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Protokoll: 12:00 Uhr
Princess

Ich betrat wie fast jeden Morgen das Brooks & Browns...müde und einfach nur erschöpft.
Ich hätte gestern nicht so lange aufbleiben sollen.
Andererseits weiß ich jetzt endlich das Ende von Attack on Titan...
Auch wenn es hieß das ich jetzt mit geschwollenen Augen herumlaufen musste.
Ich hätte jeden erdenklichen Preis dafür gezahlt.
Mit meinen zwanzig Jahren könnte ich studieren oder meine jungen Jahre noch genießen.
Doch ich konnte weder studieren noch mein Leben in vollen Zügen genießen.
Es ist nicht so, als würde ich es nicht wollen.
Ich kann es nur nicht.

Denn studieren kostet eine Menge Geld.
Und billig ist wichtiger.
Mein Bruder ist wichtiger. Und für sein Wohlergehen, musste ich sorgen.
Auch wenn das Einkommen nicht gerade viel war, es gab auf jeden Fall Jobs, bei denen man schlechter bezahlt wurde.

Als ich die Bar betrat hörte ich sofort Eves Stimme in meinem Ohr klingen.
,, Nance!! Das bist du ja" begrüßte sie mich, während sie den Tresen putzte.
Ihre stetige gute Laune ging mir auf die Nerven und das grelle Licht der Bar tat mir in den Augen weh.
Ich hasste diesen Job, aber ich brauchte ihn.
,, Ja...da bin ich" murmelte ich vor mich hin und ging hinter die Theke.
Sie schaute mich neugierig und besorgt an, nahm mein Gesicht in ihre Hände und analysierte jeden meiner Poren.
,, Kannst du das bitte lassen?" fragte ich sie genervt.
,, Du hast Augenringe, Nance!! Hast du schon wieder einen Serienmarathon gemacht??
Oder hattest du etwa Sex??
Nance ich sage dir doch jedes Mal, das es nicht gut ist, wenn du es einen Tag vor der Arbeit mit jemanden treibst" hielt sie mir die übliche Predigt vor.

,, Das erste ist der Fall. Geschlafen habe ich mit niemanden." antwortete ich recht schroff und löste mich schnell von ihr.
Sie machte sich zu viele Sorgen und hatte zu viel Mitleid mit mir.
Klar sie ist meine beste Freundin und es ist verständlich das sie sich Sorgen macht.
Aber ich will kein Mitleid von ihr.

,, Ruh dich erstmal aus, ich übernehme ab hier." sagte ich trocken mit einem Gähnen hinterher
Eve hatte sich nach der Nachtschicht wirklich eine Pause verdient.
Sie arbeitete viel zu hart.
Doch statt Urlaub zu verlangen, arbeitete sie sich weiterhin ins Grab.
Aber in dieser Hinsicht ähnelten wir uns in gewisser Weise.
Wir wussten was es hieß sich um das finanzielle zu sorgen.
Und was man alles tat, um die Familie über Wasser zu halten.
Eve war die einzige, mit der ich über solche Probleme redete.
,, Sag mal, Nance.. wer war der Typ von gestern eigentlich?" fragte Eve mich.
Schlagartig blieb ich stehen und drehte mich zu ihr.
Bei den Gedanken an diesen Verrückten wurde mir beinahe übel.
Klar. Ich bedauerte es nicht, das er Alex niedergeschlagen und dann einfach mit sich geschleppt hatte.
Aber wenn er mir weiß machen wollte, dass er nichts als ein guter Mensch ist, der sich um das Wohlgehen anderer Frauen schert, hatte er sich geschnitten.

Denn Männer wie ihn gab es in jeder erdenklichen Ecke.
Diejenigen, die zunächst harmlos wirkten, aber im nächsten Moment irgendeinen Stoff in dein Getränk mischten, um dich danach in irgendeiner Ecke klammheimlich zu vögeln.
Sowas in der Art schätze ich.

,, Ich habe keine Ahnung, er war wahrscheinlich betrunken oder so." suchte ich schroff eine unauffällige Ausrede.
,, Das ist beängstigend, Nance. Mach mir keine Angst." erwiderte sie nur.
Ich warf ihr einen letzten, flüchtigen Blick zu, ehe ich meine Wege zur Abstellkammer suchte.
Wie jeden Morgen.
Nochmals entging mir ein lautes Gähnen, als ich gerade versuchte den passenden Schlüssel aus meinem nahezu riesigen Schlüsselbund zu fischen.
Jedes Mal, als ich es drehte und wendetet ertönte das Geräusch aneinander prallender Metalle.
,, Das kann doch nicht wahr sein... fick dich." nuschelte ich genervt vor mich hin.
Doch als ich gerade den richtigen Schlüssel gefunden hatte, erklang auch schon das laute Geräusch der vielen Schlüssel aus Metall auf dem Boden.

Innerlich schrie ich und ließ meiner Wut freien Lauf.
Ich gab selbst zu, das ich keine lange Ausdauer an Nerven zu Verfügung hatte.
Deshalb wurde ich wahrscheinlich auch aus dem Praktikum beim Kindergarten rausgeworfen.
Ich kann es den Betreuern dort nicht Übel nehmen...

Als ich mich wieder aufrichtete, blitzte etwas in meinem Augenwinkel wie ein Blitz.
Ein Rauschen fuhr meiner Haut entlang und ich füllte mich...als würde mich jemand im Augen haben.
Als würde mich jemand so dermaßen anstarren, dass ich Angst bekam.
Ich hielt Inne und verspannte mich.
Es meißelte sich in meine Haut.
Nicht das Starren...sondern meine unerklärliche Angst.

Ich nahm ein rotes Licht war, was immer wieder aus und an ging.

Ich drehte mich um und starrte nach oben an die Decke.
Die Linse des kleinen Geräts fixierte mich so sehr, das meine Fantasien mit mir durchgegangen wahren.
Verwirrt blinzelte ich auf und schaute rechts von mir.
Genau dort, wo ebenso wie über mir, eine kleine schwarze Kamera, mit einem rot leuchtenden Punkt, befestigt war.
,, Eve?" sagte ich laut und deutlich, fragend ihren Namen.
,, Ja!?" rief sie von der Theke aus.
Immer noch war mein Blick auf die über mir hängende Kamera gerichtet.
Komisch. Das rote Licht hatte sich ausgeschaltet.
,, Seit wann haben wir denn Kameras?" fragte ich sie, während mein Blick zur anderen Kamera am Ende des Raumes huschte.
Schon wieder leuchtete mir das rote Licht entgegen.
Mein Kopf verkrampfte sich und ich schaute wieder zu der Kamera, über meinen Kopf.
Es war immer noch aus.

,, Die wurden gestern , nachdem du gegangen bist eingebaut. Ein Herr sagte mir, dass es nach solch einen Vorfall nur anständig wäre Kameras installieren zu lassen. Aber keine Ahnung der er hat mir jedenfalls irgendeine Firma empfohlen" erklärte sie mir von der Theke aus.
,, Ein bisschen voreilig, findest du nicht?"
,, Find ich nicht" sagte sie nur unbekümmert.
Das war ja mal wieder typisch. Sie zog immer voreilige Entscheidungen.
Welcher Mensch kam auf die fucking Idee, sich von einem völlig Fremden an eine Firma für Kameras weiterzuleiten?
Ich stampfte zu ihr hin und schlug mit einem Mal auf den Tresen.
,, Du erklärst das jetzt." sagte ich drohend und zeigte auf die Kamera.

Sie holte tief Luft und stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab.
,, Also... kurz bevor du gestern weg warst, kam irgendein Typ von der Sicherheitsbehörde oder so ein Schrott hier rein marschiert und hat etwas über Vorfall und Kameras gelabbert. Natürlich hat er mir auch vorher seinen Ausweis und sowas gezeigt, mach dir also keine Sorgen." erklärte sie sich.

Misstrauisch schaute ich sie an und verschränkte meine Arme miteinander.
Eve war naiv.
Man hätte sie mit jeder erdenklichen Möglichkeit übers Ohr hauen können.
Ich will mir gar nicht ausmalen, wie viele andere Menschen dieser Mann schon verarscht hatte.
Aber das würde ich später noch klären.
,, Wenn wir gerade beim Thema sind. Weißt du eigentlich in welches Krankenhaus Alex gebracht wurde?" fragte sie mich.
,, Nein. Ist mir auch egal." antwortete ich knapp und ging wieder Richtung Abstellkammer.
,, Jetzt sei doch nicht immer gleich so abweisend, Nance!" jammerte sie herum.
Ich ignorierte ihr Jammern und widmete mich meinen am Boden liegenden Schlüsselbund.

Allein der Gedanke daran, das ich mich wieder bücken müsse brachte meine Knie zum schwanken.
Meine Stirn schmerzte und ich merkte die Nebenwirkungen der Schlaftabletten und der vielen schlaflosen Nächte der letzten Tage.
Meine Gedanken schweiften um den Mann von gestern.
Derjenige, der mich erst verteidigt und dann halbwegs belästigt hat.
Sein Grinsen erschien in meinem Blickfeld.
Seine Grüppchen, die sein Gesicht schmückten und seine schwarzer Haarsträhne, die vor seiner Stirn baumelte.
Warum erinnerte ich mich gerade jetzt an ihn?
Schnell schüttelte ich meinen Kopf hin und her, in der Hoffnung ihn aus meinem Kopf zu bekommen.

Es nervte mich.
Meine Gedanken, meine Gefühle und meine Müdigkeit.
Ich hasste es.
Ich hasste mich dafür.

Behind you: You are mine Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt