Kapitel 7

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Blake

Es kostete mich jeglichen Rest meiner eh schon schwachen Selbstbeherrschung mich an diesen Tisch zu setzten und an diesem verfluchten Brunch teilzunehmen, obwohl alles in mir schrie die gesamte Einrichtung dieser Villa kurz und klein zuschlagen. Strenggenommen wollte ich nicht nur die Einrichtung zertrümmern, sondern in erster Linie das Gesicht dieses Bastards, der es wagte, meinem Mädchen einen verfickten Ring an den Finger zu stecken. Was fand sie nur an ihm?
Abschätzig musterte ich ihn zum sicherlich hundertsten Mal in den letzten zwei Stunden und konnte mich dennoch immer noch nicht entscheiden, was ich am meisten an ihm verabscheute.
Waren es seine fast albernen gelockten braunen Haare, deren Spitzen aussahen, als wären sie von der Sonne geküsst worden?
Oder diese leicht gebräunte Haut die absolut keinen Makel zu haben schien, weder einen natürlichen noch einen der mit Tinte unter die Haut gebracht wurde. Wahrscheinlich war er viel draußen, zusammen mit der Frau, die ich auch nach all den Jahren noch so sehr liebte, dass mich allein die Vorstellung, dass er gemeinsam mit ihr Händchen haltend durch die Wälder zog, umbrachte.
Mein Verstand quälte mich seit Stunden mit Bildern von den Beiden, das ich am liebsten losgeschrien hätte. Bilder, wie sie gemeinsam auf ihrer Veranda saßen, jeder einen Becher Kaffee in der Hand und besprachen, auf welchen stinklangweiligen Wochenmarkt sie heute gehen. Oder wie sie ins Haus kamen, klitschnass weil sie auf einem ihrer idyllischen Spaziergänge von einem Regenschauer überrascht wurden. Ich hörte ihr Lachen in meinem Ohr, als wäre ich mit ihnen dort. Ich sah die Tropfen so deutlich auf Auroras von der Kälte geröteten Haut, dass ich kurz davor war, die Hand zu heben um sie wegzuwischen.
Stattdessen sah ich vor meinem inneren Auge wie dieser Inbegriff eines spießigen konservativen Dreckskerl es tat, während sie sich an seine Hand schmiegte. Fuck! Ich musste hier raus, ich sollte mir einen halbwegs glaubwürdige Ausrede überlegen und zusehen, dass ich so viele Meilen zwischen uns brachte wie nur möglich, doch natürlich tat ich es nicht. Ich konnte nicht. Es war mir egal was sie sagte, es war mir egal wessen Ring sie trug.
Sie gehörte mir.
Damals. Heute. Und für immer.

Nach einem großen Schluck aus meinem Glas, in dem zu meinem Bedauern kein Whiskey sondern lediglich Champagner war, sah ich wieder zu den beiden. Der Schmerz war körperlich, ich fühlte ihn in jeder Faser doch ich sah nicht weg. Ich musste wissen, wer der Typ war, gegen den ich antrat, wenn ich wissen wollte, wie ich ihn besiegen wollte.
Ich führte meine Bestandsaufnahme fort und verstand immer weniger, wie sie ihn wählen konnte, obwohl sie doch mich liebte. Dieser Typ und ich hatten nichts gemein. Naja außer unsere Obsession für die selbe Frau offensichtlich.
Voller Hass sah ich in seine strahlend blauen Augen die umherblickten, als würde es in ihnen nie einen düsteren Gedanken geben. Dieser Kerl sah aus wie der sorgloseste und glücklichste Mensch der Welt, was er wahrscheinlich sogar wirklich war, immerhin war er mit Rory verlobt. Gott ich würde töten um an seiner Stelle zu sein. Vielleicht sogar ihn...

Meine Augen wurden groß bei dem Gedanken, der da plötzlich wie aus dem Nichts in meinem Kopf aufgetaucht war, dann schüttelte ich mich angewidert vor mir selbst. Fuck das war düster, selbst für mich.
Ja ich prügelte mich hin und wieder und ja ich hatte viele fragwürdige Dinge in meinem Leben getan, aber Mord? Nein das war selbst mir zu extrem.
Da weder Mord noch eine Flucht eine echte Option waren, um dieser Situation zu entfliehen, blieb mir nichts anderes, als am Tisch sitzen zu bleiben und dieses Essen hinter mich zu bringen. Dazu war es nötig, endlich damit aufzuhören, Rory und ihren... Verlobten anzustarren und mich den anderen Gästen zuwenden.
Eine junge Blondine, die mir wage bekannt vorkam, versuchte schon seit geraumer Zeit meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich könnte dem einfach nachgeben, könnte mit ihr flirten um zu sehen, wie es Rory schmerzen würde, doch ich tat es nicht, denn das war einer der Gründe, warum ich heute allein am Tisch saß, während sie einen Verlobten dabei hatte.
Mein ewiges Problem damit, Grenzen einzuhalten anstatt sie zu überreizen hatte uns an dieses Punkt gebracht. Es wäre leicht und sicher effektiv dieses Verhaltensmuster hier und jetzt fortzuführen, doch es fühlte sich falsch an. Besonders auch weil ich nicht in Stimmung war zu flirten, nicht mal zum Schein.
Ich fühlte mich absolut miserabel, auch wenn ich mir das wie immer nicht anmerken ließ. Die Maske des unerschütterlichen Bad Boys, dem nichts und niemand je weh tun konnte, saß inzwischen so gut, dass ich sie quasi nie abnahm.
Dabei wünschte ich mir manchmal, dass wenn ich sagte Mir geht es gut, mir jemand in die Augen schaut, mich fest umarmte und sagte: Ich weiß, dass es nicht stimmt und ich bin für dich da.
Die traurige Wahrheit war jedoch, dass das niemand mehr tat, seit Rory mich verlassen hatte.

How bad can a good girl get?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt