Lieber Autor,
ich muss sagen, dass mich der genutzte Vorschlag bei der Writer's Challenge nicht sonderlich beeindruckt hat, die Umsetzung dafür meine Erwartungen weit übertroffen hat. Natürlich gibt es noch ein paar Schwachstellen, doch 334 von 382 möglichen Punkten sind etwa 90%, was schon eine große Leistung ist. Die Geschichte hat einige Stärken: den Spannungsbogen, den Überraschungsmoment, die Wortwahl, die bis ins Detail passt und gut recherchiert und bis auf wenige Ausnahmen auch verständlich (dazu später mehr), auch die Rechtschreibung ist einwandfrei, ebenso die Grammatik.
Die Geschichte nutzt außerordentlich viele Stilmittel, was aber zum allgemeinen Stil der Geschichte passt, der sich vor allem auf die Erlebnisse einer Nacht bezieht. Man kann mit der Hauptfigur mitfühlen und sich auch in ihre Lage versetzen. Es wird mit so wenig Details zu ihrer Familie, ihrer Vergangenheit und ihrem Privatleben wie möglich gearbeitet, was allerdings gut zu einer Kurzgeschichte und vor allem zu dieser Geschichte passt, da so die Beschreibungen besser wirken können. Die Andeutung darauf, wer wohl der schlimmste Albtraum in (oder besser gesagt außerhalb) ihrer gemeißelten Sammlung ist, kommt relativ früh vor, wirkt aber dennoch. Es wäre schön gewesen, diesen zwischendurch in einem Satz noch aufzugreifen, um ihn nicht so in Vergessenheit geraten zu lassen, das wäre aber dann schon der letzte Schliff bis zur Perfektion.
Viel störender war leider die etwas ungewohnte Formatierung bei den Bindestrichen (bzw. Gedankenstrichen, ich weiß nicht, als was es gelten sollte, doch da sie im Dokument wie Bindestriche aussehen, nennen wir sie hier Bindestriche). Diese wurden meiner Meinung nach sehr oft eingesetzt, auch wenn sie teilweise überflüssig waren. Kommata wie auch Punkte wurden meines Erachtens nach fehlerfrei eingesetzt, einzig und allein die Nutzung der Bindestriche mit dem Punkte vor dem Bindestrich und der Großschreibung danach wirkte etwas ungewöhnlich. Einige Worte hätten vielleicht auch einer Erklärung bedurft, vielleicht kennen zwar einige Leser die von mir nachgeschlagenen Worte, jedoch würde ich sie nicht für sonderlich üblich halten, wenn man sich nicht mit Kunst sehr stark auseinandersetzt. Die meisten Szenen sind sehr gut beschrieben und man kann sich alles realistisch vorstellen, Kritikpunkt wäre hier einzig und allein die Kampfszene, in der das Detail mit dem Ellenbogen, der vermutlich schwerwiegenden Schaden erlitten hat, ein wenig unglücklich formuliert wirkt, da man dadurch etwas aus der Szene gerissen wird, da die Formulierung zu einem Fazit des Kampfes gepasst hätte, aber nicht zu einer solchen Situation, in der man vorwiegend an Schmerzen und nicht an entstandenen Schaden denken würde. Das ist jedoch nur ein Detail, das Ende hingegen ist gut ausgearbeitet und auch einwandfrei nachvollziehbar.
Beim Stottern der Hauptfigur jedoch scheint der Redebegleitsatz etwas überflüssig, da man auch so weiß, wer spricht, und da das Stottern durch die Darstellung im Text problemlos zu erkennen ist, wodurch sich die Erwähnung dessen im Redebegleitsatz nur mit dem in der wörtlichen Rede gezeigten Teil überschneidet. Eine Möglichkeit wäre es dort, das Stottern ohne Redebegleitsatz wirken zu lassen, da es so besser zur Geltung kommen könnte. Etwas verwirrend war nur noch, dass hier vier der fünf Sinneseindrücke sehr häufig aufgegriffen worden sind (meist innerhalb eines Satzes bzw. einer Zeile), wobei stets derselbe fehlte. Auch wird die Geschichte allgemein vorwiegend auf vier Sinneseindrücke ausgelegt, wobei mir der Grund ein wenig unklar ist. Das war es mit den negativen Aspekten der Geschichte, es sind nicht sonderlich viele, deshalb glaube ich, dass der Geschichte nur der Feinschliff fehlt.
Im Fazit würde ich sagen, dass die Fehler in dieser Geschichte nur eine Sache der Details sind, sonst hätte sie keine 90% der Punkte bekommen. Sie ist spannend, nachvollziehbar und nur seltene Stellen werfen einen aus dem Lesefluss.
Ich hoffe, dass meine Kritik hilfreich war und wünsche dem Autor noch alles Gute.
Gesamtpunktzahl: 334 (von 382 möglichen Punkten)

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Ideenzauber 2024 - Kritikbüchlein
Short StoryIn diesem Büchlein finden die Teilnehmer*innen des Ideenzauber-Wettbewerbs ihre Kritiken - anonym und jederzeit einsehbar