Kapitel 6

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Am nächsten Morgen wache ich früh auf, gehe ins Bad, um mich fertig zu machen und anschließend in die Küche. Meine Mutter sitzt bereits am Küchentisch und trinkt ihren Morgenkaffee.
„Guten Morgen", begrüße ich sie gutgelaunt, während ich mich mit einer Tasse in der Hand zu ihr an den Tisch setze.
„Guten Morgen, Schatz! Was hast du heute vor?", will sie liebevoll wissen.
„Ich muss mich um meinen Aufsatz kümmern. Ich habe bald Abgabetermin", antworte ich bestimmt.
„Mary hat mich gestern angerufen", fängt sie vorsichtig an.
„Mary? Gibt es was Neues von El?", frage ich neugierig.
„Nein, aber sie hat mir erzählt, dass Louis dir angeboten hat, in seiner WG zu wohnen", bekundet sie behutsam.
Schweigend starre ich auf meinen Kaffee. Über dieses Thema will ich nicht mehr reden.
„Zoe! Willst du mir erzählen, was vorgefallen ist? Warum willst du das Angebot nicht annehmen?", fordert sie mich auf.
Ruckartig stehe ich auf. „Tut mir leid Mum, aber ich möchte nicht darüber reden. Ich passe einfach nicht in die WG, das ist alles!"

Meine Laune hat sich schlagartig geändert. Traurig stapfe ich in mein Zimmer. Ich wäre gerne bei den Jungs eingezogen, aber ich kann mir nicht mehr vorstellen, mit einem Typen wie Harry unter einem Dach zu leben. Vermutlich müsste ich mich täglich gegen seine Anmachsprüche wehren, vielleicht sogar noch Schlimmeres!

Plötzlich höre ich die Klingel. Meine Mutter öffnet die Tür. Noch bevor ich herausfinden kann, wer uns um diese Tageszeit besucht, ruft sie meinen Namen.
„Zoe! Besuch für dich!"
Neugierig laufe ich die Treppe hinunter, bleibe jedoch abrupt auf der letzte Stufe stehen, als ich erkenne, wer die ungeladenen Gäste sind.

„Was macht ihr denn hier?", will ich erstaunt wissen.
„Können wir bitte mit dir reden?", fragt Louis freundlich.
Beim Blick in seine blauen Augen spüre ich sofort das leichte Zittern in meinen Beinen. Das Kribbeln im Bauch lässt schlagartig nach, als ich Harry erblicke.
„Wenn es sein muss!", entgegne ich gelangweilt. Ich gehe ins Wohnzimmer und setze mich aufs Sofa. Louis setzt sich neben mich, Harry nimmt gegenüber im Sessel Platz. Meine Mutter bleibt neugierig im Flur stehen.
„Mum! Lässt du uns bitte allein?", rufe ich ihr unmissverständlich zu.
„Wollt ihr vielleicht etwas trinken?", bietet sie höflich an.
„Die beiden gehen gleich wieder", antworte ich kalt.
Louis Blick trifft mich hart. Seine Augen verengen sich, als würde er rätseln, warum ich so abweisend bin.
„Zoe! Sei nicht so unfreundlich zu deinen Gästen. Sie sind lange gefahren und haben einen ebenso langen Heimweg. Also, Jungs, wollt ihr was trinken?", wendet sie sich freundlich an meine Besucher.
„Ja, gerne. Danke!", antwortet Harry, während Louis mich weiterhin stumm betrachtet.

Nachdem meine Mutter endlich den Raum verlassen hat, platze ich umgehalten heraus: „Wenn ihr mich überreden wollt, doch noch zu euch zu ziehen, dann könnt ihr das vergessen."
„Warum?", will Louis ruhig wissen.
„Warum?", schreie ich ihn ungläubig an. „Vielleicht fragst du besser deinen Freund, warum!"
Harry schaut betreten zu Boden. Ich hege die Befürchtung, dass Louis nicht die ganze Wahrheit über unser gestriges Gespräch weiß.
„Ich hab keine Ahnung, was Harry dir erzählt hat, aber er hat mich angegrabscht und angebaggert", werfe ich Louis entgegen.
Dessen Blick schießt unverzüglich zu Harry, der nur unschuldig die Schultern zuckt.
„Ich habe sie nicht angegrabscht", verteidigt er sich gegenüber seinem Freund.
„Deine Hand lag auf meinem Knie und du hast mir ein eindeutiges Angebot gemacht, Harry!", erinnere ich ihn an die besagte Situation.
Louis wendet sich an mich. „Zoe! Für El und mich ist es wirklich wichtig, dass du jeden Tag ins Krankenhaus kommen kannst. Der Weg von hier draußen ist viel zu lange bis nach London. Vielleicht hast du Harrys Aussage nur falsch verstanden?"
Meine Augen schießen Giftpfeile in seine Richtung. „Falsch verstanden?", presse ich gekränkt hervor. „Ich habe kein einziges seiner Worte falsch verstanden!"
„Sie ist einfach nur etwas empfindlich!", mischt Harry sich ein.
„Empfindlich?", schreie ich ihn ungläubig an.
In diesem Moment betritt meine Mutter das Wohnzimmer. Unsicher blickt sie von einem zum anderen. Langsam stellt sie die gefüllten Gläser auf dem Tisch ab.
Louis beugt sich zu mir. „Kann ich dich mal alleine sprechen?"
„In Ordnung. Komm mit", antworte ich, während ich aufstehe.

Louis folgt mir hinauf in mein Zimmer.
Nachdem ich die Tür geschlossen habe, bleibt er unsicher in der Mitte des Raumes stehen. Er schaut sich um und lächelt. Offensichtlich gefällt ihm, was er sieht.
Mein Zimmer ist gemütlich eingerichtet. Ein großes Bett, türkise Vorhänge an den Fenstern, ein weißer, ordentlicher Schreibtisch mit einem bequemen Hocker davor. In der Mitte des Zimmers liegt ein kuscheliger hellblauer Teppich, während sich passend dazu auf meinem Bett verschiedene Kissen in Blautönen verteilen.
„Gar kein rosa?", zieht er mich auf.
„Nein, ich bin nicht so der Barbie-Typ", antworte ich kurz.
Langsam geht er einen Schritt auf mich zu. Er steht so nah vor mir, dass ich sein Parfum riechen kann.
„Zoe! Wenn ich dir verspreche, dass weder Harry noch einer der anderen Jungs dich belästigen wird, kannst du dir dann vorstellen, für ein paar Tage bei uns zu wohnen?", flüstert er.
Mein Magen zieht sich zusammen. Ich spüre die Anziehungskraft zwischen uns, die ich mir jedoch nicht eingestehen will.
„Warum ist dir das so wichtig?", frage ich leise.
Er zögert einen Moment zu lange, bevor er antwortet: „Wegen El natürlich."
„Ich weiß nicht ... mit fünf Jungs alleine in einem Haus?", zögere ich.
Plötzlich streifen seine Finger meine linke Hand. Ein elektrischer Schlag durchfährt meinen Körper. Vorsichtig streichelt er über meine Handfläche, was mir augenblicklich den Atem raubt.
„Ich ...", setze ich an.
„Bitte! Du bist momentan unsere einzige Chance. Tu es für El!", wispert er leise.
Beim Gedanken an meine Jugendfreundin verkrampft sich schlagartig mein Magen. Ich würde alles tun, um El zurück ins Leben zu holen - also warum nicht in der WG wohnen?

Unsere Blicke treffen sich. Aus seinen Augen strömt mir so viel Hoffnung und Angst entgegen, dass ich spontan zusage. „In Ordnung! Für El! Aber mach bitte Harry klar, dass ich kein Interesse an ihm habe", ergänze ich mit Nachdruck.
Ein erleichtertes Lächeln huscht über seine Lippen. „Danke, Zoe!"
Während unsere Blicke ineinander verschmelzen, klopft es plötzlich an der Tür.
„Louis! Seid ihr bald fertig? Wir müssen los, ich habe noch einen Termin!", ruft Harry ungeduldig.
Der magische Moment ist vorbei!

Nachdem ich die Tür geöffnet habe, stehe ich Harry einen Moment gegenüber. Dabei blicke ich ihn streng an. „Gebt mir ein paar Minuten, um meine Sachen zu packen", erkläre ich entschlossen. Harrys überraschtes Gesicht sehe ich nur noch aus den Augenwinkeln, während ich mich umdrehe, um meine Reisetasche unter dem Bett hervorzuziehen.

Zehn Minuten später sitzen wir in Marys Van, den Louis sich von ihr ausgeliehen hat und fahren Richtung Richmond.

...Praying (FF Louis Tomlinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt