Als Samstag morgens mein Wecker klingelt, realisiere ich, dass ich vergessen habe, ihn auszuschalten. Normalerweise müsste ich jetzt für die Arbeit aufstehen, aber dank meiner Chefin habe ich das komplette Wochenende frei, also schalte ich ihn aus und ziehe wohlig die Decke bis an mein Kinn und schließe wieder meine Augen. Bis mich zwei Stimmen aus meiner Entspannung reißen. Es sind Joana und Mason und es klingt wie ein Streit. Ich springe sofort aus meinem Bett und schleiche zu meiner Zimmertür, damit ich die beiden besser hören kann. „Ihre Eltern sind beide Alkoholiker, hat sie dir das nicht erzählt? Und dann tauchst du hier betrunken auf und..." - Joana. „Fuck", flucht Mason und ich höre plötzlich ein lautes klirren. Sofort platze ich aus meinem Zimmer raus und sehe die beiden entsetzt an. Die Alkoholflasche von gestern Abend ist in Scherben mitsamt Inhalt auf dem Boden verteilt. „Spinnst du?", schreit Joana ihn an während sie ein paar Schritte zurückweicht. Mason bemerkt mich zuerst und sieht erstarrt in meine Richtung. „Es tut mir leid..." Er wiederholt die Worte ganz oft während er sich niederkniet und versucht, die einzelnen Scherben aufzusammeln. Ich weiß immernoch nicht, wie ich reagieren soll und sehe für ein paar Sekunden mit offenem Mund zu bis er sich schließlich an einer Scherbe schneidet und leise flucht. „Mason, lass das.", sage ich ruhig und gehe vorsichtig auf ihn zu. „Was ist denn blos falsch mit dir?", fährt meine Mitbewohnerin ihn an. „Joana, lass gut sein.", versuche ich die Situation zu besänftigen, aber dann sieht sie mich nur wütend an und verschwindet in ihr Zimmer. Ich lasse kurz verzweifelt die Schultern sinken weil ich es gerade scheinbar niemandem recht machen kann. Mason hat sich mittlerweile schon zum zweiten Mal geschnitten und schleudert die blutrote Glasscherbe fluchend weg. „Jetzt hör doch endlich auf die scheiß Scherben aufzusammeln!" Das kam lauter als beabsichtigt aus mir heraus. Er zuckt zusammen und weicht zurück. Dann sieht er mich mit genau dem schmerzhaften Blick an, wie im Café, als er sich für mich an Carlo gerächt hat. Ich ertrage das nicht länger und schaue daher auf die Scherben um seinem Blick auszuweichen. Wir verharren bestimmt minutenlang so, bis ich die Stille unterbreche. „Worüber wolltest du reden?", frage ich ohne Betonung, während ich meinen Blick immernoch auf die Scherben gerichtet habe. Er schluckt kurz und ich spüre seinen Blick auf mir. „Ich wollte dir erklären warum ich so verkorkst bin wie ich nunmal bin. Warum ich keine Gefühle empfinden kann. Ich dachte, du verdienst eine Erklärung für mein Verhalten neulich." Er klingt überraschend nüchtern, obwohl wir gerade ungefähr sieben Uhr morgens haben und die Menge an Alkohol sicher noch nicht ganz aus seinem Körper draußen ist. „Und dann denkst du es ist die beste Idee, einfach hier aufzutauchen, auf Alkohol und Drogen?" Er reibt sich mit beiden Händen das Gesicht. „Ich wusste nicht, dass deine Eltern..." Er bringt den Satz nicht zu Ende und das ist auch besser so, weil ich gerade nicht auch noch an meine Eltern denken will. Ich schüttle den Kopf. „Können wir wann anders reden? Das ist mir gerade einfach zu viel. Diese ganze Woche ist mir zu viel.", sage ich und traue mich wieder, ihn anzusehen. Er nickt verständnisvoll und entschuldigt sich nochmal für die Umstände. Dann schnappt er seine halbvolle Flasche, die immernoch auf der Theke steht und verschwindet durch die Tür.
Das Wochenende ist im Eimer. Als wäre die ganze Woche nicht schon schlimm genug für mich gewesen, ist Joana jetzt auch noch sauer auf mich seit der Situation mit Mason. Ich sitze ihr gegenüber und erkläre ihr, wieso ich so reagiert habe und dass es nicht an ihr lag. „Ich wollte nicht dass die Situation noch mehr eskaliert. Natürlich hätte ich in dem Moment mehr auf deiner Seite stehen müssen. Tut mir wirklich leid." Joana greift schließlich seufzend nach meiner Hand und drückt sie. „Alles gut Ava, du hast nichts falsch gemacht. Ich war in dem Moment nur so sauer auf ihn und konnte nicht verstehen, wieso du immernoch so liebevoll mit ihm umgehst." Ich sehe sie gequält an. „Das ist kein gutes Zeichen oder?" Joana schüttelt den Kopf. „Ich denke er tut dir nicht gut, Ava..." Sie schenkt mir einen mitleidigen Blick. Und ich realisiere gerade, dass ich dabei bin, mich in das abgehobene Arschloch Mason White zu verlieben.
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𝑯𝑰𝑫𝑫𝑬𝑵 𝑭𝑬𝑬𝑳𝑰𝑵𝑮𝑺
RomanceObwohl Ava und Mason in komplett verschiedenen Welten leben, treffen sie auf unerwartete Weise aufeinander. Die Kellnerin aus ärmlichen Verhältnissen und der reiche, kaltherzige Aufreißer. Zwischen Missverständnissen und überraschenden Wendungen ent...