41 - Sturm des Jahrhunderts

5 0 0
                                    

"Aufwachen!" Haselpfote wurde durchgeschüttelt. Träge blinzelte sie und blickte in ein fremdes Augenpaar. Sofort sprang sie auf, fast schon hellwach. Sie starrte die fremde Kätzin an, dann fiel ihr wieder ein, wer das war.

"Ach ja." murmelte sie und sehnte sich zurück nach dem erholenden Schlaf. Aber Mini gab ihr keine Zeit, sich wieder zusammenzurollen. "Komm, ihr müsst los!" drängte die junge Kätzin. Haselpfote streckte sich kurz, dann folgte sie der Straßenkatze zu den anderen.

Wieselpfote stand gerade neben Federpfote, um sie zu wecken, während Krähenpfote schon wach in den Maispflanzen kauerte, eine Feldmaus zwischen den Pfoten. Haselpfote betrachtete die drei Katzen. Wieselpfotes Wunden waren vom Sturz offenbar aufgerissen, frisches Blut klebte an seinem Rücken. Federpfote sah auch nicht gerade besser aus, die bösen Kratzer an ihren Flanken wirkten tief und schmerzhaft.

Selbst Krähenpfote machte einen abwesenden, benommenen Eindruck, obwohl die Wunde an seiner Schulter unter einer dicken Lage aus Spinnenweben verborgen blieb. Als Wieselpfote Federpfote dazu bewegt hatte, aufzustehen, zauberte er drei weitere Feldmäuse hervor und reichte den Kätzinnen jeweils eins der mageren Tiere. "Hier, hat unsere Gastgeberin gefangen. Etwas mickrig, aber besser als nichts."

Haselpfote verschlang die Beute hungrig, dann beobachtete sie nachdenklich, wie Federpfote bei jeder Bewegung zusammenzuckte. "Soll ich deine Wunden verbinden?" fragte sie schließlich.

"Nein." knurrte die AhornClan-Schülerin nur. Wieselpfote verdrehte die Augen, dann fragte er Haselpfote: "Kannst du dich vielleicht um meine Schrammen kümmern?"

"Gern!" Haselpfote fand das kleine Büschel an Ampfer, das Federpfote übriggelassen hatte, und begann, rings um die Lichtung nach Spinnenweben zu suchen, dann zerquetschte sie das Kraut und bedeckte damit die Wunden. Sie sicherte das Ganze mit Spinnenweben - viele waren es nicht - und betrachtete stolz ihr Werk, glücklich über die Ablenkung. Außerdem freute sie sich, endlich das tun zu dürfen, wovon sie geträumt hatte - heilen.

Wieselpfote betrachtete unterdessen nervös den Himmel. Sein Fell zuckte angespannt. Haselpfote sah nach oben, konnte aber nichts bedrohliches finden - die tiefblauen Wolken waren verschwunden, zusammengeschmolzen zu einer sturmgrauen Wand mit tiefen Schatten, die kaum noch Sonne hindurchließen.

"Brechen wir auf?" fragte Krähenpfote schließlich. Wieselpfote löste sich vorsichtig von seiner Clangenossin und kratzte nachdenklich Erde über das, was er von der Maus übriggelassen hatte. "Ja, gehen wir."

Mini nickte, dann strich sie durch die Maispflanzen hindurch. Wortlos folgten die Schüler ihr, erst Wieselpfote, dann Krähenpfote, Haselpfote und zuletzt Federpfote.

Als sie wenig später das Feld verließen, traf die schwüle Hitze die Katzen wie ein Schlag. "Puh!" machte Haselpfote, während heißer Wind Blätter über den Donenrweg fegte und ihr ins Gesicht peitschte.

Mini lief schweigend über den verlassenen, heißen Zweibeinerpfad, also folgten sie ihr. Das Getreidefeld war hell und luftig, die Pflanzen gingen ihnen kaum über die Schultern. Ihre kleine Führerin strebte zielsicher nach Süden, dem Donnerweg entlang, und die Schüler folgten ihr nachdenklich. Der Himmel wurde immer dunkler, kein Licht drang mehr durch die Wolken.


Sie hatten ein gutes Stück geschafft - Haselpfote bekam es nicht hin, am Donnerweg zu messen, wie viel genau - als ein fernes Dröhnen die Stille zerriss. Gleißendes Licht schnitt durch die trockenen Getreidepflanzen. Mini fluchte. "Die Zweibeiner mähen wieder! Ich hätte es wissen sollen!" Erschrocken starrten ihre Begleiter sie an.

"Was ist das, Mini?" fragte Wieselpfote nervös, während das Heulen des Windes das Donnern des nahenden Ungeheuers für einen Moment übertönte. Mini legte die Ohren an. "Ein Monster der Zweibeiner. Wir müssen hier weg! Geht zurück zum Rand des Maisfeldes, dort wird es euch nichts anhaben können."

Schneefall - Neugier | Band IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt