in heaven

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Ab da begann die nervenzerrende Zeit des Wartens.
Im Gegensatz zu Maddys Krebsoperation waren die zwei bei diesem Eingriff zusammen und konnten einander Kraft spenden.

Maddy hatten sie an diesem Tag bei Kim und Adam in der Wache gelassen. Sie verbrachte die Zeit im Aufenthaltsraum des Präsidiums. Alleine lassen wollten sie das Mädchen noch nicht. Bis zu acht Wochen nach der O.P waren weitere Hirnblutungen wahrscheinlich und wenn sie alleine zu Hause umkippte, würde niemand von ihrem Zustand bemerken.

Jay hatte seine Hand in Haileys gelegt. Seine Handinnenfläche war verschwitzt und kalt. Sie merkte, dass er Angst hatte.

„Das wird schon. Sie schafft das. Sie ist eine Halstead."

Jay lächelte matt, sah spitzbübisch auf seine Frau.

„Sagst du das jetzt, um mich aufzubauen?"

„Ich sag das, weil es die Wahrheit ist. Sie hat so viel von dir. Den kleinen Dickkopf, den Durchhaltewillen, die langen Wimpern. Sie macht jetzt schon was sie will. Und sie wickelt dich um den kleinen Finger. Das merkst du manchmal gar nicht."
Jay lächelte traurig.

„Aber sie hat deine Augenfarbe und die Lippen. Und dein Temperament. Sie kann sich unglaublich schnell selbst beruhigen."
Hailey grinste.

„Machen wir uns jetzt gegenseitig Mut?"

„Sieht ganz danach aus."
Jay seufzte.

„Bereust du es manchmal?"

„Was?"

„So spät nochmal Vater geworden zu sein. Ich meine nicht die Kleine sondern das alles hier drumherum."

„Ganz ehrlich?"
Hailey ließ die Frage zunächst unbeantwortet, nickte dann.

„Hätte ich vorher gewusst, dass es ihr so schlecht geht und ihr Start ins Leben so schwer wird, ich weiß nicht, ob ich das gewollt hätte. Ich meine, gerade die Anfangszeit war der Horror und es ist nie so, als ob sich das alles entspannt. Es ist immer, als ob man immer in dieser Schockstarre liegt, was als nächstes kommt. Als wir damals mit Maddy vom Krankenhaus nach Hause gegangen sind, da wusste ich, jetzt wird alles gut. Jetzt ist das Schlimmste vorbei. Bei Clara ist es von Tag eins an immer mit Anspannung verbunden. Diese katastrophale Geburt, dann der Brustkasten, ihre Diagnose, die Infekte. Wochenlang mit ihr krank zu Hause."
Jay nickte ihr zu, verstärkte den Druck an ihrer Hand.

„Immer diese Angst, was ist, wenn sie wieder höher fiebert und sich dadurch der Herzmuskel entzündet. Diese vielen Medikamente, die man in dieses kleine Würmchen rein bekommen muss. Die Schmerzen, die sie dabei hat", führte sie weiter aus. Offenbar schien es ihm nicht anders zu ergehen, denn er sah sie verstehend an.

„Aber trotzdem ist sie hier. Sie lebt."

„Aber zu welchem Preis?"

Halsted hob und senkte die Schultern.

„Das werden wir vielleicht erst herausfinden, wenn wir irgendwann die Augen zumachen. Manchmal da denke ich, dass das alles nicht ohne Grund passiert ist. Alles. Ich meine, bis vor anderthalb Jahren waren wir nicht einmal mehr zusammen. Erst Maddys Krankheit hat uns wieder derart zusammengeschweißt und dass wir nochmal ein Kind zusammen haben, hätte damals wohl niemand für möglich gehalten."

Hailey schmunzelte bei der Vorstellung, ehe ihre Gedanken in eine andere Richtung glitten.

„Weißt du was Maddy damals als sie so krank war, im Krankenhaus einen Tag später zu mir gesagt hat, als ich ihr erzählt habe, dass wir wieder zusammen sind? Kurz bevor sie auf die Intensivstation gebracht wurde?"

Jay schüttelte mit dem Kopf. Dann sah er seine Frau neugierig an.

„Dass sie immer gewusst hat, dass wir uns insgeheim noch geliebt haben, weil keiner von uns beiden nach der Scheidung damals je wieder eine ernsthafte Beziehung hatte. Und von der Sichtweise her ergibt das alles irgendwie doch einen Sinn."

Jay lächelte schief, dann glitt seine Hand zu Haileys Gesicht. Er strich ihr eine blonde Haarsträhne hinter das Ohr. Sie sah müde und abgekämpft aus. Und dennoch wunderschön.

Ohne dass sie damit gerechnet hatte, drückte er ihr einen langen Kuss auf die Lippen.

„Ich liebe dich", wisperte er ihr entgegen.

„Dich und unsere zwei Mädels."

Hailey grinste, dann erwiderte sie den Kuss.

Auch wenn sie sein Verhalten manchmal nervte, waren es diese Momente, samt seiner gesamten Art, die die Liebe zwischen ihnen auch nach 20 Jahren noch so stark machte...

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Es dauerte drei Stunden, bis Connor aus dem Nebenraum trat und den erleichterten Eltern zunickte.

„Es geht ihr den Umständen entsprechend. Sie hat alles überstanden, befindet sich noch im Aufwachraum des Intensivbereichs. Wir hatten leichte Komplikationen, weil der Katheter anfangs nicht gut saß, aber wir mussten nicht zu einer offenen Operation am Herzn übergehen."

„Was heißt leichte Komplikationen?", fragte Hailey alarmiert und auch Jay sah Rhodes nervös an. Dieser machte eine abflachende Handbewegung.

„Wir haben mehrere Anläufe gebraucht, um die Stents zu setzen. Beim dritten Mal hat es dann funktioniert. Die Stelle ist jetzt fast dicht. Die letzten zwei Millimeter wachsen bis morgen durch den natürlichen Heilungsprozess zu. Sie wach gerade auf, ist aber noch sehr benommen."

Jay und Hailey atmeten erleichtert auf.

„Können wir sie sehen?"

„Ja, aber bitte nicht beide auf einmal, sondern nacheinander."
Jay, der sah, dass seine Frau leicht zitterte, nickte ihr zu.

„Ich gehe, okay?"

Bereitwillig nickte ihm Hailey zu.

So sehr sie an Clara hing, aber irgendwie war sie ganz dankbar, dass Jay ihr die Entscheidung abnahm. Sie hatte an diesem Morgen noch nichts gegessen und ihr war sichtlich flau im Magen.

„Geh in die Cafeteria und wenn ich wieder komme, wechseln wir uns ab."
Upton bestätigte seine Worte, während Connor eine einladende Geste machte, die Jay bedeuten sollte mit ihm zu kommen.

Hailey und er ließen einander an den Händen los. Dann folgte Halstead dem auf Kardiologie spezialisierten Arzt in den Nebenbereich.

Schon als Jay seine knapp drei Monate alte Tochter mit den Ärmchen zappelnd in dem Gitterkrankenbett liegen sah, fiel ihm endgültig ein Stein vom Herzen.

„Hey, Maus. Da kann ich sogar beim Aufwachen dabei sein", wisperte Jay leise, um sie nicht zu erschrecken, ehe die beiden Männer zu Will traten, der nun ebenfalls am Babybett seiner Nichte stand und schmunzelnd auf den kleinen Menschen sah.

Sie war etwas unruhig, sah sich aber noch sehr müde in der Umgebung um. Die Schwestern hatten den blauen Pullover angezogen, den sie ins Krankenhaus mitgebracht hatte. An ihrer kleinen Hand befand sich noch der Zugang. Die Überwachungsgeräte piepsten gleichmäßig.

Jay streichelte ihr vorsichtig über das Köpfchen.

„Die Werte sind stabil. Es sieht bisher ganz gut aus", beruhigte ihn Will.
Jay setzte sich an ihr Bett, nahm ihre kleine Hand in seine und strich ihr mit der anderen in Kreisbewegungen über die Wange.

„Hey, Spatz. Hast du was Schönes geträumt?"

Die Kleine gluckste kurz, was sich fast wie ein JA anhörte und auch die zwei Ärzte matt lächeln ließ.

„Ja?"

Jay fuhr ihr gleichbleibend über das Köpfchen.

„Das ist alles noch ein bisschen komisch, stimmts, Prinzessin? Alles noch ein bisschen dusselig. Kann das sein?"
Sie reagierte nicht, fixierte stattdessen ihren Onkel und Connor Rhodes.

„Mommy wird Augen machen, wenn sie sieht, dass du schon wieder so fit bist."
Jays Blick glitt zu Connor.

„Wann kann sie verlegt werden?"

„Wenn alles stabil bleibt, in 2 Stunden. Dann könnt ihr der kleinen auch das Fläschchen geben. Sie wird Hunger haben."
Jay nickte Connor anerkennend zu.

„Danke. Für alles", sagte er leise. Rhodes zwinkerte ihm entgegen.

„Nicht der Rede Wert", sprach er leise, ehe er sich mit Will nach draußen begab und wieder den restlichen Patienten widmete...

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Clara erholte sich recht schnell von dem Eingriff. Schon 6 Wochen nach der Operation entschlossen sie sich zu viert ans Meer zu fahren.
Auch bei Maddy gab es gute Neuigkeiten, denn das anfallende MRT bescheinigte ihr Tumorfreiheit am gesamten Körper.

Es schien, als würde die kleine Familie zum ersten Mal etwas aufatmen.
Gemeinsam verbrachten sie einige Urlaubstage am Atlantik.
Es war ein lauer Frühsommertag, als sie gemeinsam am Strand entlang liefen.

Das was bis vor 6 Monaten noch unvorstellbar schien wurde jetzt Wirklichkeit.
Clara krabbelte durch den Sand, während Maddy ihr geduldig einige Muscheln zeigte und mit ihr eine Sandburg baute. Die zwei hatten sichtlichen Spaß. Das kleine Mädchen kicherte vor Freude und auch Maddy erfüllte es mit Glück mit dem erst wenige Monate alten Kleinkind zu spielen.

Die Kleinste war noch längst nicht in dem Alter, in dem sie das verstand, aber Hailey und Jay sahen amüsiert dabei zu, wie die zwei Schwestern die gemeinsame Zeit genossen.

Hailey kuschelte sich an Jays Schulter, während sich das Möwengeschrei mit den rauschenden Wellen vermischte.

„Doch alles richtig gemacht, oder was meinst du?", wisperte sie ihm ins Ohr, während sie gerührt auf ihre Kinder sah.

„Ich liebe euch", antworetete er so leise, dass es nur sie verstanden hatte.

„Dich und unsere zwei Mädels hier", raunte er kaum hörbar, ehe sie in einem langen Kuss versanken.
Maddy, die irgendwann davon Notiz genommen hatte, lächelte breit, als sie ihre Eltern sah, wandte sich aber ab und spielte konzentriert weiter, ehe sie zum Horizont sah.

Vielleicht hatte der Weg sie genau hier hin geführt.
Vielleicht war der Kampf längst gewonnen, auch wenn es sich noch nicht nach Sicherheit anfühlte...

fighter (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt