X. Pfannkuchen

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Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber in jedem Fall war es dunkel draußen. Und ich hatte Hunger.

Also stand ich schnell auf, zog mich um und tapste in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Der Teig für ein paar Pfannkuchen war fix angerührt und brutzelte schon gemütlich in der Pfanne, als ich Schritte die Treppe herunterkommen hörte.

Ein Lächeln schlich sich schon auf meine Lippen, bevor Dolorian überhaupt um die Ecke sah. "Wusste ich es doch, dass ich Essen gerochen habe." In wenigen Schritten war Dolorian bei mir und sah mir über die Schulter. Mir war nur zu klar, wie nah er hinter mir stand, als ich seine Körperwärme spürte.

"Was gibt es denn Schönes? Wie kann ich dir helfen?" Während ich den Pfannkuchen in der Pfanne wendete, deutete ich nur zum Geschirrschrank und dann zum Tisch. Dolorian verstand den Wink sofort und begann, den Tisch zu decken. Und auch wenn ich ihm gesagt hatte, dass er weggehen soll, vermisste ich seine Wärme in dem gleichen Moment.

Nachdem ich den letzten Pfannkuchen auf den Teller gelegt hatte, brachte ich alles zu Tisch. Saubermachen konnte ich auch noch später.

Dolorian war schon oft genug hier gewesen, weshalb es mich nicht wunderte, dass er wusste, wo alles war. Der Tisch war vollständig gedeckt. Dolorian schob mir sogar den Stuhl heran, was mir nicht nur rote Wangen, sondern auch ein Lächeln entlockte, während ich mich schnell bedankte. Er grinste nur, während er sich setzte.

"Das ist das erste Mal, dass ich hier bei dir übernachtet habe, ist mir gerade klar geworden." Ja und als ich aufgewacht bin, hatte ich mir kurz gewünscht, dass er nicht im Gästezimmer, sondern im Doppelbett mit mir geschlafen hätte. Aber das konnte ich ihm kaum sagen, weshalb ich nur nickte.

In diesem Haus hatte er wirklich bisher nicht übernachtet. Zwar war er oft hier zu Besuch, aber das letzte Mal, dass er bei mir übernachtet hatte, war zu der Zeit, als ich noch bei meinen Eltern gewohnt hatte.

Den ersten Bissen genoss er besonders vokal. "So gut schmeckt es nun auch nicht", kommentierte ich deshalb, woraufhin er nur mit dem Kopf schüttelte. Nachdem er wesentlich mehr als dreißigmal gekaut und heruntergeschluckt hatte, antwortete er schließlich und zeigte mit der Gabel auf mich. "Hör auf, dich schlechtzureden. Das schmeckt fantastisch. Ich glaube, ich könnte das jeden Morgen essen und hätte es trotzdem noch nicht satt."

Zwar glaubte ich Dolorian, aber Mateos Stimme schwirrte immer noch in meinem Kopf. "Nicht einmal was Ordentliches zu Essen kannst du kochen. So was esse ich nicht." Schnell drückte ich den Gedanken in das schwarze Loch zurück, aus dem er gekommen war.

Dolorian legte vorsichtig seine Hand auf meine, was mich von meinem Essen zu ihm aufschauen ließ. "Egal, was andere gesagt haben. Ich finde, es schmeckt fabelhaft. Von mir aus kann ich auch morgen kochen und du wirst sehen, dein Essen ist dagegen der reinste Traum."

Den Kloß, der sich plötzlich in meiner Kehle gebildet hatte, schluckte ich schnell herunter. "Du hast es damals gehört, oder?" Seufzend strich Dolorian mit seinem Daumen über meine Hand, was mich beruhigte. "Ich habe alles gehört. Und ich sage dir, ich war jedes Mal kurz davor, hierher zustürmen und ihm meine Meinung zu sagen, aber ich wusste, dass du das nicht wollen würdest. Ich weiß nicht, warum du so lange bei ihm geblieben bist. Du musst es mir auch nicht erzählen. Vielleicht gibt es auch keinen Grund. Wahrscheinlich hätte ich gleich beim ersten schlechten Satz, den er gesagt hatte, eingreifen sollen, aber ich hatte Angst, dass du danach nichts mehr mit mir zu tun haben willst."

Sein Blick war inzwischen auf unsere Hände gefallen, weshalb ich meine andere auf seine legte und meinen Mut zusammennahm. "Erinnerst du dich noch an Brunos Vision von damals?" Ein trauriger Ausdruck huschte über sein Gesicht, bevor er nickte. Ich schluckte noch einmal. So viel, wie ich sagen wollte, hatte ich lange nicht mehr in einem Stück gesagt. "Er sagte damals zu mir, dass ich meinen Traummann heiraten würde und die Szene passte genau zu dem Antrag von Mateo. Vorher hatte ich nur einen Funken Hoffnung, dass er es einfach nicht ist und die Szene nicht stimmen wird, aber das tat sie." "Und trotzdem hast du Schluss gemacht." Ich nickte nur.

Gerade als ich meine Hände wieder zurückziehen wollte, griff Dolorian noch einmal danach. "Und das war die richtige Entscheidung. Mateo war ganz sicher nicht dein Traummann, glaub mir. Er war - ist - ein toxisches Arschloch und du hast jemanden wesentlich Besseren verdient als ihn. Ich sag' dir, jeder andere Typ da draußen war neidisch, als du vergeben warst. Ich habe das Ende nicht gehört." Er lachte leicht auf, auch wenn es irgendwie verkrampft klang.

Zwar lächelte ich wieder leicht, doch so wirklich heiterte mich der Gedanke nicht auf. Was interessieren mich schon die Typen da draußen, wenn mein Herz bei jedem Satz von ihm einen Sprung machte?

"Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Mateo war nicht dein Traummann, egal, was Bruno gesagt hat." Mit einem aufmunternden Lächeln ließ er meine Hände los, bevor er anfing, weiterzuessen.

Kann man die Zukunft überhaupt verändern? Gäbe es überhaupt die Möglichkeit, dass Brunos Vision nicht der Wahrheit entspricht?

Gedankenverloren aß ich noch meine Pfannkuchen auf und säuberte dann zusammen mit Dolorian die Küche, bevor wir uns auf die Couch setzten.

"Was hat Bruno eigentlich dir damals gesagt?" Dolorian seufzte neben mir, während ich mein Blick von dem Buch, was noch von vorgestern auf dem Couchtisch lag, zu ihm anhob.

Er wirkte zerknirscht. Mir war klar, dass ihm damals keine freudige Zukunft versprochen worden sein kann, so wie er aus dem Raum gestürmt kam. Ihn aber so zu sehen, tat meinem Herz auch nicht gut, weshalb ich meine Hand auf seine zusammengefalteten legte, damit er aufhörte, sie zu kneten. Er seufzte erneut, bevor er mich ansah.

"Er hat gesagt, dass meine Traumfrau unerreichbar bleibt, da sie schon vergeben ist." Seufzend legte ich den Kopf auf seine Schulter. "Tut mir leid", murmelte ich, woraufhin Dolorian nur schnaubend lachte, während er meine Hand in seine nahm. "Also ich glaube, ein anderer Mann ist nicht mehr das Problem."

Meine Hand, die er berührte, fing an zu kribbeln, während Wärme langsam in meine Wangen kroch. Mein Herz fing an, schnell zu klopfen und sein liebevolles Lächeln half nun wirklich in keinerlei Hinsicht, das zu ändern.

Ich glaube, mein Gehirn hatte einen Kurzschluss, denn ich konnte nur die Augen weit aufreißen, während ich ihn ansah.

Kein einziges Wort kam aus meinem Mund heraus.


Veränderte Zukunft (m. Dolores Madrigal - Encanto)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt