9 - Tauschrausch

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Dieses neue an ihm gab ihm das Gefühl wertvoll zu sein, etwas besonderes zu sein.
Er strich sich durch die frisch blondierten Haare. Irgendwie sah es wahnsinnig gut aus an ihm.

Trotz seiner Limitierten Kleiderauswahl, die Leo für ihn eingeschränkt hatte, hatte er mehr als genug Klamotten. Und jene die er hatte, sahen super aus.

Aber dennoch fühlte er sich so trotzdem unwohl. Wie sollte er sich denn auch wohl fühlen, wenn er selbst die wichtigen Entscheidungen nicht mehr traf?

Mit seinen neuen Freunden durfte er es sich nicht versauen. Aber er wollte sie gar nicht als Freunde. Und auch seine Hobby waren drastisch reduziert worden. Ohne jegliche Zustimmung. Jetzt war er jemand ganz anderes. Vielleicht hatte ihn das motiviert zu rappen.

Er sah in den Spiegel. Als er sich umdrehte, erkannte er, dass sich das Zimmer geändert hatte. Gruselig.

Hatte er sich einfach an den Tausch gewöhnt oder sahen sie mittlerweile so gleich aus, dass er sich selbst nicht mehr erkennen konnte?

Egal was es davon war, er wusste der Tausch würde nicht lang dauern. Oder zumindest dachte er es. Denn es vergingen ein paar Minuten, in denen er in den Spiegel starrte.

"Essen!" brüllte eine Männliche Stimme vor der Zimmertür.
Leos Herz machte einen Satz. Fast hätte er es vergessen. Sein Vater. Ungewollt schnell machte er sich auf den Weg in die Küche.

"Mensch willst du etwa heute mal mit uns zusammen essen?" fragte Victoria, seine Mutter, mehr als nur Begeistert.

"Ja warum nicht.", entgegnete Leo, so gleichgültig wie er nur konnte.
Im seinem Inneren brodelte es zwar vor lauter Aufregung und gemischter Emotionen, doch er musste den Schein waren. Wenn er sich zu seltsam benahm, würde es ihnen auffallen.

Er nahm sich eine Portion und setzte sich mit an den Tisch.

Man sah dass hier ein Mann lebte. Sie hatten zwar dieselbe Küche wie er drüben, doch es gab eine Menge kleiner Hinweise, auf einen Vater. So stand in einer kleinen Ecke unter einer Kiste Wasserflaschen, ein Kasten Bier. Und die Kissen auf dem Sofa waren achtlos in eine Ecke geworfen worden. Auch der Grill im Garten, den man durch die großen Fenster sehen konnte, war nicht verrostet und dreckig. Sondern ordentlich gepflegt.

Er war sich nicht so richtig sicher darüber, was er mit dem neuen Familienmitglied anfangen sollte, also schwieg er. Dennoch wich seine Aufregung kein Stück.

"Leo geht es dir gut?", hörte er seine Mutter fragen.

Er nickte schnell. Dann wurde ihm schwammig. Leondre schloss seine Augen. Als er sie wieder öffnete, befand er sich in einem Bus. Verwirrt sah er auf die Anzeige, diese war allerdings defekt.

Beim nächsten Halt stieg er aus. Na super gemacht. Jetzt war er irgendwo im Nirgendwo und wenn er Pech hatte dürfte er einige Zeit auf den Bus zurück warten.

Er stellte die Musik auf den Kopfhörern leiser. Jetzt grade vermisste er sein altes einseitiges Leben. In solchen Situationen konnte er sich nichts schlimmeres vorstellen. In einem unbekannten Gebiet auf den Bus zu warten war eine Endstufe.

Er seufzte. Zwar hatte er ungelesene Nachrichten, doch ignorierte er diese mit bloßer Absicht.
Wieso hatte Leo ihm das angetan?

SYSTEMFEHLER ~ Bars and Melody ᵈᵉᵘᵗˢᶜʰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt