Kapitel 1

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"Au! Verdammt noch mal ich esse nie wieder in meinem ganzen Leben Pizza!", rief Tess, meine beste Freundin seit Kindergartentagen zum gefühlt hundertsten Mal. Das Problem war nur, dass sie, obwohl sie sich schon wieder verbrannt hatte, diese Drohung nie wahr machte und ich daher einen Tinnitus davontragen musste. Verfluchte heiße Tomaten! Und nein das ist kein besonders gängiges Schimpfwort, aber Tess und ich haben es zu unserem Lieblingsschimpfwort auserkoren-und es hat uns schon so manchen guten Dienst erwiesen. Zurück zur eigentlichen Handlung: Meine geliebte Freundin hatte sich im Laufe eines unserer gewöhnlichen Filmabende mal wieder verbrannt. An einer Tomate. Diese Dinger sind verflucht gefährlich! Und nein nicht nur ihr passierte das regelmäßig. Die Tatsache, dass wir endlich mal wieder Fastfood essen konnten, machte uns beide etwas unvorsichtig. Das hatte ich echt vermisst. Im Internat durfte man weder Fastfood noch Dosenessen essen. Mrs Darfons, die Direktorin, war bei sowas unerbittlich. Aber nicht nur das Essen betreffend. Ehrlich gesagt war das Leben im Internat schlimmer als die Hölle persönlich. Manchmal hatte ich das Gefühl das lag daran, dass es eine Privatschule war. Ja, Geld hatten meine Eltern. Nur Zeit nicht. Obwohl wir keine getrennte Schule waren, wurden Mädchen in Jungszimmern bzw Jungs in den Zimmern der Mädchen noch weniger gerne gesehen als ungesundes Essen. Das könnte aber eigentlich keine Überraschung sein. Wer sogar kontrollierte, was die Schüler aßen, konnte unmöglich tatenlos zusehen, wie diese die angebliche 'Liebe ihres Lebens' fanden -oder zumindest einen one-night-stand! Aber obwohl es nicht erlaubt war, hatten wir natürlich (wie könnte es anders sein) sowohl den typischen Player, als auch die typische Schulschlampe... Na gut was heißt eine? Sharon Tiffany hatte eine ganze Horde an blinden Hündchen, die ihr in den Tod folgen würden. Und sie alle ahmten daher auch Sharons etwas ungesunden Lebensstil nach -und ich spreche nicht vom Essen. Menschen wie Tyler Collins, der Leader unseres Basketballteams, wussten das auch ganz toll auszunützen. Aber natürlich hatte nicht nur Sharon ein Rudel hirnloser, unselbstständiger Idioten, die sie auf Schritt und Tritt verfolgen. Nein, auch der hoch angesehene Mr Collins hatte einige Schatten, die sich für ihn die rechte Hand abschneiden würden. Nur Luis Manorez, einer der Badboys, schien keine Fans zu haben -sie aber auch nicht zu brauchen. Er begnügte sich mit seinen zwei Buddies und ein paar engen Freunden. Die beiden mit denen er am meisten abhing waren Alex Cruze und Tom Rider. Sie alle bettelten regelrecht um einen Rauswurf. Sie tranken und rauchten am Schulhof, sprayten Wände an. Es ging sogar das Gerücht um, sie hätten Motorräder geklaut und sein damit über die Grenze geflohen, wo sie sie verscherbeln und sich von dem Geld Drogen kaufen konnten. Außerdem sollen sie sich am Weg noch einige Mädchen aufgerissen und zwei Bars ausgeraubt haben. Man konnte der Gerüchteküche auf der St Martins High nicht zu viel Glauben schenken. Aber zurück zur Geschichte: Tess und ich machten unsere übliche es-ist-Sonntagabend-morgen-müssen-wir-zurück-ins-Internat- Party. Mit viel Fastfood und verbotenen Filmen (Sprich Filmen, die keinen erzieherischen bzw bildnerischen Wert hatten). Die einzige Änderung im morgigen Tagesablauf: Marie, unsere beste Freundin würde endlich auf unsere Schule kommen. Das Eis, das wir uns als Vorsichtsmaßnahme schon mal zur Seite gelegt hatten, war inzwischen Dank Tess' Körpertemperatur geschmolzen und wir standen synchron auf, um neues zu besorgen. Am Weg zur Küche meiner Adoptiveltern, stieß ich ein paar am Schuhregal lehnende Regenschirme um, die dann Tess vor die Füße fielen. Da es dunkel war, sah sie diese nicht und rutschte auf einem aus, nur um dann Kopfüber die Stiege hinunterzukollern. Um das Gleichgewicht wiederzuerlangen, hatte sie sich zuvor aber an meinem Pyjama fest gehalten und mich so mitgezogen. Wir fingen beide an zu kichern, was trotz des Schweigegebots nach 22:00 Uhr zu einem heftigen Lachflash führte. Bis meine sogenannte "Mutter" auf dem Treppenvorsprung erschien und uns so böse anstarrte, dass uns das Lachen verging. Wir schlichen so lautlos wie möglich in die Küche und dann gleich in mein Zimmer zurück, wo wir sofort in einen Lachkrampf ausbrachen. Plötzlich hörten wir ein neues Geräusch.

"Darf ich mitlachen?", fragte eine raue, tiefe Stimme, die vom offenen Fenster zu kommen schien. Geschockt hielten Tess und ich die Luft an. Wir hatten grade Friday the 13th geschaut und waren nervlich dementsprechend am Ende. Da half eine Stimme, die aus dem nichts kam, nicht besonders.

"Fuck nein!", schrie ich. Zur gleichen Zeit antwortete Tess:

"Ja klar, wenn du was amüsantes beizusteuern hast!"

Also so viel zu nervlich am Ende, Tess! Und plötzlich fing dieser Unbekannte an, durch das Fenster in mein Zimmer zu klettern. Sofort warf ich mich zum Fenster, um es zu schließen, doch er war schneller und hockte schon auf meinem Fensterbrett. Dann ging alles ganz schnell. Ich konnte mich nicht bremsen und er machte gerade Anstalten mein Zimmer zu betreten und so stießen wir zusammen, wobei ich ihn beinahe aus dem Fenster gestoßen hätte. Wir lagen beide am Boden. Er auf mir. Ich konnte mich nicht bewegen, da er viel zu schwer war, doch er schien erst recht nicht zu planen demnächst aufzustehen.

"Die Stellung ist recht nett, aber ohne Kleidung wäre sie sicher sehr viel netter.",

war seine interessant formulierte Entschuldigung. In diesem Moment ging mir der Knopf auf. Nicht zuletzt wegen seines anzüglichen Kommentars. Der Typ, dem es auf mir eindeutig zu gut gefiel, war niemand anderer als Taylor Collins! Dass mir das nicht früher in den Sinn gekommen war! Er bewohnte doch das Haus neben mir! Die Erkenntnis verlieh mir allerdings neue Kraft. Ich schob ihn von mir runter, setze mich so würdevoll es ging auf und sagte in einem Ton, von dem ich hoffte, dass er Bestimmtheit und Gleichgültigkeit gleichzeitig ausdrückte:

"Das mit den Kleidern wird so schnell nichts. Tut mir echt leid für deinen kleinen Freund aber für heute hat er genug gespielt. Solltet ihr euch nochmal durch mein Fenster Zwängen, werde ich ihn wohl abschneiden müssen."

Während dieses Satzes hatte ich mich aufgerichtet, ihn mitgezogen und in Richtung Fenster bugsiert. Das war angesichts der Tatsche, dass er offensichtlich betrunken war, nicht so schwer. Es war mir aber eigentlich vollkommen egal, wie er es geschafft hat, betrunken durch das Fenster zu klettern. Die billigen Anmachsprüche von Taylor konnte ich jetzt echt nicht brauchen.

"Mich so abzuservieren wirst du noch bereuen! Das schwör ich dir, Schätzchen!" Erwiderte er und verzog sich dorthin zurück von wo er gekommen war.

"Na toll! Danke Tess!"

War mein einziges Kommentar, als ich mich, plötzlich sehr erschöpft in mein Bett legte. Ach ja, erwähnte ich schon, dass alle Jungs dieser Schule mir zumindest regelmäßig hinterpfiffen? Das war einer der Hauptgründe, warum Sharon mich hasste. Und weil ich sonst auch in allem besser war als sie.

Got your heart,  princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt