Kapitel 1

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Aurora

„Roman? Hey bist du zuhause?" Meine Stimme hallte laut durch unser mehr als großzügige Haus, während ich noch im Flur stand und versuchte möglichst ohne viel Schaden anzurichten aus meinem Stiefeln zu kommen. In den letzten zweieinhalb Stunden war ich mit unseren beiden Irish Settern Phoenix und Indigo durch die Wälder Montanas gestreift, weil ich mal wieder eine Schreibblockade hatte. Seit einem halben Jahr schrieb ich jetzt schon an meinem vierten Album und kam einfach nicht voran. Es war nicht so, dass ich keine Songs hätte, ich hatte tatsächlich sogar mehr als genug, aber sie schienen mir alle nicht gut genug. Nicht für dieses spezielle Album. Mein Album davor war mein erster Nummer 1 Album gewesen, was bedeutet, dass der Druck auf dem kommenden Album nur noch größer war. Ich wollte niemanden enttäuschen. Weder mein Label, noch meine Fans und schon gar nicht mich selbst.

Glücklicherweise hatte mir der Spaziergang tatsächlich dabei geholfen den Kopf frei zubekommen und mir endlich neue Inspiration geschenkt, weshalb ich jetzt so schnell wie möglich runter in mein Studio wollte. Allerdings ging das nicht, so lange ich in diesen dreckigen Stiefeln steckte. Und so lange ich die Hunde nicht gesäubert hatte, die auf der Veranda lautstark ihren Unmut kundtaten. „Ich bin gleich bei euch" beruhigte ich die beiden, als ich es endlich aus dem Stiefel geschafft hatte, dann rief ich erneut nach meinem Freund, denn wenn ich diese beide vor Dreck nur so strotzenden Hunde sauber bekommen wollte, brauchte ich definitiv seine Hilfe. Bedauerlicherweise bekam ich wieder keine Antwort.
Wo steckte er nur?
Das war der Nachteil an einem so großen Haus. Man verlor sich öfters als man zugeben mochte.
„Roman?" rief ich wieder, als ich gerade die Treppe hinauf wollte, um zu sehen, ob er eventuell unter der Dusche war, doch etwas stoppte mich.
Im Wohnzimmer brannte Licht.
Kerzenlicht.

Ich machte kehrt, mein Herz klopfte wie wild als ich langsam begriff, wie viele Kerzen dort brannten und wer sie aufgestellt hatte. Und warum er das getan hatte. Oh mein Gott er würde doch nicht...
Oh und wie er würde.
Da war er, mein hinreißender Freund, umgeben von unzähligen Blumen und Kerzen mit einem Ring in der Hand. „Da bist du ja endlich, Lovie" begrüßte er mich, während ich lächelnd den Kopf über ihn schüttelte. Roman wusste genau wie albern ich seinen Kosenamen für mich fand, doch das hielt ihn nicht davon ab, ihn zu benutzen, selbst jetzt nicht, als er vor mir auf die Knie ging und mir seine Liebe bewies, als er mir den Ring entgegen hielt.
„Erweist du mir die Ehre, Lovie? Werd meine Frau. Sag ja. Bitte" er lächelte schief und mein Herz schmolz dahin. Ich war nicht nervös, wir waren jetzt fast drei Jahre ein Paar, es war der nächste logische Schritt, weshalb ich auch keine Sekunde zögerte. „Natürlich. Oh natürlich werde ich deine Frau Roman" erlöste ich ihn aus seiner Unsicherheit und fiel ihm um den Hals. Er schaffte es nicht mal den Ring auf meinen Finger zu stecken, weil ich ihn so stürmisch küsste, dass wir beide nach hinten taumelten, bis wir gegen das Sofa stießen, auf das wir uns fallen ließen und unsere Verlobung so feierten, wie zwei frisch Verlobte das eben taten.
An diesem Tag war ich mit Sicherheit die glücklichste Frau der gesamten weiten Welt.

Leider hielt mein Hoch kaum zwei Woche an. Je mehr Zeit verging, desto mehr hatte ich Gelegenheit diese Entscheidung zu überdenken, was nicht gut war. Weder für ihn noch für mich. Ich war immer schon der Typ Frau gewesen, die sich in Gedankenspielen verlor, doch diesmal nahm es absurde Dimension an, was sicher an der endgültigen meiner Entscheidung lag.
Ich würde heiraten.
Wirklich heiraten.
Ich würde mich an einen Mann binden für den Rest meines Lebens, den ich wirklich liebte, aber dennoch...
Immer öfter begann ich zu zweifeln, ob das wirklich das Richtige für mich war oder besser, ob Roman wirklich der Richtige war und ich wusste genau warum.
Es lag an ihm.
Blake Lexington.
Meine erste große Liebe, der Mann in den ich mich als Teenie verliebt hatte und von dem mein kindisches kleines Mädchen Herz wohl immer gedachte hatte, dass er mal der Mann wäre, den ich eines Tages heirate. Wie es aussah dachte das ein Teil von meinem inzwischen sehr erwachsenen Ichs immer noch, was absurd war, denn wir waren seit Jahren getrennt.
Warum dachte ich ausgerechnet jetzt an ihn?
Lag es daran, weil man die erste Liebe nie vergaß?

How bad can a good girl get?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt