Das Kennenlernen

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Ich wurde früh wach. Es war still und kühl in meinem Gemach, aber durch die dicke Decke konnte man es besser aushalten als zuhause. An den Fenstern waren kleine Eisblumen zu erkennen und man konnte kleine Flocken fallen sehen. Vorsichtig schob ich meine Decke zur Seite und stand auf. Kurz hörte ich, ob sich schon irgendwas auf dem Gut bewegte. Wenn ja, waren die Bediensteten ziemlich leise. Ich atmete tief aus und man erkannte direkt eine kleine Dampfwolke. Dann lief ich leise ins Bad und schloss die Tür. Ich machte mich ein bisschen frisch und frisierte meine Haare so, wie Chloé es gestern bei mir tat. Im Zimmer ging die Tür auf. „Miss Lefebvre? Seid Ihr schon erwacht?", hörte man Chloé sagen. Nachdem ich die letzte Strähne befestigt hatte, öffnete ich die Tür vom Bad. Kurz zuckte Chloé zusammen. „Ihr hättet ruhig länger schlafen können.", sagte ich ihr und rieb meine Hände aneinander. „Nein, nein. Das würde den Herrn Sandricourt absolut nicht gefallen.", bemerkte sie und ich schaute sie seufzend an. „Dürft Ihr überhaupt etwas?", fragte ich ernst und sie überlegte kurz. „Kostenlos hier wohnen, Essen, einmal im Monat auf Kosten des Herrn einen Brief schreiben.", erklärte sie und ich schaute sie noch ernster an. „Und dürft Ihr auch mal die die Familie sehen? Oder habt Ihr mal frei?", fragte ich weiter und ich merkte, das es Chloé schwerfiel zu antworten. „Ganz selten. Ich habe sie seit 2 Jahren nicht mehr gesehen. Und frei hatte ich seitdem auch nicht mehr. Ich arbeite auch erst seit 2 Jahren hier.", erzählte sie weiter, ich lehnte mich dabei an den Türrahmen und verschränkte meine Arme. „Ich glaube ich muss hier frischen Wind reinbringen.", murmelte ich und Chloé schüttelte panisch ihren Kopf. „Tut das nicht! Sie geraten nur in Schwierigkeiten. Das kann ich nicht verantworten.", zischte sie und ich ließ meine Arme fallen. „Er scheint echt nicht gerade ein netter Herr zu sein.", bemerkte ich und lief zu Chloé hin, die mir ein Kleid aus dem Schrank suchte. Als sie eines gefunden hatte, zog sie mich um. Es war diesmal in einem hellen Gelbton.

Einige Zeit verging und wir liefen nach unten. Sie führte mich wieder in den Speisesaal und Herr Sandricourt traf auch gerade ein. „Pünktlich. Das lobe ich mir. Das habt ihr gut hinbekommen Miss Chloé.", bemerkte er und sie nickte nur. Ich setzte mich und legte meine Hände vorsichtig auf meinem Schoss. „Wie habt Ihr geschlafen?", fragte er mich ein wenig monoton und ich schaute ihn an. „Gut. Es war ungewohnt, aber es ging.", erklärte ich und er nickte. „Wenn wir vermählt sind, seid Ihr nicht mehr allein im Gemach. Dann teilen wir uns ein Bett.", erzähle er mir und ich bekam einen leichten Schauer über den Rücken. „Wann gedenkt Ihr unsere Vermählung stattfinden zu lassen?", fragte ich ihn und versuchte überzeugend und stark zu klingen. „In 2 Monaten. Es muss noch einiges vorbereitet werden. Die Einladungen sind alle schon raus.", erklärte er und die Bediensteten brachten uns etwas zum Frühstücken. Ich schaute ihn Hoffnungsvoll an. „Wer wird da sein? Ist meine Familie auch eingeladen?", fragte ich neugierig und er rührte in seinem Tee. „Ja natürlich. Sie gehören doch jetzt auch zur Familie.", meinte er so monoton, dass er fast einschlief. Überzeugend wirkte er nicht und ich war enttäuscht. Er wird sie nicht einladen, da sie nicht Adelig sind, so wie er. Es werden sehr viele Fremde Menschen zur Hochzeit erscheinen. Alle reich, wohlhabend und mit vollen Bäuchen und gepuderten Nasen.

Wir beendeten das Essen und Herr Sandricourt reichte mir die Hand. Ich nahm sie und stand mit seiner Hilfe auf. „Ich bin heute beim König eingeladen, um mit ihm über seine Lieferung zu sprechen. Ihr dürft mich begleiten, aber benimmt euch!", mahnte er mich an und ich nickte höfflich. „Der Termin ist in einer Stunde. Das Kleid, was ihr tragt, ist perfekt dafür. Ihr braucht euch also nicht umkleiden.", sagte er und lief mit mir an hochgehaltener Hand aus dem Speisesaal. Überall war es kalt, aber durch die dicken Kleider war es auszuhalten. „Spaziert mit mir!", befahl er und hielt mir seinen Arm anders hin. Ich hakte mich bei ihm ein und wir liefen nach draußen. Es lag eine leichte Schneeschicht auf dem Boden und wir hinterließen dort unsere Fußspuren. „Ihr dürft das Gelände nicht allein verlassen. Es muss immer jemand bei euch sein. Ihr dürft auch nicht allein hier auf dem Grundstück herumschleichen. Es gibt hier zu viele Stolperfallen.", erklärte er mir und ich fühlte mich beobachtet.

Einer für alle - alle für einenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt