Des jungen Prinzen Gewissen II

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Durch eine Nebentür gelangen wir in den anderen Raum, ein Gemeinschaftssaal, ähnlich eingerichtet wie der vorige, jedoch menschenleer. Schweigend folgt Prinz Konrad uns und Herr Falkenauge schließt von außen die Tür.

Der junge Bursche lässt sich auf einen der grün gepolsterten Sessel sinken und überschlägt elegant seine Beine, beide Hände locker im Schoß gefaltet.

Derweil Zabel sich ihm gegenüber an einen der niedrigen Tische setzt, lege ich meinen Hut auf einer Sofalehne ab und gehe zu einem kleinen, nahestehenden Karren, auf dem mehrere mit unterschiedlichen Alkoholsorten und Schorlen gefüllte Karaffen sowie leere Gläser stehen. Betont gemächlich nehme ich eine Karaffe und noch während ich mich am alkoholfreien Getränk bediene, drehe ich mich zu Prinz Konrad.

„Oh, ich vergaß", sage ich unschuldig, „ich darf doch, oder?"

„Gewiss", erwidert er mit einem kleinen Nicken und einer auffordernden Handbewegung. „Seien Sie so gut und bringen mir einen Whiskey mit."

Meine Birnenschorle in der einen Hand und ein anderes Glas, zum Viertel gefüllt mit Whiskey, in der anderen geselle ich mich zu ihm und Zabel, setze mich auf ein kleines Sofa und überreiche Prinz Konrad das seine. Einen Arm über die Lehne gelegt, sinke ich zurück in die Polsterung und nehme einen Schluck, genieße die prickelnde Süße auf meinem Gaumen.

Angespanntes Schweigen herrscht, indes ich den Prinzen eingehend mustere. Ist er ungeduldig, so lässt er es sich kaum anmerken. Seine Miene bleibt gleichgültig und glatt wie zuvor, nur lässt der Zeigefinger seiner linken Hand, mit dem er in einem langsamen Rhythmus auf seine Rechte klopft, die sein Glas in festem Griff hält, vermuten, dass er nicht mehr lange warten will.

Weiter fällt mir nichts an seinem Erscheinungsbild auf. Nichts verdächtiges jedenfalls. Auch wenn er sich nach der Tat tausendfach hätte waschen können, so wären die Spuren von Fae-Staub nicht gänzlich fortgegangen. Die wiederrum müssten zumindest auf seiner Haut sichtbar sein, ob der Täter selbst es nun im Königsgemach verteilt hat, oder die Flugratten, deren Spuren dort zu entdecken waren.

„Also", setze ich nach einer Weile an. „Ich habe ein paar Fragen an Euch, Euer Durchlaucht."

„Nur zu", meint dieser und sein stechender Blick durchbohrt mich regelrecht.

Ich neige den Kopf zur Seite und schwenke das Glas leicht im Kreis, ein Versuch nachdenklich zu wirken.

„Als Ihr sagtet, Euer Vater habe dem Fae etwas angetan", fahre ich fort, „was genau habt Ihr damit gemeint?"

Kurz scheint der junge Prinz überrascht, seine Augen weiten sich ein wenig, nehmen sogleich aber wieder die übliche Größe an. Seine rechte Hand zittert leicht, während er einen kleinen Schluck Whiskey nimmt, und er kräuselt die Brauen, als würde er selbst über eine geeignete Antwort nachdenken.

Derweil nippe ich selbst an meinem Getränk und beuge mich auf dem Sofa etwas vor, ihm entgegen. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie Zabel sich die Stirn reibt, wahrscheinlich unterdrückt er ein leidvolles Seufzen, mit dem er am liebsten kundtun würde, wie sehr ihm meine Vorgehensweise missfällt.

„Was hat Seine Majestät dem Fae angetan?", will ich wissen.

„Inwieweit ist dies von Bedeutung?" Konrad von Hohenhain zieht eine geschwungene Augenbraue hoch. „Ohnehin scheinen Sie doch sicher, das Spitzohr habe den Mord nicht begangen."

Nickend lehne ich mich zurück in die Sofalehne. „Stimmt. Und doch, jede einzelne Kleinigkeit, die mit dem Mord oder einem Motiv zusammenhängen könnte, ist wichtig!"

Erneut tritt Stille zwischen uns ein. Nur der ein oder andere Ruf eines Käuzchens dringt gedämpft durch die geschlossenen Fenster, die rotgoldene Strahlen Sonnenlicht hereinlassen.

„Sagen Sie", hebt der Prinz an zu sprechen, „was würden Sie tun, sollte ich mich nicht bereit erklären zu reden? Mich foltern?"

Ich schwenke das Glas in meiner Hand und überlege, den Blick auf die darin schwappende Flüssigkeit gerichtet.

„Ich würde an Eure Vernunft appellieren", sage ich schließlich. Ich schaue zu ihm herüber, begegne seinen graublauen Augen. Sie scheinen gefühllos, fast kalt, als wolle er etwas verbergen, jedoch blitzt da etwas auf, das seiner sorgfältig errichteten Mauer Risse zufügt. Unsicherheit vielleicht? Schuld? „An Euer Gewissen, einen Unschuldigen nicht für die Taten anderer büßen zu lassen!"

Konrad von Hohenhain schluckt sichtlich. Mit kratziger Stimme fragt er: „Und welcher Umstand lässt Sie mit Sicherheit sagen, dass nicht ich es war, der meinen Vater tötete?"

Einen weiteren Schluck nehme ich aus meinem Glas und lasse den Blick an seinem Körper entlangwandern. Möglicherweise habe ich doch etwas übersehen? Er wirkt jetzt etwas angespannt, als würde seine Fassade nicht nur Risse bekommen, sondern bröckeln. Dennoch müht er sich das Gesicht ausdruckslos zu halten, wie eine Maske, die es verdeckt.

„Die Spuren sagen etwas anderes", meine ich, nachdem ich mich vergewissert habe. „Zudem hättet Ihr etwas Derartiges wohl kaum gesagt, wenn Ihr wirklich der Mörder Eures Vaters wärt."

Der Kiefer des Prinzen verkrampft sich fast unmerklich, mittlerweile verursacht sein Finger ein regelrechtes Trommelkonzert auf seinem überschlagenen Knie. Nach weiteren verstrichenen Sekunden, in denen er zwei weitere Male von seinem Whiskey genippt hat und die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkommen, atmet er tief durch und sein Finger verharrt.

„Nun gut." Seine Mauer scheint gänzlich in sich zusammengefallen, seine Gesichtszüge sind weicher geworden. Ich blinzele verwundert, als seine Augen einen verräterischen Glanz annehmen.

Detektiv Schwarzherz und der Fall des Königs - überarbeitete VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt