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Wollte sie sich etwas antun?
War sie deshalb hier?

Langsam ging ich auf sie zu, Ikra beachtete mich nicht mehr und zog an ihrer Zigarette, pustete den Rauch aus und nahm anschließend einen Schluck aus der Flasche.
Vorsichtig kniete ich mich zu ihr, als ich hinter ihr stand, hob meine Hand und wollte ihr durch die Haare streichen, doch ich traute mich nicht.

,,Ik- Eliya.. hadi kalk içeri girelim. Es ist viel zu kalt", flüsterte ich, sie hatte nur ihre dünnen Pyjamas an und keine Schuhe, das Wetter war viel zu kalt, um so rauszugehen.
Es war ungewohnt sie Eliya zu nennen, obwohl ich wusste, dass sie Ikra war.

Doch sie schüttelte nur den Kopf, abwechselnd nahm sie einen Zug von ihrer Zigarette und dann wieder einen Schluck aus der Flasche.
Sie war fertig mit der Welt, ihr schien alles egal zu sein, wie sie es auch selber gesagt hatte.

Was hat sie erlebt, dass ihr alles egal war?
Wie schlimm kann es sein?

,,Eliya bitte, du kannst auch unten weiter Trinken..", schlug ich schließlich vor, Hauptsache sie würde hier runterkommen.

,,Klar, dann auch noch mit dir zusammen?", murmelte sie fast genervt.

,,Wieso denkst du, bin ich hier?", fragte sie mich, so wie sie sprach, hatte sie ordentlich schon vorgetrunken gehabt. Denn die Flasche in ihrer Hand war noch halbvoll und sie konnte kaum vernünftig reden.

,,Richtig, um alleine zu sein", murmelte sie und schmiss ihre Zigarette runter, nahm noch einen Schluck zu sich.

Sie wirkte traurig, gebrochen und hoffnungslos, als wäre ihr, ihr Leben nicht wichtig.

,,Tamam, ich lasse dich wieder alleine, aber lass mich dich runterbringen. Du bist betrunken Eliya, nicht, dass etwas Dummes passiert und du runterfällst..", versuchte ich ihr in einem sanften Ton zu erklären.

Sie lachte leise, es war ein verzweifeltes Lachen.
,,Denkst du, ich will mir etwas antun?", fragte sie lachend, als wäre es etwas Normales.

,,Das hätte ich vor sieben Jahren schon gemacht, wenn es ein Ausweg wäre Barış. Mach du dir da keine Sorgen", sagte sie schließlich, als ihr Lachen verging.

Mein Herz zog sich zusammen, ich hatte das Gefühl, dass mir die Luft zum Atmen entzogen wurde.
Als wäre ihr Schmerz war so tief, dass nicht mal der Tod sie retten konnte.
Sie hatte gelitten und ich war nicht bei ihr.
Niemals hätte ich daran glauben dürfen, Ikra würde mich nicht einfach so zurücklassen, ich war so dumm. Ich hatte mir lügen einreden lassen und am Ende das geglaubt, was mir gesagt wurde.
Doch jetzt sah alles anders aus, sie war hier, mit einer Last auf ihren Schultern, mit Schmerzen in ihrer Seele.

,,Hadi gel", sagte ich mit einer zittrigen Stimme.

Sanft packte ich sie unter den Achseln und zog sie nach hinten und dann auf die Beine.
Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten und verlor ihr Gleichgewicht nach vorne, sie kreischte auf, doch ich legte meine Arme fest um ihren Körper und drückte sie an mich.
Während mein Herz wie Wild schlug, lachte sie darüber, als wäre sie nicht fast in die Tiefe gestürzt.

,,Ay düşüyordum", sagte sie kichernd und wollte sich aus meinem Griff lösen, doch ich ließ es nicht zu.

Langsam ging ich mit ihr ein paar Schritte nach hinten, sodass die Gefahr entfernt war und ließ meine Arme dann erst locker. Eliya drehte sich zu mir und sah mich mit Tränen in den Augen an.

,,Du hasst mich auch, oder?", fragte sie mich, ihre Stimme war plötzlich so Rau, so zerbrechlich.

,,Genauso wie meine Familie", flüsterte sie in die Dunkelheit, sie taumelte leicht zur Seite, doch behielt ihr Gleichgewicht.

Sadece sen || Barış Alper Yılmaz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt