Mein Handy klingelt, und ich ignoriere es.
Seit gestern bekomme ich ständig Nachrichten von der Person, mit der ich nichts mehr zutun haben will. Seine Worte haben mich verletzt. Ich war nicht dazu bestimmt diese Worte zu hören, dennoch bin ich froh sie gehört zu haben. Jetzt habe ich realisiert, was für ein naives kleines Kind ich die ganze Zeit war. Jude zu glauben, er würde sich für mich interessieren. Für mich! Ich bin doch genau das, wofür ich immer gemobbt wurde. Deswegen habe ich auch keine Freunde gehabt und diese kurze Phase mit Jude ist wohl jetzt auch vorbei.
"Wenn du dieses verdammte Handy nicht gleich ausschaltest, werde ich es in den Müll schmeißen." flucht Amara. Ich verdrehe meine Augen. Seine unzähligen Nachrichten werden nichts bringen. Ich werde ihm nicht verzeihen.
"Kannst du mir jetzt bitte sagen, was Jude dir angetan hat? Du ignorierst ihn die ganze Zeit." Amara beißt an ihrem Sandwich ab. "Worte können verletzen." Dass ist das einzige was ich sage. Sie schaut verwirrt.
Genauso verwirrt schaue ich, als es plötzlich klingelt. Amara schaut zur schwarzen Tür. "Vielleicht ist es Marie." Sie steht auf. Marie ist es nicht. Sie war doch schon gestern hier. Mama und Papa sind auf der Arbeit. Zum Glück sind wir in zwei Tagen endlich wieder in England. Dann habe ich Ruhe von diesem Stress.
Sie öffnet die Tür und als ich Jude sehe, falle ich von der Couch. "Hi Amara. Ist Deli zu zuhause?" Seine Stimme ist komisch. So besorgt? Ach Quatsch, was bilde ich mir eigentlich ein? Amara ist kurz still. Von einem Schlitz sehe ich, wie sie zur Couch blickt. "Gerade nicht. Soll ich ihr etwas sagen?" Amara ist gut. Sie lügt gut. Das hat sie auf jeden Fall nicht von mir. "Ja, sag ihr bitte, dass ich da war. Sie soll mir bitte schreiben." Amara nickt ruhig. "Klar, mache ich." Zum Abschied umarmen sie sich. "Wir sehen uns in England, Darling." Dieses Darling. Wie ich dieses Wort verabscheue.
Die Tür schließt sich und mein Kopf erhebt sich. "Der scheint ja richtig mitgenommen zu sein. Hast du seine Augenringe gesehen?" Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Nein, habe ich nicht. Ich will sie auch nicht sehen." Ich seufzte. "Weiß Mama davon?" fragt sie mich. Ich schüttle den Kopf. Es war ja auch erst gestern und außerdem will ich ihr nicht die Freundschaft mit Dee kaputt machen.
"Mama wird sicher fragen, prob schonmal wie du lügst." Sie lacht mich aus. "Haha, sehr witzig." Ich werfe ein Kissen nach ihr.
*
Endlich ist es soweit, und wir sitzen im Flieger nach Hause. Für mich ist England mein zu Hause. Nottingham, meine Großeltern und natürlich London. Der Privatjet steht für uns schon bereitgestellt, als wir gerade mit dem Auto dorthin fahren. Wir steigen aus und gehen in den Jet, als wir von der ganzen Crew begrüßt werden und wir uns hinsetzen. Dann dauert es nicht lange, bis wir in der Luft sind.
Nach genug Spielen mit der Familie landen wir in Nottingham. Die Kälte kommt uns zugegen und ich bemerke, wie ich jedes Mal vergesse, wie kalt England eigentlich ist. Die Freude steigt, als ich in der Einfahrt meiner Großeltern stehe, und sie schon am Fenster stehen sehe. Mit einem breiten grinsen laufe ich zu Tür, die mir von meiner Großmutter geöffnet wird. "Grandma!" kreische ich voller Freude und umarme sie. Gleich darauf ist natürlich mein Großvater dran. "Oh my sweetheart!" Worte können ein Herz erwärmen. Genau wie die Worte meines Großvaters, den ich schon viel zu lange nicht mehr gesehen habe.
In meinem Zimmer im Erdgeschoss richte ich es mir für die nächsten paar Wochen her, indem ich meine Klamotten in den Schrank und meine Pflege Sachen im Bad tue, was ich mir zum Glück nicht teilen muss, weil alle anderen oben in der ersten Etage schlafen.
Als ich fertig bin und auf die Uhr schaue, bemerke ich wie spät es schon ist. Ich komme aus meinem Zimmer heraus und geselle mich zu den anderen, die auf der Couch sitzen und eine Weihnachtsshow schauen. Meine Mutter hat natürlich schon alle Geschenke unter den Baum verteilt-sie liebt Weihnachten. Manchmal denke ich sogar mehr als mich.
"Komm her, my love." Der Spitzname meiner Oma bringt mich zum grinsen, als ich mich neben ihr setze. "Mum hat mir erzählt, dass du verliebt bist. Erzähl mir doch mehr." Ich schaue sofort zu meiner Mutter. "Ich bin nicht verliebt!" meine ich sofort. Mum hebt die Augenbrauen. Oma lacht. "Schäm dich nicht. Erzähl mir mehr, wie hieß er gleich? Judith?" Ich lache. "Zuerst sind Jude und ich nur Freunde." lüge ich.
Wir sind keine Freunde mehr.
"Dee und ihre Jungs sind auch in England. Wir treffen uns morgen mit ihr, Schatz." Ich lenke meine Blicke zu meiner Mutter. "Wir?" fragt Amara, als sie gerade ins Wohnzimmer kommt. "Ja, wir treffen uns in London. Ihr kommt mit." Ich stöhne auf, während Amara sich hingegen freut. "Ich habe keine Lust." sage ich. "Wieso das denn? Jude kommt mit, dann habt ihr doch Spaß?" Es klingt wie eine Frage. "Ich möchte mich erstmal erholen, Mum." Sie kneift ihre Augen zusammen. "Du kommst mit, keine Widerrede."
Wie soll ich das nur überstehen?