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Am nächsten Tag holte ich Lukas nach dem Frühstück wieder ab. Seine Mom saß vorne auf der Terrasse in dem hölzernen Schaukelstuhl. Ich fragte mich, ob sie sich überhaupt jemals von da wegbewegte. Das musste sie, denn sie trug jeden Tag ein anderes Kleid, ihre Locken waren heute sorgfältig hochgesteckt. Aber auf mich wirkte es, als wäre kein Leben in ihren Augen, das machte mir Angst. Warum waren alle Leute in dieser Stadt so abgedreht?

Ihre rotgeschminkten Lippen umschlossen die Zigarette, die sie zwischen Zeigefinger und Mittelfinger hielt. Ich musste an Sin denken.

Langsam ging ich die Treppenstufen zur Terrasse hoch. Sie hob den Blick nicht, sondern starrte gedankenverloren in die Ferne. Irgendetwas in mir war sich sicher, dass sie meinen Unterarm fassen, mich zu sich ziehen und mir etwas Unheimliches zumurmeln, wenn ich an ihr vorbei ins Haus gehen würde und jeder Muskel meines Körpers spannte sich an. Nichts geschah und ich atmete erleichtert aus, als ich im Wohnzimmer stand und die Fliegengittertüre hinter mir wieder zufiel.

„Lukas? Ich bin's!", rief ich unsicher. Kurz darauf polterte mein Cousin die Treppen hinunter. Seine Mundwinkel waren nach unten gezogen.

„Planänderung", meinte er grimmig, als er sich an mir vorbeidrängte.

„Was meinst du?", rief ich ihm hinterher, weil ich gar nicht gewusst hatte, dass wir überhaupt einen Plan gehabt hatten. Lukas war längst im Garten bei seinem Rad angekommen und ich folgte ihm, obwohl mir jegliche Erklärung fehlte.

Stumm fuhr ich neben ihm her. Er sah furchtbar schlecht gelaunt aus und sprach kein Wort.

„Wo fahren wir hin?", fragte ich irgendwann.

„Sag ich dir, wenn wir dort sind."

Dort war ein Bauernhof am Rand der Stadt.

Ein älterer Mann mit weißem Bart, Latzhose und Strohhut stand am Holzzaun, als wir von unseren Rädern stiegen. Er hielt einen großen, braunen Hund an der Leine, der uns sofort schwanzwedelnd begrüßen wollte. Der Mann sah mindestens so grimmig aus, wie Lukas an dem Tag.

„Da bist du ja endlich!", blaffte er Lukas mit gurgelnder Stimme an, während der Hund an seiner Leine zerrte und uns anbellte. „Und wer ist das?" Er streckte seine dicken Finger nach mir aus.

„Mein Cousin. Er hilft mir."

Tat ich das? Der Mann grummelte verärgert darüber, dass ich keine Hilfe sein würde und dass kein Verlass mehr auf die Jugend von heute war und wir alle glücklich sein konnten, dass er den Job machte, den er machte. Dann winkte er kopfschüttelnd ab, während er weiter unverständliches Zeug vor sich hinmurmelte, sich umdrehte und vorausging, während der Hund weiter in unsere Richtung wollte und sich nur widerwillig mitziehen ließ. Lukas folgte dem Mann und ich folgte Lukas. Mein Cousin streckte beide Hände nach dem hechelnden Hund aus und kraulte ihm den Kopf. „Schon gut, ich hab dich auch vermisst. Komm mit, mein Mädchen."

„Wer ist das?", wollte ich wissen. „Was machen wir hier?"

Lukas richtete sich wieder auf, während der Hund neben ihm hertrabte. „Das ist Skully."

„Skully?" Ich war mir nicht sicher, ob er den Hund oder den Mann meinte.

„Er heißt nicht wirklich so. Er heißt Driskull. Aber du hast ihn ja gesehen. Der Kerl ist unheimlich. Er hat meinen Dad heute Morgen angerufen und mein Dad hat mich angerufen. Skullys Söhne sind nicht da und heute müssen die ersten Tomaten geerntet werden. Dieses Jahr hat es noch länger gedauert als sonst, bis sie reif waren. Es war nicht allzu warm."

„Und was haben wir damit zu tun?"

„Na, mein Dad kauft ihm die Dinger immer ab, um sie in seinem Laden zu verkaufen. Skully gibt ihm einen Preisnachlass, wenn ich helfe."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 31 ⏰

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