In den folgenden Tagen war alles ruhig. Nach meiner Offenbarung wich Jason nur noch selten von meiner Seite, was meine Nerven sonderbarerweise eher beruhigte als aufrieb. Klar, er konnte mich richtig nerven und wir bitchten uns immer noch ab und an, aber im Großen und Ganzen verstanden wir uns gut. Ich probierte ein paar neue Tricks mit meiner neu gewonnenen Magie aus, während Jason Schmiere stand und mich vor möglichen Zeugen abschirmte. Außerdem sah er unglaublich gerne den Flammen zu, die ich erschaffen konnte, und hatte eine beinahe kindliche Freude daran, mir Vorschläge für Versuche zu geben, die mehr Kraft kosteten. Ich erschuf für gerade einmal zwei Sekunden einen Husky aus Feuer, der einmal bellte und dann in einem wirbelnden Funkenregen zerstob, was uns so zum Lachen brachte, dass wir beide auf dem Boden lagen und uns Tränen aus den Augen wischten. Ich übte mich im Erschaffen und Erhalten einer Feuerwand, versuchte Feuerbälle schweben zu lassen (zuerst sahen sie aus wie Eier und liefen mir immer wieder aus der Form, aber irgendwann funktionierte es tatsächlich) und testete aus, wie lange ich das Feuer aufrecht erhalten konnte. Ich stellte somit fest, dass es je nach Schwierigkeit des Manövers hin und her schwankte, doch irgendwann schien meine Energie immer ausgebrannt zu sein und Erschöpfung machte sich in mir breit. Dass wir so viel Zeit miteinander verbrachten, blieb natürlich nicht unbemerkt. Abby und Cole quetschten mich aus, auch wenn ich ihnen nachhaltig versicherte, dass zwischen mir und Jason nichts lief, blieben sie skeptisch. Und dann war da noch Connor. Er ging mir nicht direkt aus dem Weg, aber mir war als würde ich spüren, dass ihm Jasons Gegenwart missfiel. Dieses vage Gefühl der Eifersucht, das zu mir hinüber schwappte, verwirrte mich. Blair dagegen warf mir jedes einzelne Mal, das wir uns begegneten, einen hasserfüllten Blick zu, der mir die Nackenhärchen zu Berge stehen ließ wie bei einer erschrockenen Katze. Nicht angenehm, das kann ich euch sagen. Heute war der Tag, an dem dieses Gefühl seinen Höhepunkt erreichte. Die Einladungen für den Frühlingsball gingen heraus. Mädchen schickten sie Jungs, Jungs schickten sie Mädchen - viele blieben unbeantwortet, viele wurden enttäuscht und manche, wenige, unglaublich glücklich gemacht. Cole jauchzte, als Kyle seine Einladung annahm und ich lächelte, als ich die Freude der beiden sah, und die Liebe, die in dem Blick lag, den sie wechselten. Abby lehnte sich mit einem liebenswürdigen, tiefen Seufzen zurück in ihrem Stuhl und beobachtete die Zwei. Sie würde mit ihrem Freund hingehen. Jetzt war nur noch die Frage: Und ich? Ratlos starrte ich die Einladungen vor mir an. Insgesamt hatte ich vier bekommen, zwei von irgendwelchen Typen die ich nicht kannte und die deshalb auch nach einer kurzen Prüfung im Mülleimer gelandet waren, und die anderen beiden...waren von Jason und Carter. Von wem sonst? Dennoch konnte ich meine Enttäuschung kaum im Zaum halten. Was hatte mich auf die Idee gebracht, dass Connor mir vielleicht eine schicken könnte? Er ging mit Blair hin, der zukünftige Ballkönig und seine Königin, das wusste jeder. Außerdem hatte ich ihn recht phänomenal abblitzen lassen. Mehrmals. Was hatte ich erwartet? Und dennoch hatte sich ein winziges Fünkchen Hoffnung geregt, als ich die grünen, verzierten Karten mit meinem Namen darauf in meinem Fach gefunden hatte. Nun saß ich am Tisch der Cafeteria und starrte die beiden übrigen Einladungen an. Jason oder Carter? Hilfesuchend sah ich zu Abby, die protestierend ihre Hände hob. Ihre schwarz lackierten Fingernägel funkelten im vagen Sonnenlicht, das in den überfüllten Raum fiel. „Nein, komm nicht mal auf die Idee mich da mit reinzuziehen, Süße. Die beiden hast du mit deinem Talent für Schwierigkeiten angezogen, also werde du sie auch wieder los." Ich stöhnte. „Das ist so ungerecht", jammerte ich. „Wenn ich mich für einen entscheide, ist der andere sicher sauer. Aber ich bin mit beiden befreundet. Wie zur Hölle soll ich mich da entscheiden? Ich kann doch nicht mit beiden hingehen!" Abby deutete mit einem schwarzen Fingernagel auf mich und ihre Lippen formten die Worte: „Ganz allein deine Sache." Missmutig warf ich ihr einen gespielt bösen Blick zu und drehte die Karten hin und her. Ich hasste Entscheidungen. Sollte ich vielleicht keinem von beiden zusagen? Ich knallte die Karten wieder auf den Tisch und schnipste mit den Fingern. „Ich habs!"
„Wer bist du, Wickie?", murmelte Abby, aber ich ignorierte ihren schnippischen Kommentar. „Sollen die beiden das unter sich ausmachen. Warum soll ich den Gewinner ihrer Wette küren? Sollen sie das doch selbst machen, jede Aktion auflisten und Punkte darauf vergeben." Ich schaute zu Abby, nach Zustimmung heischend, doch diese hob nur wortlos eine Augenbraue. „Danke für deine Unterstützung", grummelte ich und stand auf, um mein Ergebnis den beiden mitzuteilen. Sie grinste breit, und ihre schwarzen Lippen zuckten mehr als nur ein bisschen. „Immer wieder gerne, Merry."
Ich und Pläne. Natürlich waren sich weder Jason noch Carter einig darüber wer gewonnen hatte, und es dauerte ein wenig, bis sie meinen Vorschlag annahmen. Aber naja. Zum Schluss stellten sie unter dem Gejohle ihres Rudels fest, dass Jason sich als Sieger bezeichnen konnte. Die Auszählrunde ihrer Schandtaten hatte natürlich einige Zuschauer angelockt, das hieß, mittlerweile wusste die halbe Schule Bescheid, mit wem Fellow zum Ball gehen würde, und mir war diese ganze Aufmerksamkeit einfach nur peinlich. Sonderbarerweise schien Blair beinahe entspannter zu werden, doch Connors Sturmaugen verfinsterten sich zusehends. Ich versuchte ihn auszublenden. Er hatte kein Recht auf Eifersucht. Immerhin hatte er mir keine Einladung geschickt. Nicht, dass ich sie angenommen hätte. Herrgott, war das alles kompliziert. Jedenfalls hatte ich schon beinahe erleichtert diesen Tag hinter mir abgehakt, mit der Bilanz, dass ich wohl ein Date für den Ball hatte, da erwischte Connor mich in einem unbeobachteten Moment, nur wir beide, allein in einem Gang. Oh Gott, das konnte nur übel ausgehen. Quer durch den Flur hielt er auf mich zu, und ich blieb wie angewurzelt stehen, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Verdammt, Moore, krieg diese Reaktionen auf die Reihe, dachte ich mir verärgert, bewegte mich aber keinen Zentimeter, bis er direkt vor mir stand. Schweigend sahen wir uns an, ich umklammerte schützend meinen Bücherstapel, an meine Brust gedrückt. „Glückwunsch zum Date", brach er nach einer Weile, in der wir nur so dagestanden hatten, die Stille. „Das war kein Glück", erwiderte ich kühl. Er nickte leicht, anerkennend. „Für Fellow schon", sagte er leise, und brachte mich damit wieder vollkommen aus dem Konzept. Und dieser Blick. Heilige Scheiße. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Diese Sturmaugen verrieten ein Stück des Konflikts, der in seinem Inneren tobte. Sehnsucht wechselte sich ab mit Verwirrung, und anderen Gefühlen, die zu schnell auftauchten und wieder verschwanden, um sie lesen zu können. Ich hätte beinahe einen Schritt auf ihn zu gemacht, doch dann wurden diese ganzen Emotionen von seiner typischen Maske ersetzt und er wich zurück, sowohl mental als auch physisch. Distanzierte sich von mir. Ich wollte ihn zurückhalten, brachte aber kein Wort heraus. „Wie gesagt. Glückwunsch." Seine Stimme war tonlos, als er ging. Das letzte, was ich in seinen Augen sehen konnte, war Resignation.
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New Beginning - Der Pakt mit dem Teufel
ParanormalHighschools sind wie ein Tor zur Hölle - nur würde ich mich viel lieber mit Dämonen herumschlagen als mit verbogenen Cheerleadern und primitiven Footballern. Meine Name ist übrigens Merry, und mein Leben geht gerade komplett den Bach runter, dabei f...