Kapitel 11

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Da ich meine sichere Festung hatte aufgeben müssen, war ich jetzt mehr oder weniger gezwungen  wieder auf die laute und völlig aus dem Ruder gelaufene Party zurückzukehren. Ich hatte, wie gesagt, nicht wirklich eine Wahl, also machte ich mich auf den Weg. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte war, dass sich jetzt noch mehr Menschen in diesem Haus aufhielten! Selbst die Treppe war vollgestopft mit betrunkenen Leuten.

"Hallo, wer bist du denn Hübsches?",

machte mich gleich ein Betrunkener mit schmutzig blonden und ungewaschenen Haaren an. Etwas an ihm sah seltsam aus. Ich wusste nicht genau, ob es an der dämmrigen Beleuchtung oder an ihm lag, aber mir jagte bei seinem Anblick ein Schauer über den Rücken. Er hatte einen großen und muskulösen Körper, der ihn bedrohlich wirken ließ. Mir schien, seine Augen hätten zwei verschiedene Farben, was seiner unheimlichen Erscheinung den letzten Schliff verlieh. Auf den zweiten Blick wirkte er allerdings gar nicht so betrunken auf mich, was ihn in einer Weise noch gefährlicher machte. Betrunkene waren mir zwar unangenehm, konnten mich aber bei weitem nicht so in Angst versetzen wie nüchterne Menschen. Nüchterne waren sich ihrer Handlungen und des Ausmaßes dergleichen bewusst und auch sowohl schneller als auch treffsicherer, sollte es zu einem Kampf kommen. Gegen einen Betrunkenen, so glaubte ich, konnte ich mich zur Wehr setzten. Bei einer nüchternen Person, die größer und schwerer war als ich, war ich mir nicht ganz sicher. Ich wollte es aber auch lieber nicht erfahren.

"Das geht dich genau gar nichts an. Ich muss dringend wohin also -ciao",

antwortete ich daher -scheinbar etwas zu unhöflich für sein Empfinden. Er trat einen Schritt auf mich zu sodass wir uns direkt gegenüber standen. Zwischen uns war keine Handbreit Abstand. Ich konnte seinen warmen Atem in meinem Gesicht spüren. Er roch nach einem viel zu süßen Aftershave. Obwohl mir schlecht wurde und ich nichts lieber wollte als den Blick zu senken und zu gehen, hielt ich seinem stand und blickte entschlossen in seine tatsächlich verschiedenfarbigen Augen. Ein blaues und ein grünes. Selbst wenn ich gewollt hätte, wäre es mir, dank der vielen Menschen, die auf der Stiege lungerten, nicht möglich gewesen, einfach zu gehen, also konnte ich diesem Möchtegern -gangster auch zeigen, dass man so nicht mit mir umgehen konnte. Der Ärger, der ich bis vor einigen Sekunden unheimlich und bedrohlich in seinen Augen geschimmert hatte, war mit einem Mal verschwunden und etwas verspieltes und verführerisches hatte ihn abgelöst. Es wirkte aber mindestens genauso gefährlich auf mich.

"Ach, du hast besseres zu tun? Was könnte denn besser sein als eine Nacht mit mir?",

flüsterte er mir ins Ohr. Er schien sich für unwiderstehlich zu halten. Ich suchte verzweifelt nach einem Ausweg oder auch nur einer Antwort, denn seine plötzliche Nähe hatte mir die Sprache verschlagen. Er schien es zu bemerken und falsch zu interpretieren. Als er sich meinem Mund näherte und im Begriff war, mich zu küssen, fasste ich mich endlich und stieß ihn von mir weg. Ich sagte laut und ruhig:

"Wie ich bereits sagte, muss ich jetzt gehen also lass mich los oder mein Freund zeigt dir den Weg in die Hölle."

Zuerst sah er mich geschockt an, fasste sich aber schnell und der mir schon bekannte Ausdruck von Ärger übernahm seine Züge.

"Natürlich hat sie einen Freund! Die besten sind immer besetzt!",

murmelte er frustriert. Ich hatte allerdings nicht das Gefühl, dass diese Worte an mich gerichtet waren, also versuchte ich mich schnell aus dem Staub zu machen. Das funktionierte aber nicht so gut, wie ich es mir gewünscht hatte, denn durch meine Bewegung zog ich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. Er hielt mich am Handgelenk fest und zog mich zurück zu sich, sodass ich wieder so eng an ihn gepresst war. Er sah mich abschätzend an und senkte seinen Kopf wieder um mich zu küssen, doch ich riss mich los und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Die Wucht meines Schlages hatte seinen Kopf zur Seite gedreht und langsam, wie in Trance, drehte er ihn jetzt zurück. Er schien etwas sagen zu wollen, aber ich hatte genug gehört.

Got your heart,  princessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt