Ein Fae wie jeder andere

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„Wohin wurde der Verdächtige gebracht?", frage ich, in der Vermutung, dass es dem Fae-Bediensteten, der den König ermordet vorgefunden hat, nicht gestattet ist, sich weiterhin frei im Schloss und auf dem Gelände zu bewegen.

„Ich weiß, sowohl er als auch die Zeugen wurden bereits befragt und was sie ausgesagt haben ist mir aufgrund der Akte ebenfalls bekannt. Doch ich würde mich gerne selbst mit ihnen unterhalten, bevor ich urteile."

Mit Sicherheit hat sich die Polizei, ob bewusst oder ungewollt, davon einnehmen lassen, bereits einen Verdächtigen zu haben, und die Befragungen daraufhin nicht ganz so detailreich gestaltet und dokumentiert.

Insbesondere mit jenen, die im hiesigen Flugrattenverschlag arbeiten, werde ich mich unterhalten müssen, da die Tatsache, dass sich Flugratten im königlichen Gemach herumgetrieben haben, neu und noch nicht in der Akte vermerkt worden ist.

Was genau hatten die kleinen Botentiere im königlichen Gemach zu suchen? Sind sie für das Verteilen des ganzen Fae-Staubs verantwortlich?

„Das dachte ich mir bereits", meint Zabel in diesem Moment zu meinem Anliegen, während Herr Falkenauge uns weiter durch die Schlossgänge führt.

„Deshalb habe ich die Bewohner Hohenhains gebeten, sich zu versammeln. Die der Königsfamilie und des Adels halten sich in einem der Gemeinschaftssäle dieses Stockwerks auf. Die Bediensteten sowie verfügbaren Soldaten haben sich in der Küche eingefunden. Sie alle stehen unter höchster Verschwiegenheit."

„Natürlich", wispere ich.

„Wir beginnen mit den hohen Damen und Herren, damit sie nicht länger warten müssen", meint Herr Falkenauge. Wir bleiben vor einer Tür stehen, die größer ist als die zum königlichen Gemach und über zwei Flügel verfügt, jeweils bewacht von einem stramm stehenden Mann in der olivgrünen Uniform Yumandas und mit einem Gewehr über der Schulter.

Zabel nickt im gleichen Moment, in dem ich ein entschiedenes „Nein!" verlauten lasse. Sowohl die beiden Soldaten als auch Herr Falkenauge sehen mich an. Auch der mahnende Blick meines alten Freundes durchbohrt mich regelrecht, hält mich aber nicht von meinem Vorhaben ab.

Ich weiß, dass ich damit wahrscheinlich eine ungeschriebene Grenze überschreite, dennoch, ich muss zuerst mit dem Hauptverdächtigen reden. Ich möchte mir selbst ein Bild von ihm machen, bevor ich mich den Schilderungen anderer Personen widme, die möglicherweise voreingenommen sein könnten.

„Ich verlange erst den Verdächtigen zu sehen, bevor wir uns den Zeugen widmen!"

Missbilligend verengt Herr Falkenauge die Lider, sodass sich eine tiefe Falte zwischen seinen Brauen bildet, und Zabel funkelt mich nach wie vor verärgert an. Selbst wenn ich ihn nicht direkt ansehe, spüre ich es nahezu auf meiner Haut. Wie ein brennendes Prickeln, das von meinem Nacken aus durch meine Glieder zieht.

„Bist du des Wahnsinns?", zischt er.

„Ich möchte erst zu unserem Verdächtigen gebracht werden, dann kümmere ich mich um die anderen", wiederhole ich meine Forderung, ohne auf seine Worte einzugehen, den Fokus dabei fest auf Herrn Falkenauge gerichtet. „Bringen Sie uns zu ihm oder es geht hier nicht weiter!"

„Das kann doch nicht dein Ernst sein?", fährt Zabel mich von der Seite her an, verstummt aber, als ich mich ihm zuwende und alle Entschlossenheit in meinen Blick lege. Seufzend reibt er sich die Stirn und dreht sich zu Herrn Falkenauge.

„Da mein Kollege hier es, soweit ich ihn kenne, absolut ernst meint, und wir den Fall so schnell wie möglich abschließen wollen, schlage ich vor, Sie tun, was er verlangt. Um die Konsequenzen", ein beinahe animalisches Knurren entfährt ihm, „kümmern wir uns später!"

Detektiv Schwarzherz und der Fall des Königs - überarbeitete VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt