Kapitel 6

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Marcus

Ich atmete so leise wie möglich und versuchte, jedes Geräusch um mich herum wahrzunehmen. Ich suchte meine Umgebung mit den Augen ab, aber ich konnte nichts entdecken. Keine Bewegung war zu sehen oder zu hören. Nur aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass Luke genauso erstarrt war wie ich.
Vor einigen Sekunden hatten wir Geräusche und Bewegungen auf der anderen Seite unseres Standortes wahrgenommen, aber wir konnten keine Menschen, keine Schüsse oder irgendetwas anderes ausmachen. Sophia und Leon mussten dort sein, wenn sie meinen Anweisungen gefolgt waren. Da nun alles ruhig schien, senkte ich meinen rechten Arm und gab Luke mit einer Handbewegung ein Kommando. Daraufhin bewegte er sich so wenig wie möglich und ich hörte, wie er einige Funksignale aussandte. Als er fertig war, warteten wir. Meine Einheit hatte eine geheime Funksprache, mit der wir uns in kritischen Situationen fast lautlos verständigen konnten, ohne dass es Unbeteiligte verstanden. Die Signale waren natürlich so gut wie unbekannt und von uns selbst entwickelt worden.
Ich lauschte gespannt und suchte meine Umgebung weiter nach möglichen Gefahrenquellen ab. Aber es passierte nichts. Die Funkverbindung blieb still. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit, aber ich musste ruhig bleiben. Vielleicht machte Sophia auch einfach wieder das, was sie wollte. Es würde mich nicht wundern. Allerdings hatte sie Leon an ihrer Seite, der sich immer an alle Regeln hielt und auch Sophia dazu bringen konnte. Als immer noch nichts passierte, fasste ich einen Entschluss. Ich hob meine linke Hand und deutete nach vorne. Damit gab ich Luke zu verstehen, dass wir weitergehen würden. Dann setzte ich mich in Bewegung und versuchte, mich mit jedem Schritt so leise wie möglich durch das Unterholz des Waldes zu bewegen. Luke tat es mir gleich und folgte mir. Mit gezückten Waffen näherten wir uns dem schwach beleuchteten Eingang.
Als wir näher kamen, sah ich, dass der Eingang mit einer Eisentür verschlossen war. Neben der Tür hing eine Fackel, die etwas Licht spendete. Luke ging an mir vorbei und stellte sich mit dem Rücken zum Eingang, um den Wald hinter uns im Auge zu behalten. Wir wussten nicht, was oder besser wer uns erwartete und mussten auf alles gefasst sein. Luke nickte mir kurz zu und ich ließ das Gewehr los und zog es mir auf den Rücken. Langsam ging ich auf die Tür zu und betrachtete den Rahmen genauer. Als ich mir sicher war, dass ich durch die Berührung nichts auslösen würde, tastete ich erst den Rahmen und dann die Tür nach möglichen Fallen ab. Es war eine Stahltür, die keine Klinke hatte, sondern nur einen Hebel. Ich konnte kein Schloss erkennen, mit dem man die Tür hätte öffnen können. Auf den ersten Blick schien der Eingang auch so stabil zu sein, dass es mir unmöglich erschien, die Tür mit Gewalt zu öffnen. Leider hatten wir auch keinen Sprengstoff dabei, aber das hätte auch zu viel Aufmerksamkeit erregt. Ich wollte das Überraschungsmoment ausnutzen und das würde so nicht funktionieren.
Plötzlich sah ich, wie Luke sich versteifte, und im nächsten Moment hörte ich Schüsse. Sofort sprangen wir gleichzeitig zur Seite und suchten bei der nächsten Gelegenheit Schutz. Luke konnte sich hinter einigen größeren Steinen verstecken und ich suchte Deckung hinter einem Baum. Ich spürte, wie mich mehrere Kugeln verfehlten und an mir vorbeischossen. Aus der Richtung, aus der die Schüsse kamen, nahm ich Bewegungen wahr und Schatten kamen auf uns zu. Ich zog meine Waffe und erwiderte das Feuer. Wegen des diesigen Wetters und des dichten Waldes war es jedoch schwierig, die Schatten zu verfolgen und zu treffen.
Im nächsten Moment hörte ich einen Aufschrei und als ich mich umdrehte, sah ich das Luke von zwei dunklen Gestalten von hinten angegriffen wurde. Danach schweifte mein Blick unmittelbar zu der Tür und stellte fest, dass diese offen stand. Die Angreifer sind scheinbar von dort gekommen. Luke kämpfte und bäumte sich gegen die beiden Angeifer auf. Ich zielte auf die Angreifer, aber aufgrund des Handgemenges und die schnellen Bewegungen, hatte ich keine klare Schusslinie. Bevor ich schoss, wollte ich sicher sein, das ich Luke nicht traf.
Plötzlich riss mich ein Arm nach hinten und schloss sich um meinen Hals. Ich wurde gegen eine harte Brust gedrückt und der Arm drückte fest gegen meinen Hals. Ich ließ meine Waffe los und versuchte, mich gegen den eisernen Griff zu wehren. Wie konnte ich überhören, dass sich jemand von hinten an mich heranschlich? Ich ärgerte mich über meine Unachtsamkeit, aber ich konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn ich bekam keine Luft mehr. Ich warf meinen Kopf nach hinten, um meinen Angreifer zu treffen, aber er wich mir aus. Dann versuchte ich, mich mit dem Arm von ihm wegzudrücken, aber es gelang mir nicht. Langsam sah ich schwarze Punkte vor meinen Augen und konnte kaum noch atmen.
Dann sah ich, wie Luke zu Boden ging und regungslos liegen blieb. Wut stieg in mir auf und das Adrenalin in meinem Blut sorgte dafür, dass ich meinem Angreifer mit dem Ellbogen in die Rippen schlug. Der Griff lockerte sich und ich konnte den Arm meines Angreifers greifen. Sofort drehte ich mich um die eigene Achse aus der Umklammerung heraus und brachte meinen Angreifer zu Fall. Ich drehte den Arm noch einmal und ein Schmerzensschrei ertönte. Eine tiefe Stimme enttarnte meinen Angreifer als Mann und ich zwang ihn auf die Knie. Ich zog mein Messer und setzte es ihm an die Kehle.
»Wer seid ihr?«, fragte ich ihn. Meine Stimme klang heiser und ich biss wütend die Zähne zusammen. Ich hörte den schweren Atem des Mannes und ein leises Stöhnen. Hinter mir raschelte es und Schritte kamen auf mich zu. Da ich wusste, was passieren würde, wartete ich nicht lange. Ich nahm das Messer und stieß es dem Mann vor mir in die Brust. Er schrie erstickt auf und im selben Moment wurde ich nach hinten gerissen. Ich landete hart auf dem Boden, zog Arme und Beine an mich, um Schläge und Tritte abzuwehren. Als ich nach oben blickte, sah ich eine vermummte Gestalt über mir und einen Stiefel, der direkt auf mein Gesicht zusteuerte. Ich konnte nicht schnell genug reagieren und spürte im nächsten Moment einen stechenden Schmerz. Kurz darauf wurde alles schwarz.

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