Chapter 15

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Katherine war nicht in der Gruft. Und was noch viel schlimmer war: Sie war generell nirgendwo eingesperrt. Anna hatte uns verraten, dass sie Katerina das letzte Mal in Chicago gesehen hatte. 1983. Sie war die ganze Zeit frei gewesen, und sie hatte gewusst, dass Damon nach ihr suchte. Damon und ich waren 1983 sogar in Chicago gewesen. Es hatte sie nur nicht interessiert.

Seit Damon das herausgefunden hatte, war er am Boden zerstört. Und weil er nun einmal Damon war, ließ er das heraus, indem er besinnungslos Party machte mit einer Handvoll manipulierter Studentinnen - und mir. Doch seit ich gehört hatte, dass Katerina frei war, war in mir ein anderer Gedanke, der mich nicht loslassen wollte. 1983. Das war eines der Jahre, in denen ich noch jeden Tag an Damons Seite verbracht hatte. Wenn sie ihn aufgesucht hatte, nur um dann ausgerechnet mich zu entdecken... Es war gut möglich, dass sie sich nur von Damon ferngehalten hatte, weil ich sie ansonsten entdeckt hätte. Vielleicht hatte sie nur Angst, dass mein Bruder sie finden könnte, wenn sie sich mir zeigen würde. Vielleicht war es meine Schuld, dass sie Damon ignoriert hatte.

Diese Überlegungen ließen mich einfach nicht los. Ich konnte nicht einmal den Geschmack vom Blut der süßen Brünetten genießen, die gerade auf meinem Schoß saß. Genervt von mir selbst löste ich meine Fangzähne aus ihr und schickte sie mit einer Geste wieder weg. Unglücklicherweise war ich jedoch noch nie besonders gut darin gewesen, meine Emotionen zu verstecken, weshalb Damon selbst in seiner eigenen Trauer meine Stimmung bemerkte.

"Was ist los mit dir?", fragte er und schickte seine eigene Studentin ebenfalls fort. "Vor ein paar Jahren warst du noch lustiger. Erzähl mir jetzt bitte nicht, dass du mit mir über meine Gefühle reden willst."

Ich verdrehte leicht die Augen, wich seinem Blick aber aus. "Wenn du mir deine tiefsten Emotionen offenbaren willst, nur zu, halte dich nicht zurück. Aber nein, daran liegt mir nichts. Für mich ist es okay, wenn wir einfach weiter Party machen."

"Dafür müsstest du aber erst einmal damit anfangen", erwiderte Damon und stand seufzend auf. "Ehrlich, ich habe noch nie erlebt, dass du so... bedrückt bist. Du ziehst meine Stimmung runter, also entweder redest du jetzt mit mir und erzählst mir, was dein Problem ist, oder ich muss mir einen anderen Trinkkumpanen suchen."

"Na, herzlichen Dank", murmelte ich ironisch, seufzte dann aber leise auf. "Also gut, auf die Gefahr hin, dass du mich gleich hasst: Ich habe die Befürchtung, dass Katherine sich nur nicht bei dir gemeldet hat, weil ich in deiner Nähe war."

Als ich Katerinas Namen aussprach, setzte Damon sich unwillkürlich aufrecht hin und zog die Augenbrauen zusammen. "Wie kommst du darauf?", fragte er leise.

"Die Kurzzusammenfassung? Sie ist seit Jahrhunderten vor meiner Familie auf der Flucht. Und auch wenn ich ebenso lang keinen Kontakt mehr zu meinen Geschwistern habe und ich persönlich sie nie direkt verfolgt habe... weiß sie doch, wie ich aussehe. Wer ich bin. Es könnte sein, dass sie mich bei dir gesehen hat, und beschlossen hat, dass sie das Risiko nicht eingehen will. Nicht, wenn ich damit auch herausgefunden hätte, dass sie nicht in der Gruft ist."

Einige Sekunden starrte Damon mich an und dachte über meine Worte nach, zuckte dann aber mit den Schultern. "Das ändert nichts", stellte er fest. "Katherine wusste, dass ich nach ihr suche, aber es war ihr egal. Was auch immer ihre Gründe waren, sie hat sich nicht bei mir gemeldet. Offensichtlich bin ich ihr nicht wichtig genug gewesen, um irgendein Risiko einzugehen. Und das, nachdem ich buchstäblich für sie gestorben bin. Dieses Miststück hat ihre Entscheidung getroffen. Katherine ist mir egal."

Erleichterung durchflutete mich, als er das sagte, doch ich wurde schnell abgelenkt, als Stefan ins Wohnzimmer kam. "Das freut mich zu hören", begrüßte er uns, sah dann aber mit einem verurteilenden Blick auf die Studentinnen, die gerade kichernd in einer Ecke saßen. "Wer ist das? Ich dachte, ihr wolltet keine Aufmerksamkeit mehr auf euch ziehen."

"Entspann dich", antwortete ich ihm genervt und verdrehte die Augen. "Sie kommen nicht von hier. Wir schicken sie zurück an die Uni und sie können sich nur noch daran erinnern, dass sie viel zu viel getrunken haben und jetzt vom kompletten Wochenende einen Filmriss haben. Das wird niemandem auffallen."

Missmutig schüttelte Stefan den Kopf, sagte jedoch nichts weiter dazu. Das erste Zeichen, dass er irgendetwas von uns wollte. Und tatsächlich wandte er sich direkt darauf an Damon.

"Du warst auch einmal eine Zeit lang an der Uni, oder?", fragte er scheinbar harmlos. "An der Duke, wenn ich mich nicht irre. Das muss etwa... 2007 gewesen sein?"

Misstrauisch zog ich die Augenbrauen zusammen. Stefan hatte sich noch nie ehrlich für Damons Vergangenheit interessiert. Damon schien diesen Gedanken zu teilen, denn er antwortete nur ausweichend. "Kann schon sein. Mit dem Alter verschwimmen die Jahre ineinander, das weißt du doch."

"Hast du zu dieser Zeit eine Frau namens Isobel kennengelernt?", fragte Stefan weiter. Alles andere als unauffällig. "Und sie umgebracht?"

Damon musterte seinen Bruder kurz, zuckte dann aber nur mit den Schultern und stand auf, um sich eine neue Flasche Whiskey zu holen. "Keine Ahnung. Ich habe zu der Zeit viele umgebracht."

Stefan gab jedoch immer noch nicht auf und hielt ihm ein Foto unter die Nase. "Sieh sie dir wenigstens einmal an, Damon. Es ist wichtig."

Langsam sah Damon auf das Foto und richtete seinen Blick dann wieder auf seinen Bruder, ohne eine Miene zu verziehen. "Nein. Nichts ist mehr wichtig", antwortete er leise und drehte sich um, um mit der Flasche das Haus zu verlassen.

Ich beschloss, seinem Beispiel zu folgen und lief ihm nach, ohne Stefan auch nur einen Blick zuzuwerfen. "Was war denn das?", fragte ich Damon, als wir weit genug weg waren.

"Keine Ahnung. So ein Interesse hat er noch nie daran gezeigt, wen ich umgebracht habe. Normalerweise will er nichts davon wissen, weil ihn die Schuldgefühle zu sehr belasten würde, der Arme."

"Und?", fragte ich neugierig. "Wer war diese Isobel? Hast du sie umgebracht?"

"Besser: Ich habe sie verwandelt. Sie hat mich geradezu darum angefleht."

"Das heißt also, dass sie immer noch irgendwo dort draußen rumläuft. Und Stefan fängt plötzlich an, Fragen über sie zu stellen", fasste ich zusammen. "Unternehmen wir etwas dagegen?"

"Mal sehen. Vielleicht laufen wir im Mystic Grill ja jemandem über den Weg, der mehr weiß als wir. Vielleicht auch nicht. Ehrlich, es könnte mich kaum weniger interessieren."

Always and Forever - The Story of Livana MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt