Chapter 31

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Schon am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg nach Richmond und brauchte einige Stunden, bis ich das Café, von dem Rose gesprochen hatte, gefunden hatte. Ich hatte beschlossen, dem Treiben dort zuerst aus einem nahegelegenen Park zuzusehen, und war dankbar um diese Entscheidung, als Damon und Rose dort auftauchten. Sie waren offenbar auch auf die Idee gekommen, Slater nach weiteren Informationen zu fragen, und ich hatte keine Lust zu erklären, warum ich selbst hier war. 

Damon fragte Slater gerade, ob es einen Weg gab, wie man den Mondstein zerstören konnte, damit der Fluch nicht mehr gebrochen werden konnte, als mir ein Mann ins Auge fiel, der das Café ebenfalls vom Bürgersteig aus betrachtete. Er trug einen Anzug, der so teuer aussah, dass er hier eindeutig auffiel, und ich stand sofort auf, um in seine Richtung zu gehen. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, trotzdem sagte mir etwas, dass ich ganz genau wusste, wer das war.

Der Mann holte aus und warf mit etwas, das nach Kleingeld aussah, auf das Café. Hinter dem Wurf steckte so viel Kraft, dass die Sicherheitsscheiben, die das UV-Licht abgehalten hatten, zersplitterten und alle Vampire im Café schreiend versuchten, in den Schatten zu fliehen. Der Mann verschwand in den Schatten der Bäume, wo er vom Café aus nicht gesehen werden konnte, und ich folgte ihm mit leisen Schritten.

"Sehr stilvoll", kommentierte ich, als ich neben dem Vampir stand, und er fuhr angriffsbereit zu mir herum. Er war es wohl nicht gewohnt, dass sich jemand an ihn heranschleichen konnte. Als ich jedoch endlich in sein Gesicht sehen konnte, konnte ich nicht mehr so tun, als wäre ich völlig gelassen. Tränen stiegen in meine Augen, vor Erleichterung, tatsächlich vor meinem Bruder zu stehen. Und auch in Elijahs Gesicht spiegelten sich meine Emotionen wider.

"Livana? Bist du es wirklich?", flüsterte er heiser und ich konnte kaum nicken, bevor er mich fest in seine Arme zog. Sofort drückte ich mich an ihn und ließ meinen Tränen freien Lauf.

"Ich habe dich vermisst", schluchzte ich leise und löste mich ein klein wenig von ihm, um ihn ansehen zu können. "Du hast eine neue Frisur", bemerkte sich leicht grinsend, was Elijah leise zum Lachen brachte.

"Es ist 518 Jahre her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, Livana. Ich mag ja altmodisch sein, aber so sehr nun auch wieder nicht."

"Und doch weigerst du dich immer noch, mich Liv zu nennen", zog ich ihn damit auf, dass er offenbar selbst im 21. Jahrhundert noch nicht an Spitznamen glaubte. Doch statt mir noch einmal eines seiner seltenen Lachen zu schenken, wurde er wieder ernst.

"Was tust du hier, Livana?"

Nun, das war dann wohl das Ende unseres emotionalen Wiedersehens, denn wenn Elijah diese Stimme verwendete, wusste ich, dass ein ernstes Gespräch folgen würde. "Was denkst du denn, was ich hier tue? Ich bin natürlich auf der Suche nach dir. Ihr habt es mir nicht gerade einfach gemacht, euch zu finden."

"Du warst nicht die einzige, die gesucht hat", antwortete Elijah das, was ich schon längst wusste. "Und auch ich habe nach dir gesucht, aber du warst so gut untergetaucht, dass ich Sorge hatte..." Mein Bruder räusperte sich kurz und strich über meine Haare, als wollte er sicher gehen, dass ich tatsächlich vor ihm stand. "Ich habe befürchtet, dass Mikael dich gefunden hätte", gab er schließlich leise zu.

"Mir geht es gut", versicherte ich ihm sanft. "Und unsere Zeit der Trennung ist nun endlich vorbei. Wir können wieder eine Familie sein, Elijah."

Eigentlich hatte ich ihn mit meinen Worten aufmuntern wollen, doch zu meinem Erschrecken stiegen ihm wieder Tränen in die Augen, während er langsam den Kopf schüttelte. "Was ist los, Elijah?"

"Unsere Familie wird sehr viel kleiner sein, als du es in Erinnerung hast", sagte mein Bruder leise und ich sah ihn schockiert an. Nein. Nein, das durfte nicht wahr sein.

"Was ist mit unseren Geschwistern passiert, Elijah?", fragte ich leicht panisch. "Wo sind sie?"

"Rebekah, Kol und Finn sind erdolcht. Sie liegen irgendwo auf dem Boden eines Ozeans, doch ich habe keinen Anhaltspunkt, wo genau. Sie sind fort."

"Nein...", flüsterte ich entsetzt. "Wann hat Mikael..."

"Nicht Mikael", unterbrach Elijah mich ruhig. "Niklaus. Er hat ihnen das angetan."

"Nein", widersprach ich mit fester Stimme. "Nein, das glaube ich nicht. Nik hat seine Fehler, aber er hat uns immer geliebt. Das hätte er ihnen niemals angetan."

"Niklaus ist nicht mehr der, den du kanntest, Livana. Er ist in den letzten Jahrhunderten noch paranoider geworden, als er es eh schon war. In jeder Ecke hat er Feinde gesehen, bis er schließlich auch uns für Feinde hielt. Ich habe ihn verlassen, bevor ich auch mit einem Dolch am Boden eines Ozeans landen konnte. Es gibt jetzt nur noch mich."

"Nein, das ist nicht wahr", antwortete ich ein drittes Mal. "Du bist nicht allein, Elijah. Wir haben uns. Und wir haben die Ewigkeit. Selbst wenn wir jeden Zentimeter der Meere durchsuchen müssen, wir werden auch unsere Geschwister wiederfinden."

Obwohl ich noch immer nicht glauben konnte, dass Nik so etwas tatsächlich getan haben sollte. Elijah schien sich sicher zu sein, aber ich konnte diese Version meines Zwillings nicht mit der Version in Einklang bringen, die ich zuletzt gesehen hatte. Ja, Nik hatte mich nach unserem Streit fortgeschickt und war dann ohne eine Spur verschwunden, aber er hat mir nie etwas Bösartiges angetan. Selbst als er unsere Geschwister erdolcht hatte, hatte er das stets nur getan, um sie zu beschützen, wenn sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatten. Er hatte keinen Grund, uns umzubringen, und daran wollte ich glauben. Ich wollte nicht glauben, dass sich mein Zwilling so sehr verändert hatte. So einfach würde ich ihn nicht aufgeben.

Always and Forever - The Story of Livana MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt