Kapitel 23: Hast du mich vermisst?

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Ungeduldig lief er im Zimmer auf und ab. Ständig musste er an seiner Kleidung herum zupfen, um zu versuchen, sich zu beruhigen, aber es brachte nicht sehr viel. Seine Nervosität war kaum zu verbergen. "Jetzt beruhige dich wieder, ich werde schon vom Zuschauen unruhig.", sorgte sich Nichole, welche ihn vom Bett aus beobachtete. Immer wieder versuchte sie ihn am Arm festzuhalten, doch er befreite sich aus ihrem Griff. "Was denkst du, was ich die ganze Zeit versuche? Es ist wahrscheinlich das wichtigste Treffen in meinem Leben! Wie kann ich da nicht nervös sein?" "Dann hör mir mal zu." Sie stand auf und stellte sich vor ihm hin. "Du kennst doch deinen Bruder noch. So sehr kann er sich nicht verändert haben. Ausserdem wollte er dich treffen, sonst hätte er Scarlet nichts erzählt." Während sie sprach, richtete sie ihm noch die Kleidung. "Da ist was dran...", stimmte er ihr zu. "Siehst du? Und er ist bestimmt genauso aufgeregt wie du! Dich hat er ja auch seit Jahren nicht gesehen und vermisst bestimmt seinen kleinen Bruder." "So klein bin ich nicht...", schmollte er darauf. "Deine Grösse ist perfekt! Und jetzt will ich, dass du dich entspannst und das Treffen mit deinem Bruder geniesst, ja?" Er nickte, worauf sie ihm als Belohnung einen kurzen Kuss auf die rechte Wange schenkte.

Ein Klopfen ertönte und liess ihn angespannt ausatmen. Er zögerte noch kurz und öffnete dann die Türe. Vor ihm standen Scarlet und Jack, aber er sah sonst niemanden. "Keine Sorge, er kommt gleich.", beruhigte sie ihn sofort. Er musste wohl einen ziemlich bestürzten Gesichtsausdruck gehabt haben. "Natürlich, das bin ich mir bewusst.", versuchte er so ruhig wie nur möglich zu sagen, worauf sie die Augen verdrehte. "Nervös?", fragte Jack ihn. "Nicht im geringsten!" "Na komm, so schlimm ist es nicht." ertönte Nicholes Stimme von hinten. "Ja, jeder an deiner Stelle wäre nervös.", stimmte Jack zu. "Bin ich nicht!" "Wie dem auch sei.", mischte sich Scarlet wieder ein, "Jacky und ich müssen wieder weiter, dein Bruder müsste jeden Moment hier sein. Noch viel Spass!" Beide verabschiedeten sich und verschwanden im Gang. Clovis schloss enttäuscht wieder die Tür. "Was soll das lange Gesicht? Sie hat doch gesagt, dass er gleich hier sein wird.", meinte Nichole. "Ich weiss, ich weiss..." Wieder zog er seine Kreise durch das Zimmer und stolperte, bis es erneut an der Tür klopfte. "Das ist er!", krächzte er panisch. "Ganz ruhig, denk an das, was wir gesagt haben.", erinnerte Nichole ihn und schob ihn zur Tür. Mit zittrigen Händen öffnete er schliesslich die Türe und spürte, wie ihm von der ganzen Aufregung etwas schlecht wurde.

Wüsste er nicht, dass der Mann vor ihm sein Bruder war, hätte er ihn nicht wieder erkannt. Man könnte meinen, dass das Aussehen sich nicht mehr gross veränderte, sobald man erwachsen wurde. Aber Oliver hatte das Gegenteil bewiesen. Vielleicht kam es auch daher, dass sie sich so lange nicht mehr gesehen hatte. Er hatte auch etwas anderes erwartet. Vor ihm stand ein gross gewachsener Mann, der etwa ein halber Kopf grösser war als er. Er sah sehr muskulös und trainiert aus, seine Haaren waren kurz geschnitten. Dazu verliehen ihm all diese Brandnarben noch einen gefährlichen Ausdruck. Das einzige, was ihm vertraut vorkam, waren seine Augen. Sie waren das einzige, was gleich geblieben war. Diesen warmen orange-braunen Ton könnte er niemals vergessen.

Lange sahen sie sich nur an. Er brachte keinen Laut mehr hervor und stand wie versteinert bei der Tür. Irgendwann konnte er sich doch lösen. "Oliver?", fragte er dann unsicher. Er brauchte immer noch eine Bestätigung, auch wenn ganz sicher sein Bruder vor ihm stand. Dieser nickte nur zaghaft und es trat wieder eine Stille ein. Nichole unterbrach sie schlussendlich, als sie zu Clovis kam und über seinen Rücken strich. "Du bist also Clovis' Bruder. Er hat mir nur Gutes über dich erzählt! Ich bin Nichole.", stellte sie sich auf ihre freundliche Art vor und streckte ihm die Hand hin. "Ja, ich bin Oliver." Er schüttelte kurz ihre Hand. "Also, ihr habt sicher viel zu erzählen...", fuhr sie fort, "Dann lasse ich euch lieber in Ruhe." Sie wollte schon hinaus, aber Clovis hielt sie noch kurz zurück. "Warte! Wohin gehst du?" "Ich geh zur Halle mit den Aufträgen, um mich dort ein wenig zu informieren. Falls du mich also suchst, ich bin dort." Sie winkte zum Abschied und verschwand im Gang.

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