Epilog

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Schnellstraße 6, Allianz Deutscher Länder (ADL)
Samstag, 27. August 2061, 13:28 Uhr

Monoton rollte der Camper über die Schnellstraße. In einer knappen halben Stunde würde Issandra wieder in Zweibrücken ankommen. Sie hatte einen Matrixkanal eingestellt, der sie über das Bordsystem mit einem Mix aus Musik und Nachrichten unterhielt.

Am Morgen war sie in Berlin noch durch einen unerwarteten Vorfall aufgehalten worden, als in Adlershof ihr Camper plötzlich stoppen musste. Zwei Fahrzeuge vor ihr war die Fahrbahn blockiert worden und Issandra stieg aus, um nach der Ursache zu sehen. Zuvor hatte sie sich in aller Eile noch ihre beiden Unterarmklingen angelegt, was sich jedoch im Nachhinein als unnötig herausstellte.

Auf Höhe eines Dönerstandes in Adlershof war eine Passantin mitten auf der Straße zusammengebrochen und liegengeblieben. Als sie selbst bei der Frau eintraf, war auch der Fahrer des ersten Autos bereits zur Stelle. Einige Passanten boten ihre Hilfe an, während die meisten nur stehenblieben und schauten. Die dunkelhaarige Frau mittleren Alters konnte sich kaum artikulieren, doch schien sie unter starken Schmerzen im Brustbereich zu leiden. Issandra setzte einen Notruf mit ihrem Komm-Gerät ab, während andere Helfer die kollabierte Frau vorsichtig auf den Rücken drehten und ihren Kopf stützten.

Das Eintreffen des Rettungswagens ließ fast eine halbe Stunde auf sich warten, doch die Frau blieb während dieser Zeit ansprechbar. Nur ihre starken Brustschmerzen wollten nicht nachlassen.

„Wahrscheinlich ein Herzanfall", äußerte sich der Mediziner nachdem der Krankenwagen endlich eingetroffen war.
„Sie hatte vorhin da drüben einen Döner gegessen", gab einer der Helfer zu verstehen.
„Aber daran kann es nicht gelegen haben, denn ich hatte auch einen", äußerte sich einer der Schaulustigen.

„Hatte hier noch jemand einen Döner?", fragte der Sanitäter in die Runde und zählte daraufhin mindestens fünf Handzeichen. „Dann können wir das wohl getrost als mögliche Ursache ausschließen", entschied er, während die Frau auf einer Trage in den Krankentransporter geschoben wurde.
Kurze Zeit später hatte sich die allgemeine Aufregung gelegt. Jeder ging wieder seiner Wege und auch Issandra konnte ihre Heimfahrt fortsetzen.

Während der etwa achtstündigen Fahrt reflektierte sie die Geschehnisse der letzten Tage und dachte dabei auch an die zurückliegenden Weihnachtstage. Es ging ihr durch den Kopf, was wohl geschehen wäre, wenn sie an diesem Heilig Abend nicht in einem Anflug von Sentimentalität das Domizil ihrer Kinder- und Jugendtage aufgesucht hätte.
„Die letzten Tage mit Marie hätte es nie gegeben", sprach sie vor sich hin und legte ihren Kopf in den Nacken.

Doch schon überkamen sie abermals sorgenvolle Gedanken darüber, dass die falschen Leute, zu früh von Marie und ihrer magischen Begabung erfahren könnten.
„Nicht auszudenken, was skrupellose Verbrecher oder Konzerntypen mit der Kleinen anstellen würden", sprach sie zu sich selbst. „Obwohl es egal ist, ob Konzerne oder Gangster, alle die gleichen Wixer!", steigerte sie sich in düstere Vorahnungen, bevor sich die Stimme aus dem Matrixkanal in ihr Bewusstsein schob.

„Soeben erreichen uns Neuigkeiten aus Speyer, liebe Zuhörer. Wie wir bereits gestern berichteten, hatte der Dom erneut eine seiner berühmten magischen Verwandlungen vollführt. Dabei war das Westportal auf mehr als das Doppelte angewachsen und auch die Orgel vergrößerte sich derart, dass die Pfeifen durch das Dach brachen. Augenzeugen zufolge erklang während der Verwandlung ein Orgelstück, das bis über die Stadtgrenzen hinaus zu hören war", berichtete der Sprecher.

Issandra kannte das Kirchenbauwerk von einer Klassenfahrt aus ihrer Schulzeit und wusste von dem Phänomen, dass der Dom von Zeit zu Zeit durch Magie Veränderungen erfuhr, die sich nach einer gewissen Zeit wieder zurückbildeten. Doch noch nie hatte sie gehört, dass der Dom dabei Orgelmusik spielen ließ.

Schattenhelden - Blutige FerienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt