Kapitel 07 • Constantin

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Ein dumpfes Geräusch und ein unterdrückter Fluch lassen mich aus meinem leichten Schlaf hochschrecken. Es klingt so, als wäre jemand irgendwo gegengelaufen oder so, und jeder, der schon einmal im Dunkeln mit dem kleinen Zeh an irgendeiner Kante hängengeblieben ist, kann diesen Schmerz unwillkürlich nachempfinden. Wortlos hebe ich den Kopf vom Kissen, um die Person ausfindig zu machen. Doch das Zuschlagen einer Tür verrät mir, dass, wer auch immer es war, schon wieder aus Nates Wohnzimmer gehuscht ist.

Ruhig lausche ich in die Stille und spitze neugierig die Ohren. Wenige Sekunden später erklingen ein jämmerliches Würgen und andere Geräusche, die nur jemand von sich geben kann, der sich übergibt. Ohne darüber nachzudenken, springe ich alarmiert vom Sofa auf und finde meinen Weg zum Badezimmer.

Denn wer auch immer es ist – mein kleiner Bruder oder seine beste Freundin – es hört sich ganz so an, als bräuchte da jemand Hilfe.

Die Tür ist zum Glück nur angelehnt und ich klopfe zögerlich an, weil ich nicht einfach so reinplatzen will. Nachdem ich jedoch keine Reaktion bekomme, schiebe ich sie nun doch einfach auf und bin froh über diese Entscheidung.

Kit hängt über der Kloschüssel und lässt sich ihr Abendessen noch einmal durch den Kopf gehen. Sie kniet zusammengesunken auf dem Fliesenboden, versucht sich ihre Haare selbst aus dem Gesicht zu halten, während sie sich immer wieder übergibt, und scheitert dabei kläglich. Auf der Stelle bin ich an ihrer Seite, hocke mich halb hinter sie und fasse ihre inzwischen kurzen braunen Strähnen an ihrem Hinterkopf zusammen.

Sie zuckt zwar im ersten Augenblick zusammen, doch dann überrollt sie offenbar eine neue Welle der Übelkeit, die sie kläglich würgen und wimmern lässt, sodass sich mein Herz zusammenkrampft. Beruhigend streiche ich ihr mit meiner freien Hand über den Rücken.

Erst jetzt, wo ich ihr die Haare zurückhalte, fallen mir die winzigen Ohrringe und viele verschiedene Piercings auf, die ihre Ohren in einem funkelnden Gold schmücken. Auch das kleine Tattoo an ihrem rechten Handgelenk – einen kleinen Sichelmond – bemerke ich ebenfalls erst jetzt, und doch überrascht es mich nicht im Geringsten, das Kit tätowiert ist.

„Du", murmelt sie schließlich schwach, sobald sie sich den Mund mit ein bisschen Toilettenpapier abgewischt und den Kopf ein Stück zu mir gedreht hat. In ihren hellblauen Augen glitzern Tränen, die sie offensichtlich nur schwer zurückhalten kann.

„Ich", bestätige ich sanft und ziehe meinen linken Mundwinkel ein wenig hoch, nachdem ich die Spülung für sie betätigt habe.

„Gott, was würde ich jetzt für ein tiefes Loch im Boden oder einen schnellen Tod geben", stöhnt sie peinlich berührt und vergräbt ihren Kopf zwischen ihren Armen, die sie nach wie vor auf der Klobrille abstützt.

„Nichts, wofür es sich zu schämen gebe, Shawty.", versichere ich ihr und meine es auch so. Es ist ja schließlich nicht so, als hätte ich mich noch nie in meinem Leben übergeben.

Schweig still, oh pochend Herz", winselt sie dramatisch, und ich bin überrascht, dass sie es trotz ihres momentanen Zustands schafft, solch eine Ironie in ihren Worten mitklingen zu lassen. „Das ist genau das, was eine Frau hören will, wenn ein beinahe völlig fremder Mann ihr die Haare hält, während sie sich die Seele aus dem Leib kotzt."

„Man tut, was man kann", witzele ich, in einem schwachen Versuch, ihr ein bisschen von der Scham zu nehmen und meine Sorge, um sie zu verbergen. Doch als das keine Früchte trägt, werde ich wieder ernster. „Geht es dir gut?"

„Jedenfalls nicht so gut, dass ich mich in den nächsten Minuten von hier wegbewegen könnte.", seufzt sie und dreht ihren Kopf wieder so, dass sie mich ansehen kann. „Habe ich dich geweckt?"

Broken HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt