Kapitel 14 - Grosses Theater

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Die Sonne schien durch die hohen Fenster des Theatersaals.

Frau Lautner hatte uns erneut im Halbkreis gesammelt, diesmal allerdings um ein Klavier, das normalerweise in der Ecke verstaubte. Ich hatte nicht gewusst, dass unsere Lehrerin spielen konnte, doch nun stellte sie sich neben den Hocker und schaute begeistert in die Runde.

„Also gut! Heute werden wir die Lieder gemeinsam durchgehen. Ich habe euch die Noten mitgebracht und wir werden sie uns gleich noch anhören. Danach möchte ich die Solos üben und wenn uns dann noch Zeit bleibt, sprechen wir das Theaterstück einmal als Ganzes durch. Sonst verschieben wir das auf nächsten Freitag."

Ich starrte sie an, als sie einen Stapel Blätter durch die Reihen gab.

Sie wollte das Theater komplett durchspielen?

Nein, oder?

In der letzten Stunde hatte ich mir überlegt, was ich zu Nia sagen sollte und war zu keinem Ergebnis gekommen.

Zumindest zu keinem, das mich nicht in eine Ecke gedrängt zurückgelassen hätte, weil ich zugeben musste, dass ich mir in den letzten Tagen Sorgen um ihn gemacht hatte.

Ich war noch immer verstimmt wegen des Zwists, den wir noch nicht beigelegt hatten, aber ein kleiner Teil von mir hatte angenommen, dass wir beim Proben reden könnten und so hatte ich mich nach der letzten Stunde in eine Nische zurückgezogen und so getan, als würde ich mich nur für meine Musik interessieren.

Nia war von allen Seiten belagert worden und wie schon vermutet, versuchten sie ihn über die letzten Tage auszuquetschen.

Er war den Fragen allerdings ausgewichen und hatte gesagt, dass er nicht über seine Abwesenheit sprechen wolle, was ihm eine ganze Menge Ooohs und Aaahs einbrachte.

Ich hatte meine kümmerlichen Notizen hervorgekramt und versucht, sie aus meiner Erinnerung heraus zu vervollständigen, was mir nicht wirklich gelang, weil ein paar der Mädchen bei Nia auf Tuchfühlung gehen wollten, um ihr 'Mitgefühl' auszudrücken und ihr Gackern mich ständig aus meinen Gedanken riss.

Ich hätte fast mein Zeug zusammengepackt und wäre gegangen, aber Nia wich den grapschenden Händen geschickt aus und seltsamerweise legte sich das komische Gefühl in meinem Magen daraufhin.

Die Fragerei ging mir aber dennoch auf die Nerven. Besonders, als sie wissen wollten, ob er etwas mit Janine am Laufen habe.

Interessierten die sich überhaupt für Nia und wie es ihm ging?

Oder wollten sie nur wissen, ob sie noch eine Chance bei ihm hatten?

Genau so hatte es nämlich geklungen, als eine von ihnen gurrte: „Würdest du denn heute schon etwas mit mir unternehmen wollen?" und eine andere ihn anhimmelte mit einem: „Du siehst aber gut aus, Nia", das zuerst so klang, als hätte sie sich Sorgen um seine Gesundheit gemacht, bevor sie es mit einem gehauchten: „Sehr gut", ruinierte.

Es war nichts auch nur annähernd Einfühlsames mit dabei gewesen und obwohl ich natürlich wusste, dass niemand in seiner Familie gestorben war oder einen Unfall gehabt hatte, hätte es doch sehr wohl sein können und dann musste man sich bestimmt nicht so ranschmeissen.

Es schien diesen Harpyien aber nur um sich selbst zu gehen und das machte mich gallig.

Nia hingegen schien es nicht zu kümmern, dass sie kein Taktgefühl besassen, denn er hatte alles mit einem Lachen quittiert.

Nun lehnte er an einem der Seitentische und ich verzog grimmig den Mund.

Hatte er Frau Lautners Bemerkung nicht mitbekommen?

Hinter der Bühne (AT)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt