Sillír

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Unruhig dreht Sillír sich von einer Seite auf die andere. Er hat lange nicht mehr auf einer derart gemütlichen Schlafstätte gelegen. Bis auf jene grauenhaften Nächte, in denen der König ihn zu sich in sein Bett bringen ließ, hat er ausschließlich auf einer kleinen Pritsche in der Besenkammer schlafen müssen, die zudem viel zu klein gewesen ist. Da war die Strohmatte im Kerker fast schon angenehmer gewesen.
  
Dennoch kann er auch jetzt, wo er eine weiche Matratze unter sich und eine Decke um seinen Körper geschlungen hat, die ihm zumindest etwas Wärme gibt, kein Auge zutun. Etwas hält ihn wach, ein ungutes Gefühl, das sich in seiner Magengegend festgesetzt hat. Eine Vision rast an seinem inneren Sichtfeld vorbei.
  
Die Vision, welche er noch am Vortag gesehen hat, kurz nachdem er das Gesicht des Mannes berührte, in dessen Wohnung er sich jetzt befindet. Eine Vision von ebendiesem Menschen, der auf nächtlicher Straße in die Knie gesunken ist, bevor jemand hinter ihn tritt.

Ein weiterer Mann, gekleidet in einen dunklen Mantel, der ihm ein Messer an die Kehle hält. Ohne Mühe durchtrennt die Klinge Haut, Fleisch und Sehnen, Blut quillt aus einer langen Wunde.
  
Sillír stößt ein gequältes Seufzen aus und dreht sich auf den Rücken, sein Blick wandert an die Decke, die in der Dunkelheit bläulich schimmert. Regen trommelt gegen die Scheibe des kleinen Schlafzimmerfensters.
  
Warum macht er sich eigentlich so viele Gedanken? Es ist nur eine Vision gewesen, die sich nicht unbedingt bewahrheiten muss. Zudem handelt es sich bloß um das Leben eines Menschen. Die Menschen sind diejenigen, die für das Leid der Fae, sein eigenes Leid, verantwortlich sind. Also, wieso nur macht er sich so viele Gedanken um diesen einen Mann?
  
Andererseits ist ebendieser wohl der einzige, der nicht nur an seiner Unschuld festhält, sondern ihm auch versichert hat, den wahren Königsmörder zu finden und ihn zurück in sein Land zu bringen. Er ist sein einziger Weg hier heraus.
  
Ich sollte mir sichergehen!, denkt Sillír und richtet sich entschlossen auf.

Draußen ist es kühl und düster, der Nachthimmel behangen von dichten Wolken, aus denen unermüdlich kräftiger Regen fällt

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Draußen ist es kühl und düster, der Nachthimmel behangen von dichten Wolken, aus denen unermüdlich kräftiger Regen fällt. Sillír kümmert sich nicht weiter darum, seine Kleidung ist dick und eng genug, dass sie vorerst kein Wasser durchlassen wird. Der orangegelbe Schein der Straßenlaternen wirkt verschwommen, doch auch das hält ihn nicht auf.
  
Da Sillír sich nicht in Westhaven auskennt, hat er keine Ahnung, wohin er sich wenden muss, selbst wenn dieser Schwarzherz ihm mitgeteilt hätte, wo er hingegangen ist.

Stets hat der König darauf geachtet, dass er in seiner Nähe blieb und außerdem nicht zugelassen, dass er das Schloss verlässt. Ausnahmen sind einzig Spaziergänge im Garten gewesen, der zwar einem Park gleicht, der freien Natur seiner Heimat jedoch in keiner Weise nachkommt.
  
Ein schmerzhafter Stich in die Brust lässt Sillír scharf durchatmen. Er vermisst seine Welt, sehnt sich danach, zurückzukehren. Dorthin, wo große Wälder das Land bedecken, bunte Pilze und Gewächse leuchten. Wo schlanke Vögel mit schillerndem Gefieder, die er einst so oft zum Wettfliegen herausforderte, die Lüfte beherrschen.
  
Umso wichtiger ist es, dass ich ihn finde, denkt Sillír und er zieht die Augenbrauen etwas zusammen. Einzig er vermag mich zurückzubringen!
  
Und so schließt er die Augen, um sich leiten zu lassen, während Regentropfen aus seinem zu einem langen Zopf nach hinten gebundenem Haar perlen und Linien über sein Gesicht ziehen. Er muss sich nicht auskennen, sein Instinkt wird ihn dorthin führen, wo er hinmuss. Falls sich die Vision wirklich bewahrheiten sollte.

Ziellos streift Sillír durch die menschenleeren Straßen

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Ziellos streift Sillír durch die menschenleeren Straßen. Doch ganz so ziellos ist er nicht, sein Instinkt weiß genau, wo er hinmuss. Als ein schmerzerfüllter Schrei durch die Gemäuer hallt reißt er die Augen auf.
  
Ohne zu zögern rennt Sillír los, in die Richtung, aus der der Laut gekommen ist. Kurz darauf erreicht er das Ende der Straße und linst um die Ecke in die nächste, die etwas breiter ist. Nahe der Hauswand zu seiner Seite steht ein breitgebauter Mann mit dem Rücken zu ihm. Er trägt einen langen, schwarzen Mantel und hält einen Gehstock unter den Arm geklemmt.
  
Das ist er!
  
Sofort verlässt Sillír seine Deckung und strebt auf den Mann zu. Er muss ihn nicht sehen, um zu wissen, dass Schwarzherz sich vor diesem befindet, eine Klinge an der Kehle.

Noch ist Sillír nicht entdeckt worden, diese Gelegenheit sollte er nutzen und schnell muss es gehen, sonst wird es zu spät sein. Nicht einmal für Fae-Staub bleibt ihm die Zeit und kräftemäßig wäre er seinem Gegner wahrscheinlich unterlegen. Wohl oder über heißt es, entweder Schwarzherz oder der Fremde.
  
Kaum hat er diesen erreicht greift Sillír um ihn herum, packt seine Hand, die um den Messergriff geschlossen ist, und reißt sie hoch.

Detektiv Schwarzherz und der Fall des Königs - überarbeitete VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt