-Kapitel 6-

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Nie hätte sie gedacht, dass ihr erster Tag so anstrengend sein würde und leider war er noch nicht vorbei.

Noch eine Stunde bis es einundzwanzig Uhr war und sie endlich duschen gehen konnte.
"Woher kennst du eigentlich Terry?" Mina hatte diese Frage schon die ganze Zeit im Kopf.
"Er hat hier geklopft und meinte, dass er mal seine Nachbarn kennenlernen will und woher kennst du ihn?" Wirkliche Nachbarn waren sie ja nicht. Terrys Zimmer lag auf der anderen Flurseite und ungefähr fünf Türen weiter.
"Ich hab im Flur seinen Ball im Gesicht abbekommen", sagte Mina und lehnte sich an die Wand. Ihre Beine streckte sie auf dem Bett aus und sah Siller an, die anfing zu lachen und sagte:
"Das ist ja mal wieder typisch für dich." Mina verstand gar nicht, was sie meinte. Klar war sie oft tollpatschig, aber dafür konnte sie ja nichts.
"Du bist selber nicht besser", gab Mina zurück. Sie erinnerte sich daran, wie Siller in der Bibliothek gestolpert war, gegen eim Regal lief und dieses umfiel, da es ziemlich unstabil war. Alle in der Bibliothek hatten sich zu ihr gedreht und:
"Scht", gezischt. Siller hatte nur die Augen verdreht und sich still und heimlich aus der Bibliothek geschlichen. Das Chaos blieb zurück und andere mussten sich darum kümmern.
"Ich weiß genau, voran du denkst, aber der Vorfall mit der Spindtür war ja auch nicht viel besser", lachte Siller. Mina wollte gar nicht daran denken. Das war das peinlichste, was ihr jemals passiert ist.
"Das sah aber auch zum wegschmeißen aus." Siller hatte oft die Angewohnheit Mina auszulachen, aber wahrscheinlich hätte sie selbst darüber gelacht, wenn es nicht ausgerechnet ihr passiert wäre. Sofort lief der Film in ihrem Kopf ab.

Gemütlich schlenderte sie den Flur mit Siller entlang. Prompt knallte sie mit dem Kopf gegen die offene Spindtür. Diese knallte zu und schlug dann wieder auf. Erneut knallte sie gegen Minas Kopf und sie durfte zwei Wochen mit einem blauen Fleck auf der Stirn rum laufen.

"Ich würde sagen, wir sind beide tollpatschig", stellte Mina fest und langweilte sich wieder. Ab und zu hörte man Schritte von draußen und Mina sah auf die Uhr. Es war schon einundzwanzig Uhr dreißig. Sie würde noch eine halbe Stunde warten, bis sie duschen ging. Mina beschloss noch einmal nach draußen zu gehen. Sie wollte die Duschen doch schon früher sehen, bevor es noch eine böse Überraschung gab. Mina kroch von ihrem Bett und verließ das kleine Zimmer. Sie lief an Terrys Zimmertür vorbei und nun sah sie auch das Schild, welches in das Badezimmer führte. Schwungvoll öffnete sie die Tür und hörte das Wasser rauschen. Eigentlich wäre es jetzt Sinnvoll gewesen, sich einfach umzudrehen und zu gehen, aber Mina lief einfach weiter. In der Hoffnung sie würde niemanden sehen, schlich sie weiter durch die großen Räume. Sie lief einen graden Gang entlang, an dem an der rechten Seite Waschbecken hingen. Der Gang teilte sich am Ende nach links und nach rechts. Da das Wasserrauschen von links kam, ging Mina nach rechts. Dort fand sie mehrere Kabinen mit Toiletten. Mina hörte das Quietschten der Dusche, wie sie ausgeschaltet wurde und sah sich hektisch um. Klar war sie jetzt ein Junge, aber sie wollte nicht wirklich einen halbnackten Jungen sehen. Sie rannte auf eine Toilette, knallte die Tür zu und drehte das Schloss um. Sie hockte sich auf die Toilette und hörte das Klatschen von FlipFlops. Nachdem sie nichts mehr hörte, öffnete sie leise die Tür und tappste zum Eingang. Vorsichtig guckte sie in den Gang, wo die ganzen Waschbecken waren und entdeckte zum Glück niemanden. Erleichtert atmete sie aus und ging geradeaus weiter, in die Duschen. Anscheinend waren Mina und Siller nicht die einzigsten, die nach einundzwanzig Uhr duschen gingen, und sich somit nicht an die Regeln hielten. Mina sah um die Ecke und entdeckte, dass die Duschen mit Vorhängen abgetrennt wurden. Wenigstens ein Vorteil. Mina rannte schnell in ihr Zimmer, suchte ihre Sachen zusammen und lief wieder zurück zu den Duschen. Sie zog einen Vorhang auf, stellte sich in die Dusche und zog den Vorgang wieder zu. Ihr Shirt hing sie oben auf die Stange und wickelte das Band um ihrer Brust ab, welches sie dann auch über die Stange schmiss. Mit einem Quietschen ging die Dusche an und Mina summte ein Lied vor sich hin. Sie sang gerne, doch vor anderen mochte sie es überhaupt gar nicht. Endlich hatte sie den Geruch von Chlor nicht mehr in der Nase. Mina trocknete sich ab und machte sich wieder fertig. Das enge Band schnürte ihr wieder die Brust weg und die Perücke verdeckte ihre langen Haare. Frisch geduscht und gut gelaunt lief sie zu den Waschbecken, um sich dort die Zähne zu putzen. Sie sah in den Spiegel und erkannte die braunen Augen ihres Bruders. Mina ähnelte ihm wirklich sehr, mit der Haarfarbe und der Augenfarbe. Wieder summte sie vor sich hin, hatte aber die Zahnbürste im Mund.
"Du solltest vielleicht nicht mit einer so hohen Stimme summen", sagte jemand und Mina erschrak. Im Spiegel sah sie Siller, die mit einem Handtuch und frischen Sachen in der Hand hinter ihr stand.
"Ja", nuschelte Mina mit der Zahnbürste. Siller grinste sie an und lief in die Duschen. Langsam hatte sie wirklich keine Lust mehr darauf, auf alles achten zu müssen. Vielleicht aber würde das vergehen, wenn sie endlich Fußball spielen könnte. Bammel vor dem Probetraining hatte sie trotzdem, da sie immer dachte, dass sie nicht die beste im Fußball war, obwohl das absolut gar nicht stimmte.
"Ich bin echt mal gespannt auf die ganzen Typen", sagte Siller plötzlich, die sich neben Mina gestellt hatte.
"Du weißt aber, dass das nicht geht", sagte Mina und spuckte die Zahnpasta in das Waschbecken.
"Wer weiß", sagte Siller und fing ebenfalls an, ihre Zähne zu putzen. Mina packte ihre Sachen und lief ins Zimmer. Der kleine Raum war ziemlich öde. Vielleicht würde sie die Wände mal streichen oder zumindest ihre Zimmer helfte. Bilder wollte sie nicht aufhängen, da sie es nicht mochte, Bilder aus der Vergangenheit zu sehen. Auf Bildern lachte man immer und manchmal, war dieses Lächeln einfach nicht echt. Mina legte sich in ihr gemütliches Bett und sah an die Decke. Sie wusste jetzt schon, dass die Zeit auf dem College aufregend werden würde.

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