Freedom road (Changjin FF)

Zwölf

„Welche meinst du denn?"

„Die von Jayuro. Sagen wir mal, dass es sich hierbei um keine Frau handelt, wie angenommen sondern um einen Mann. Ein Mann, der gerade drüben in meiner Wohnung wie eine creepy Statue steht." Das gab Jeongin der Rest. Aufgeregt stellte er seinen halbvollen Dosenkaffee auf den Tisch und stand auf. Abenteuerlust flammte in seinen dunklen Augen auf. Laut Seungmins Geschichten war Jeongin ein recht aufgewecktes Kerlchen, welches gerne seinen Kumpel in fremde Gebiete brachte, während Seungmin eher auf Routen bleiben wollte. „Du verarscht uns, oder?", meinte Seungmin, seine Stirn immer noch in Falten gelegt. „Ich wünschte es wäre wirklich so. Ich könnte ihn euch zeigen.....", meinte ich. Jeongin ergriff meine Hand und forderte mich zum Aufstehen. Er erinnerte mich gerade an einen kleinen Jungen. „Dann komm! Worauf wartest du?"

„Okay, gut, ich werde euch zu ihm bringen, doch passt auf, er ist ein wenig...gruselig..." Gemeinsam mit Seungmin und Jeongin lief ich rüber zu meiner Wohnung. Da ich nur nebenan war, habe ich meine Tür nur angelehnt und musste sie nicht aufmachen. Zu Jeongins Vorteil, denn er stieß die Tür auf und rief ein 'Jayuroooo, wo bist duuuu?' in den Flur, doch zu meiner Überraschung stand Hyunjin nicht wie sonst dort. Meine Suche führte ich in den anderen Zimmer fort, doch von Hyunjin war keine Spur. Nur den vertrauten Temperaturfall bemerkte ich. Seungmin und Jeongin warteten derweil im Flur auf den Geistermann und mich und mussten traurig feststellen, dass ich alleine zurück kam. „Wo ist er?", fragte Jeongin und schaute sich suchend um. „Steht er gerade neben dir?" Ich schaute mich um, doch ich spürte nur eine stete Kälte. Hyunjin war hier aber auch nicht hier. Als würde er im ganzen Raum sein. Seltsam, dass Hyunjin nicht auftauchte. War er gegangen? Hatte er Angst bekommen, weil ich ihm Seungmin und Jeongin vorstellen wollte? Ich musste kurz schnauben. Hyunjin war selber ein Geist und Geister brauchten sich von nichts zu fürchten. „Toller Witz, wirklich. Also ich geh dann rüber, deine Koordinaten entschlüsseln."

„Bye Binnie!", meinte Jeongin nur und folgte seinem besten Freund nach draußen, bevor sie die Tür schlossen. Die beiden denken jetzt sicher, dass ich nicht alle Tassen im Schrank hab und mir irgendwelche Sachen einbilde. Ich seufzte. „Und haben deine Nachbarn etwas herausgefunden?", ertönte Hyunjins sanfte Stimme und verpasste mir einen heftigen Schrecken, der mir tief ins Herz schoss. Meine Hand auf meinen rasendes Herz haltend, drehte ich mich um und da stand er, als würde er mich auslachen wollen, weil er es geschafft hatte, zu verschwinden, während ich Besuch nur wegen ihm hatte. Nur dass kein freches Grinsen sein blasses Gesicht zierte, sondern nur seine vertraute Ausdruckslosigkeit. Die einzige Gefühlsregung des Geistes habe ich letzte Nacht mitbekommen, als er schwarze Tränen geweint hatte. „Nein, aber Seungmin sitzt dran. Wieso warst du auf einmal weg? Ich wollte dir Seungmin und Jeongin vorstellen." 

„Ich bleibe nur sichtbar für die diejenigen, die mir auf der Straße ihre Hilfe angeboten haben. Kurz gesagt, nur du kannst mich sehen, Changbin." Toll. Das half wirklich sehr. Wenn ich Hyunjin nur vorzeigen konnte, würde man mir glauben. Hyunjins Aussage bedeutete aber auch, dass Autofahrer nur einen kurzen Blick auf ihn erhaschen können, bevor er vor ihren Augen verschwindet. Wie musste sich Hyunjin fühlen, wenn es nur so eine geringe Möglichkeit gab, ihm zu helfen? Wie fiel spürte Hyunjin noch? Oder war er wie sein Gehirn nur eine leere Hülle und nur sein Herzenswunsch, den er noch zu lösen galt, hauchte ihm Leben ein? Ich stellte mir das Leben als wahnsinnig einsam vor. Naja, jetzt hat er mich. „Schön...das bedeutet, dass du mit mir einfach zur Arbeit kommen kannst ohne dass du jemanden erschrickst. Finde ich gut. Also richte dein geisterhaftes Gewand, du wirst heute ein Casino besuchen." Irgendwie machte es mich froh, dass Hyunjin mich begleitete, damit er nicht so einsam war. Mittlerweile gewöhnte ich mich immer ein bisschen mehr an ihn.