VIII. Frühstückstisch

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Draußen angekommen, stellte Luisa gerade einen langen Tisch hin. Daneben stand ein kleinerer Tisch mit verschiedensten Frühstücksgerichten. Dolorian stand dahinter und stapelte gerade mehrere Arepas auf seinem Teller, während Mirabel versuchte, mit ihm zu reden.

Aber irgendwie kam mir das nicht wie Dolorian vor. Ich konnte nicht genau sagen, was es war, aber irgendwas an seiner Haltung und wie er unauffällig versuchte, mehrere Arepas zu stapeln, verriet mir, dass es Camilo war. Meine Vermutung wurde nur bestätigt, als der echte Dolorian wenig später mit Felíx aus der Tür trat.

Nachdem Mirabel noch kurz mit dem echten Dolorian gesprochen hatte, setzte sie sich an den Tisch, während ich mir etwas zu essen holte.

"Guten Morgen, tut mir leid, dass ich heute schon weg war." Ich lächelte nur kopfschüttelnd, bevor ich mir einen Teller nahm und etwas zu essen drauflegte. Allerdings nicht zu viel, ich wollte auch nicht unhöflich sein.

Wahrscheinlich war es auch gut, dass Dolorian schon weg war, als ich aufgewacht bin. Mein armes Herz hätte es sonst nicht händeln können. Ja, ich hatte schon bei ihm übernachtet. Ja, ich habe ihn schon aufwachen sehen, aber damals hatte mein Herz keinen Sprung gemacht, sobald ich ihn sah.

"Ich hoffe, du hast gut geschlafen? So kaputt wie du gern warst, bin ich erstaunt, dass du überhaupt schon wach bist." Ich musste ein Lachen unterdrücken, als wir zum Tisch gingen, bevor ich nickte.

Gerade als ich mich zwischen Dolorian und Isabela setzte, sprach Alma, die an der Stirnseite des Tisches stand. Doch Mirabel quatschte dazwischen, als sie Luisa irgendetwas vorhielt, was Alma gleich unterband, indem sie die Casita bat, Mirabel neben sie zu setzen.

"Wie ich bereits sagte, wir dürfen unser Wunder nie als selbstverständlich erachten. Deswegen werden wir heute doppelt so hart arbeiten. Zuerst möchte ich aber etwas bekannt geben." Sie sprach weiter, während sie zu Isabela trat. "Ich habe mit den Guzmáns gesprochen, über den Antrag, den Mariano Isabela machen möchte. Dolorian, gibt es einen Termin?"

Dolorian hielt kurz inne und drehte den Kopf zur Seite, bevor er antwortete. "Heute Abend. Und er will fünf Kinder." Isabela wurde schlagartig neben mir rot. Rote Blumen wuchsen zusätzlich auf ihrem Haar, während Dolorian weiter aß, als wäre nichts gewesen. Na ja, gut, das ist auch wahrscheinlich nicht das Verstörendste, was er hören muss.

Die Ersten verabschiedeten sich auch schon wieder, nachdem sie aufgegessen hatten. Manche, unter anderem Camilo, holten sich noch eine zweite Portion. Oder war es schon seine Dritte? Keine Ahnung.

Gerade saß zumindest nur noch Pepas Seite der Familie am Tisch, sowie Julieta, doch die beiden Schwestern und Felíx schienen so tief in einem Gespräch versunken zu sein, dass sie dem Rest von uns (also Dolorian, Camilo, Antonio und mir) gar keine Beachtung schenkten.

Antonio spielte mit den Tieren, die an seinen Füßen saßen, während Camilo seine Portion verschlang, als hätte er noch nie Essen gesehen. Dolorian hatte gerade sein Besteck weggelegt, als ich den letzten Bissen kaute.

"Übrigens habe ich noch kein Danke für gestern bekommen. Auch wenn du die Ankündigung anscheinend überhört hast. Ich hätte trotzdem gern mein Danke." Camilo zeigte leicht grinsend mit der Gabel auf Dolorian, während er sprach, woraufhin Dolorian nur kurz zu mir sah und dann seinen Bruder böse anfunkelte. Dieser ließ sich aber nicht beeindrucken und spießte nur das nächste Stück Arepa an, bevor er es sich schmecken ließ.

"Danke, Camilo. Und ich habe es gehört, keine Sorge." Camilo grinste nur, während er kaute, sagte aber nichts weiter dazu. Vielleicht lag es daran, dass Dolorian sofort weitersprach und Camilo nicht hinter kauen ließ. Da ich nicht genau wusste, worum es hier eigentlich ging, zuckte ich nur mental mit den Schultern.

"Liza, soll ich dich noch nach Hause bringen? Ich muss sowieso in die Richtung." "Musst du gar nicht", hörte ich nur Camilo murmeln, was mich grinsen ließ. "Halt den Mund", meinte Dolorian nur, als er aufstand und schon Richtung Tür ging.

Ich winkte noch schnell, bevor ich ihm folgte. Als Pepa, Felíx und Julieta merkten, dass ich ging, verabschiedeten sich mich noch einmal lautstark. Nicht anders war ich es von der Familie Madrigal gewohnt.

Schnell hatte ich Dolorian eingeholt, der drinnen auf mich wartete, bevor wir in sein Zimmer gingen und ich meine Siebensachen zusammensuchte.

"Entschuldigung, wegen gestern", murmelte ich und deutete Richtung Bett. Dolorian machte nur eine wegwerfende Handbewegung. "Mach dir darüber keine Gedanken. Du kannst so oft kommen, wie du willst. Du bist hier mehr als willkommen. Meine Familie liebt dich. Ich l-", als er stockte, wurde er rot, was ihn verdammt süß aussehen ließ. Erst nach einem kurzen Räuspern sprach er weiter. "Ich habe dich gern hier. Zerbrech' dir also wirklich nicht deinen Kopf."

Lächelnd senkte ich den Blick zu Boden. Meine Gedanken drifteten schon wieder in meine perfekte Welt ab, wo er mein Freund war und ich ohne Probleme jeden Tag hierherkommen oder ihn einfach an seiner Weste zu mir herunterziehen und küssten könnte, wann immer ich wollte.

Kopfschüttelnd blickte ich wieder zu Dolorian auf. Als wäre das realistisch. Er ist einer der beliebtesten Single-Männer im ganzen Encanto. Wenn nicht sogar der beliebteste. Warum mache ich mir überhaupt Hoffnungen? Wahrscheinlich sollte ich mich glücklich schätzen, dass ich überhaupt so viel Zeit mit ihm verbringen kann.

"Hast du alles?", riss Dolorian mich mit einem Lächeln aus meinen Gedanken. Nachdem ich genickt hatte, hielt er mir die Tür auf und wir gingen zusammen in Richtung meines Hauses.

Nachdem Dolorian mich abgesetzt hatte, ging er seines Weges, während ich mich umzog und anfing, die Sachen zu waschen, um sie Pepa frühestmöglich zurückzugeben.

Den Rest des Tages verbrachte ich auf meiner Couch mit einem guten Buch. Es hat mich so gefesselt, dass mir erst später das Wetter auffiel. Der Regen prasselte plötzlich gegen mein Fenster, die Sonne war schon fast untergegangen. Was brachte Pepa wohl so außer Ruhe?

"Dolorian, gibt es einen Termin?" "Heute Abend." Das konnte es wohl kaum sein. Sollte nicht die Sonne scheinen? Ein Antrag sollte etwas Gutes sein.

Bei mir war es auch kein Sonnenschein-Antrag. Den Gedanken schüttelte ich schnell ab. Isabela hat sicher nicht nein gesagt. Zumindest hatte Mariano immer einen guten Eindruck auf mich gemacht. Aber das hatte Mateo auf die anderen auch gemacht.

Ich sollte wirklich nicht so negativ denken.

Vielleicht hat das Wetter ja auch nichts mit Pepa zu tun. Vielleicht ist es wirklich nur schlechtes Wetter. Aber Pepa kontrolliert das Wetter. Der Gedanke war bescheuert.

Zwangsläufig würde ich wohl morgen fragen gehen müssen, wenn ich die Sachen zurückbringe.

Wer hätte schon ahnen können, dass das morgen meine geringste Sorge sein sollte...

Veränderte Zukunft (m. Dolores Madrigal - Encanto)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt