Kapitel 3

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Sophia

Auf dem Bildschirm erschien das Bild einer Frau. Sie hatte kurze Haare und ein hübsches Gesicht. Ihr Blick auf dem Bild war streng und ich sah ihre Entschlossenheit.
»Das ist Sandra Burg. Sie ist eine verdeckte Ermittlerin der Bundespolizei und arbeitet seit zwei Jahren an einem streng vertraulichen und sehr wichtigen Fall. Sie wurde in einen Menschenhändlerring eingeschleust, dessen Zentrale in Hamburg vermutet wird«, erklärt Marcus. Alle Augen sind auf den Bildschirm gerichtet.
»Vor vier Tagen hat sich Sandra nicht wie sonst bei ihrem Kontaktmann gemeldet. Normalerweise meldet sie sich alle 2 Tage, auch wenn es nur eine kurze Nachricht ist. Da Sandra kurz zuvor von einer Auseinandersetzung mit einem der Männer, mit denen sie eng zusammenarbeitet, berichtet hatte, macht sich ihre Einheit Sorgen, dass sie aufgeflogen sein könnte. Gerade als Frau wäre das fatal.« Marcus Blick traf meinen und ich musste schlucken.
»Was wissen wir über diesen Menschenhändlerring?«, fragte Luke.
»Es ist noch nicht viel über diese Organisation bekannt«, übernahm Leon die Antwort. Ich verdrehte die Augen. Natürlich war der Streber wieder einmal früher in den Fall involviert.
»Sandra hat schon einige Handlanger dieser Organisation identifiziert und gemeldet. Einige wurden auch schon eliminiert. Aber wer der eigentliche Kopf ist, das wissen wir nicht. Das liegt vor allem daran, dass sich der Drahtzieher noch nie persönlich gezeigt hat«, führte Marcus weiter fort.
»Wie arbeitet diese Organisation? Holt sie wahllos Leute von der Straße oder hat sie eine bestimmte Zielgruppe, zum Beispiel Prostituierte?«, frage ich, weil ich davon ausgehe, dass die meisten Opfer Frauen sind.
Auf dem Bildschirm erscheint eine Weltkarte mit mehreren Punkten. Einige sind größer, aber sie sind deutlich weniger vertreten als die kleineren. Die Punkte haben eine sehr hohe Dichte, vor allem in Europa, was bedeutet, dass hier wahrscheinlich die meisten Aktivitäten stattfinden.
»Die Punkte stellen die uns bekannten Vermisstenfälle dar, aber wir vermuten, dass die Dunkelziffer hier noch sehr hoch ist. Die größeren Punkte sind die Ballungsräume, die vor allem in den Großstädten liegen. Hamburg ist eine davon, deshalb gehen wir davon aus, dass hier alle Fäden zusammenlaufen«, erklärt Leon. Dann erschienen Hunderte von Gesichtern auf dem Bildschirm, Frauen und Männer. Ich betrachtete die Bilder und hielt automatisch den Atem an. Auf den ersten Blick sah ich alle Altersgruppen und Hautfarben.
»Unter den Vermissten sind alle Altersgruppen vertreten, von jung bis alt. Auch die Herkunft und Religion der Opfer scheint willkürlich, denn auch hier ist alles vertreten«, fährt Marcus fort. »Ihr seht also, wie brisant dieser Einsatz ist, nicht nur für Sandra. Die Bundespolizei versucht seit Jahrzehnten diesen Menschenhändlern das Handwerk zu legen, bisher ohne Erfolg. Sandra hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Es wird vermutet, dass es zu einer Eskalation kam und Sandra einen Tag später unfreiwillig versetzt wurde«.
»Die Bundespolizei hat eine letzte Nachricht von Sandra erhalten. Diese Nachricht konnte zurückverfolgt und vor zwei Tagen in der Nähe von Frankfurt geortet werden«, sagte Leon und tippte etwas in seinen Laptop.
»Das heißt, sie ist auf dem Weg nach Süden?«, fragte ich an Marcus gewandt. Marcus warf mir einen kurzen Blick zu und nickte. »Sieht so aus, aber das ist der letzte Standort von Sandra. Seitdem haben wir kein Signal mehr von ihr gefunden. Das heißt, wir haben noch kein Ziel, weil wir nicht wissen, wohin sie Sandra bringen.«
Luke atmete schwer aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Leon tippt weiter auf seinem Laptop herum und Marcus starrt weiter auf den Bildschirm. Ich lehne mich nach vorne, schüttle leicht den Kopf und spreche meine Gedanken aus: »Können wir die Karte noch einmal sehen? Vielleicht gibt es im Süden ein Ballungsgebiet, wo es Sinn macht, dass die Organisation auch dort sitzt und von dort aus arbeitet. Es muss einen Ort geben, wo sie ihre Opfer hinbringen und für den Verkauf vorbereiten.«
Leon nickt und macht ein paar Eingaben. Er sieht heiß aus, wenn er denkt. Wie er dabei seine Lippen verzieht und sich zwischen seinen Augenbrauen eine kleine Falte bildet. Beim Tippen spannen sich seine Brustmuskeln und führen einen aufregenden Tanz auf. Ich lecke mir über die Lippen, als Leon plötzlich aufblickt und sein Blick direkt auf meinen Mund fällt. Als sich unsere Blicke treffen, spüre ich ein Kribbeln in mir aufsteigen.
»Hast du einen Vorschlag?«, fragt Marcus plötzlich. Leon zuckt leicht zusammen und wendet sich wieder seinem Laptop zu. Er rutscht auf seinem Stuhl hin und her und sieht aus, als hätte man ihn beim Sex erwischt. Ich grinse und spüre, dass ich beobachtet werde. Ich schaue in die weit aufgerissenen blauen Augen von Luke, der seinem Blick nach zu urteilen genau weiß, was gerade passiert ist. Ich lächle ihn nur an und widme mich wieder dem Bildschirm.
»Einer der größten Ballungsräume ist München. Vielleicht bieten sich die Alpen an, da gibt es genug unberührtes Land, wo man die Opfer irgendwo hinbringen oder über die Grenze schmuggeln kann«, spekuliert Leon und Marcus nickt. »Dann grenzen wir das Gebiet ein und fangen an zu suchen. Vielleicht gibt es ein abgelegenes, ungenutztes Grundstück, von dem aus die Menschenhändler agieren. Es ist gut möglich, dass Sandra dorthin verschleppt wurde. Wir müssen sie finden. Wir alle wissen, was passiert, wenn sie herausfinden, dass sie eine Informantin und eine von uns ist.« Alle nicken oder murmeln zustimmend.
»In drei Stunden brechen wir auf. Bis dahin möchte ich die ersten Suchergebnisse haben und ihr solltet für den Einsatz bereit sein.«
Marcus sieht Leon an, der nickt, steht auf und verlässt mit seinem Laptop unter dem Arm den Raum. Auch Luke steht auf und geht in Richtung Ausgang. Ich folge ihnen.
»Sophia, auf ein Wort«, höre ich Marcus sagen. Ich straffe mich und bleibe stehen. Luke schaut von Marcus zu mir und presst die Lippen aufeinander. Ich schaue ihn an und drehe mich zu Marcus um. Der ist auch aufgestanden und lehnt mit verschränkten Armen am Besprechungstisch.
»Was ist los?«, fragt Marcus und schaut mir direkt in die Augen. Irgendwie fühle ich mich ertappt und sein durchdringender Blick macht mich immer ein wenig nervös. Trotzdem will ich mir nichts anmerken lassen, setze ein Lächeln auf und zucke leicht mit den Schultern.
»Was meinst du?« Marcus verzieht den Mund zu einem Grinsen und schnaubt. »Sophia, ich bin nicht blind. Ich sehe, was hier vor sich geht, und ich warne dich. Wir können keine Ablenkung bei unserer Arbeit gebrauchen.«
Ich ahnte, dass er es mitbekommen hatte. Er war zu gut, um etwas zu übersehen. Sogar so etwas, und das, obwohl er ein Mann war. Marcus war beeindruckend, in jeder Hinsicht. Das musste ich mir schnell eingestehen. Er strahlte nicht nur Macht aus, sondern auch etwas, das ich nicht richtig fassen und beschreiben konnte. Unnahbar, würden die meisten sagen. Aber eigentlich konnte man mit ihm reden und er hat uns auch an vielem teilhaben lassen. Aber das war immer nur beruflich. Alles, was ich über Marcus wusste, war sein beruflicher Werdegang. Sein privates Ich schien gar nicht zu existieren. Bevor ich ins Team kam, habe ich mich natürlich über ihn informiert, aber ich konnte nichts über sein Privatleben herausfinden. Das bedeutete meistens nichts Gutes. Das Problem war, dass ich mich zu geheimnisvollen, bösen Jungs mit viel Macht hingezogen fühlte. Marcus passte genau in mein Beuteschema. Manchmal musste man tiefer graben und Umwege gehen, um ans Ziel zu kommen. Als ich ihn das erste Mal traf, wusste ich, dass ich unbedingt ins Team musste, denn das versprach eine Menge Spaß und ließ meine Lipido sofort in die Höhe schnellen.
»Das ist mir schon klar, aber nach einem erfolgreichen Einsatz hat sich doch jeder ein bisschen Spaß verdient, oder?«, antworte ich und gehe ein paar Schritte auf ihn zu, bis uns nur noch wenige Zentimeter trennen. Marcus Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln. Ich sehe, wie sich seine Armmuskeln anspannen. Er richtet sich zu seiner vollen Größe auf und kommt mir noch ein Stück näher. Seine Ausstrahlung ist einnehmend. Er strahlt immer so viel Macht aus, das ist berauschend. Er ist heiß.
Sein Blick hebt sich und er schaut mir direkt in die Augen. Er hat ein blaues und ein grünes Auge, jedes für sich so beeindruckend und einzigartig. Sein Blick ist so intensiv, dass ich das Gefühl habe, innerlich zu verbrennen. Er rückt noch ein Stück näher, so dass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spüre.
»Natürlich dürft ihr Spaß haben, aber es sollte ein einmaliger Spaß sein. Sonst sucht ihr euch euren Spaß außerhalb des Teams. Haben wir uns verstanden?«, sagt Marcus streng.
Ich hielt die Luft an und beugte meinen Kopf vor. Ich musste mich ein wenig auf die Zehenspitzen stellen, um mit meinem Mund ganz nah an sein Ohr zu kommen. Ich spürte, wie er sich am ganzen Körper anspannte.
»Ich habe verstanden, Papa«, flüsterte ich ihm zu.
Ich trat einen Schritt zurück, sah ihm flüchtig in die Augen und drehte mich um, um zu gehen. Doch er griff nach meinem Handgelenk und zog mich an sich. Wieder hielt ich den Atem an und spürte die Wärme seiner Haut. Unsere Münder waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und ich blickte in seine wütenden Augen. Sein Blick wanderte zu meinen Lippen. Ein Kribbeln durchfuhr meinen ganzen Körper und fand sein Ziel in meinem Unterleib. Seine Hand umschloss fest mein Handgelenk und sein Griff schmerzte leicht. Marcus befeuchtete seine Lippen und sah mir wieder in die Augen.
»Ich weiß, dass du gerne spielst, Sophia.« Oh mein Gott, die Art, wie er meinen Namen aussprach, katapultierte mich direkt in eine andere Atmosphäre. Mein Puls raste und mir wurde heiß. Der harte Griff und die raue Stimme machen mich total scharf. Meine Wangen glühen und mein Unterleib zieht sich zusammen. Ich kralle meine linke Hand an seine Brust und spüre seine harten Muskeln unter dem T-Shirt. Auch sein Herz rast und ich muss lächeln. Marcus schaut mich an und ich sehe kurz so etwas wie Verlangen in seinem Blick aufflackern. Abrupt stößt er mich von sich und lässt mein Handgelenk los. Das Begehren ist der Verwirrung gewichen und nun ist er es, der mir etwas zuflüstert: »Hör auf mit den Spielchen!«.
Bevor ich mich rühren kann, schnappt sich Marcus seinen Laptop, geht an mir vorbei und bleibt kurz in der Tür zum Flur stehen.
»Sei pünktlich und abfahrbereit«, befiehlt er und verlässt mit schnellen Schritten den Besprechungsraum.
Ich reibe mein Handgelenk und atme tief durch. Ich bekomme eine Gänsehaut und mein Herz beruhigt sich. Ich lecke mir die Lippen und drehe mich zur Tür. In wenigen Minuten bin ich in meinem Zimmer und schlüpfe hinein. Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass ich noch genug Zeit habe. Ich schnappe mir meine Jacke, gehe hinaus auf den Flur und verlasse mit schnellen Schritten unser Quartier.

Die Bar ist fast leer, als ich eintrete. Ich gehe direkt zur Theke und setze mich auf einen Barhocker. Der Barkeeper bedient gerade einen Mann, der drei Plätze weiter sitzt. Als er fertig ist, kommt er auf mich zu. Er ist groß, hat dunkle Haare und sieht gut aus.
»Was kann ich Ihnen bringen?«, fragt er mich.
»Ich warte auf jemanden und hätte gerne ein Bier«, antworte ich und lächle ihn an. Ich beuge mich vor und berühre kurz seinen Arm. Er blickt auf meine Hand hinunter, schaut wieder auf und lächelt zurück.
»Klar, gerne. Ich komme gleich«, sagt er.
»Ich bin gleich wieder da, also vergessen Sie mich nicht«, erkläre ich und zwinkere ihm zu. Dann rutsche ich vom Barhocker und mache mich auf den Weg zur Toilette. Ich werfe einen kurzen Blick über die Schulter und sehe, wie der Barkeeper mir grinsend nachsieht. Vor den Toiletten befindet sich eine Tür mit der Aufschrift Privat. Ich drücke auf die Klinke und die Tür öffnet sich. Ich betrete den kleinen Abstellraum, lasse die Tür einen Spalt offen und ziehe meine Jacke aus. Eine andere Person betritt den Raum. Ich schaue über die Schulter und lächle.
»Mach die Tür zu und zieh dich aus!«
Ich ziehe den Gürtel aus meiner Hose und spüre wieder das Kribbeln am ganzen Körper. Ich öffne den Knopf meiner Hose, fahre mit der Hand unter meinen Slip, der schon feucht ist. Ich schließe die Augen und spüre starke Hände an meinen Armen, die langsam bis zu meinen Handgelenken wandern. Ich keuche auf, als sich eine Hand über meine legt und in meinem Slip verweilt. Ich sehe die intensiven blaugrünen Augen vor mir und höre die raue Stimme, die sagt: »Hör auf mit den Spielchen und fick mich!«.


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