7 Celest

9 3 0
                                    


Ich versuchte, an das blöde Buch heranzukommen. Aber obwohl ich schon auf der letzten Sprosse der Leiter in der kleinen Bibliothek stand, konnte ich das Ding nicht erreichen. Fluchend streckte ich mich auf dem wackeligen Gestell. »10 verdammte Zentimeter mehr und mein Leben wäre so viel einfacher! 10 Zentimeter, das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?!«

Plötzlich knarrte die Leiter und Elias trat leise hinter mich. Er griff um mich herum und nahm das Buch, das ich brauchte. Er sagte nichts, sah mich nur an, als ich den Kopf zurückwarf. Sein Hemd war noch ein wenig feucht und mein Körper reagierte wieder und Hitze flammte auf. Aber bevor er mich in eine ähnliche Situation brachte wie zuvor, befreite ich meine Kehle und sagte tonlos: »Danke. Aber ich weiß nicht, ob die Leiter für zwei Personen ausgelegt ist. Ich glaube, Sie sollten etwas Abstand halten, Herr Gelbero. Generell.«

Er hatte eine schwangere Ex-Frau. Nun, noch Ehefrau. Wie konnte er sie verlassen? In ihrem Zustand. In welchem Monat war sie? Im Fünften? Sechs? Oder war sie schon weiter?

Ich drückte meine Arme an meine Brust und wartete.

Wie schön sie war. Blond, schlank, mit wunderbaren Rundungen und so ... atemberaubend. Sie passten optisch perfekt zusammen. Er der dunkle Ritter und sie die schöne Prinzessin. Mit zusammengepressten Lippen starrte ich auf die Bücher vor mir. Sie war schwanger und Elias behandelte sie wie den Teufel. Oder ließ er sich deshalb scheiden? Weil er sie geschwängert hatte? Aber warum sollte er? War das nicht eines der großen Ziele einer Ehe? Kinder zu haben und ... keine Ahnung. Glücklich sein? Aber was wusste ich schon? Schließlich war mein Verlobter offensichtlich nicht unbedingt daran interessiert, mich bald vor dem Altar stehen zu sehen, und wenn ich ehrlich war ... freute ich mich, wenn ich daran dachte?

Er reichte ihr das Buch und trat von der Leiter. »Kommen Sie, sprechen Sie schon Ihre Gedanken aus? Ich bin das gewohnt, was haben sie mir zu sagen?«

Er klang leicht gereizt, aber ich ignorierte es. Genauso wie ich das Fehlen seiner Wärme in meinem Rücken ignorierte. »Ich habe keine Gedanken, Herr Gelbero. Warum sollte ich auch? Es geht mich doch nichts an. Ihr Leben interessiert mich nicht«, blieb ich so neutral und professionell wie möglich. »Ich könnte Ihnen nur vorwerfen, wie Sie mit einer schwangeren Frau umgehen, und dass das viel über den Charakter eines Menschen aussagt. Aber auch das werde ich nicht tun. Also«, trat ich einen Schritt zurück und rutschte aus. Ich konnte nicht einmal mehr schreien, also kniff ich die Augen zusammen und wartete auf den Aufprall und den Schmerz.

Der blieb aus, denn Elias fing mich auf, hielt mich locker in seinen Armen und sah auf mich herab. »Haben sie es nicht gerade schon getan, zumindest in ihren Gedanken?«, fragte er und blickte kurz auf meine Füße. »Haben Sie sich verletzt, Miss Dickson?«

»Wie gesagt«, begann ich und versuchte, mich zu befreien, »ich habe keine Meinung dazu. Und wie heißt es so schön, die Gedanken sind frei, nicht wahr? Sie scheinen ein Talent dafür zu haben, mich zu fangen oder zu tragen.«

Er setzte mich ab und sagte: »Und Sie sind viel zu tollpatschig. Aber wenn es Sie stört, lasse ich Sie das nächste Mal fallen. Aber dann müssen Sie mir versprechen, dass Sie trotz Verletzung weiterarbeiten«, scherzte er etwas unpassend.

Ich schnaubte und antwortete etwas mürrisch: »Sie sind sicher mehr als gut versichert, Herr Gelbero.«

Ihn keines Blickes mehr würdigend, ging ich weiter in die Bibliothek hinein, bis zu dem Tisch, den ich mir vorher ausgesucht hatte. Er stand an einem Fenster, das seinerseits vor einem Rosenbusch stand, mit herrlichen weißen Blüten in voller Blüte. Ich legte das Buch auf den Tisch, bevor ich den Griff drehte und das Fenster öffnete. Die Scharniere quietschten, und sobald das Glas geöffnet war, schlug mir der intensive Duft der Rosen entgegen, und eine leichte Spätsommerbrise wehte um mich herum. Ich atmete tief durch, zog ein Haargummi aus meiner Hosentasche und band mir schnell einen lockeren Zopf. Dann setzte ich mich an den Tisch und schlug das Buch auf.

The Old Mansion {OC x OC }Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt