige Augenblick gekommen.

Es brauchte nur einen kurzen Handgriff, um die versteckte Seitentasche zu öffnen. Ehe Perry Oller begriff was da gerade passierte und den Trigger seiner eigenen Maschinenpistole bedienen konnte, hielt ihm Erin längst die heimlich eingeschleuste Waffe entgegen und betätigte den Abzug.

Da sie mit einem Schallschutz ausgerüstet war, fiel der Schuss dementsprechend geräuscharm aus.
Jay griff intuitiv nach dem Handy des Geiselnehmers, hielt sich den Finger auf die Lippen, um dem angegriffenen Zugführer zu bedeuten, dass er ruhig bleiben sollte. Sein Kollege lag bereits tot neben ihnen in der Führerkabine.
Halstead wählte die Nummer seiner Kollegin.

„Zugriff", war alles was er sagte. Und dann ging alles ganz schnell. Fensterscheiben klirrten, während Jay in den Nebenbereich lief. Es gab einen ohrenbetäubenden Lärm und mehrere Schüsse ertönten, ehe das SWATT Team Zutritt gewann.

Mit einem gezielten Schuss hatte Halstead den Komplizen außer Gefecht gesetzt. Auch wenn sich später herausstellte, dass im Kugelhagel zwei unschuldige Zivilisten ums Leben gekommen waren.

Zu Hailey und Maddys Glück hatten sich beide relativ weit vorn in der Nähe des Führerhauses befunden, während der übrig gebliebene Geiselnehmer weiter hinten aufzufinden war.

Hailey hatte sich instinktiv über Maddy geworfen, als das Team, bestehend aus zehn Elitepolizisten den Zug gestürmt hatte.

Die zwei kauerten halb liegend auf den Sitzen, als Jay seine Frau und seine Tochter etwas unsanft packte und zu seinen Kollegen nach draußen dirigierte. Für lange Momente der Erleichterung blieb keine Zeit, denn Jay und Erin mussten dabei helfen viele der weiteren unter Schock stehenden Passagiere nach draußen zu lotsen.

Unterdessen steuerte Maddy mit Hailey unmittelbar auf einen der Rettungswagen zu.

„Meine Tochter steht unter Schock. Sie hat Krebs", dachte sie als erstes an Maddyson, als die Sanitäterin an ihrem Babybauch hängen blieb.

„Sie sind schwanger?", vergewisserte sich eine weitere Sanitäterin an Upton gewandt.

„Sechster Monat", brachte sie außer Puste hervor und drückte die weinende Maddy an ihre Brust. Die junge Sanitäterin, die das sofort sehr ernst nahm, wollte Upton auf die Trage lotsen.

„Sie müssen ins Krankenhaus. Um sicherzustellen, dass mit dem Baby alles in Ordnung ist."
Aber Maddy schüttelte vehement mit dem Kopf.

„Mein Dad ist Polizist. Der ist noch da drinnen. Wir müssen auf ihn warten."

Haileys Augenmerk glitt nervös zwischen der Sanitäterin und Maddy hin und her, die sie eindringlich taxierte. Die 14 Jährige sehnte sich nach nichts sehnlicher als ihrem Vater.

„Hören Sie, wir sind okay. Wie wäre es, wenn Sie zuerst meine Tochter untersuchen und wenn die Tests okay sind, fahren wir später privat ins Krankenhaus?"
Wenig begeistert sah die Ersthelferin Hailey an, nickte ihr dann aber zu.

„Von mir aus. Aber dann müssen Sie mir unterschreiben, dass Sie einen Krankentransport auf eigene Verantwortung ablehnen."

Hailey nickte ihr zu. Zu mehr war sie ohnehin nicht fähig, denn Maddys Begeisterungsschrei unterbrach sofort die angespannte Lage.

„Dad?!!!!"

Für einen kurzen Moment erschien es Hailey wie in einem Kinofilm, bei dem sich alle Hauptakteure am Ende lebend wieder sehen.

Jay lief mit schnellen Schritten auf seine restliche Familie zu.

Maddy begann die letzten Meter auf ihn zuzurennen, ehe sie ihm in den Arm segelte und er sie ganz fest an seine Brust zog. Sie weinte, versteckte den Kopf an der beschützenden Schulter ihres Vaters.

Jay schloss die Augen, drückte sie ganz fest an sich, ehe er sie wieder öffnete und ehrfürchtige Blicke auf Hailey warf.

Upton ließ die Sanitäterin genau wie Maddy stehen und beschleunigte ihren Schritt, ehe sie Vater und Tochter in die Arme fiel. Die drei umarmten einander, während Jay den Tränen nahe über den schwangeren Bauch seiner Frau streichelte.

In einer gewissen Entfernung stand Erin, die das Schauspiel beobachtet hatte und nun matt lächelte, als sich ihre Augen mit Jays trafen.

Sie blickten einander vielsagend an, während Maddy und Hailey weinend in seinen Armen lagen.

Es war einer dieser Momente, in denen Blicke mehr sagten, als es Worte jemals konnten...

fighter (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt