Kapitel 15

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Ich schrecke hoch, weil die Tür meines Zimmers schwungvoll aufgerissen wird. Louis steht im Türrahmen und starrt mich mit glasigen Augen an.
„Louis! Was ist los?", frage ich erschrocken.
„Zoe, das kannst du mir nicht antun! Weise mich nicht ab, nur weil du dich El gegenüber verpflichtet fühlst", bettelt er regelrecht.
„Ich habe dir doch bereits erklärt, warum ich das nicht will!", fauche ich ihn entschlossen an.
Langsam kommt er auf mich zu. Unsicher versuche ich, ihm auszuweichen.
„Zoe! Ich will dich nicht aufgeben, ich ..."
„Louis! Es fällt mir auch schwer, aber mein Gewissen wehrt sich gegen meine Gefühle!", unterbreche ich ihn vehement.

Im nächsten Moment umschließen seine Hände mein Gesicht. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Langsam nähern sich seine Lippen den meinen. Ich rieche ihn, spüre ihn und schmecke ihn, als ein lauter Schrei ertönt.

„Du Miststück!", höre ich vom Flur her. Schlagartig lässt Louis mich los. Ich blicke zur Tür und glaube meinen Augen nicht zu trauen. Dort steht Eleanor! Lediglich mit dem weißen Hemd des Krankenhauses bedeckt steht sie vor uns und funkelt uns aus zornigen Augen an.
„Ich wusste, dass du mir bei nächster Gelegenheit den Freund ausspannen willst! Du warst schon immer neidisch auf mich!", schreit sie mir wütend entgegen.
Bevor ich richtig begreifen kann, was vorgeht, stürmt sie auf mich zu. Sie wirft mich aufs Bett, setzt sich auf meinen Oberkörper und legt ihre Hände um meinen Hals. Aus den Augenwinkeln erkenne ich Louis, dessen Blicke unsicher zwischen mir und El umherirren, während ihre Finger unaufhaltsam zudrücken. Schließlich zieht er sich zurück und verlässt das Zimmer. Ich bekomme keine Luft mehr! Der Druck auf meine Luftröhre nimmt stetig zu. Bevor ich glaube zu ersticken, bringe ich einen letzten stummen Schrei heraus: „Nein!"

Schwer atmend öffne ich die Augen. Mein Blick fällt auf die vom Mondschein beleuchtete Zimmerdecke. Meine Kleidung klebt vom kalten Schweiß an meinem Körper, während ich noch immer das Gefühl habe, zu wenig Luft zu bekommen.
Was für ein Albtraum! Langsam drehe ich mich zur Seite, um die Sterne am Nachthimmel zu beobachten. Nur schwer gelingt es mir, meine innere Ruhe wieder zu finden, um endlich in einen erholsamen Schlaf zu fallen.

Am nächsten Morgen betrete ich mit mulmigem Gefühl die verlassene Küche.
Ich habe gehofft, Louis anzutreffen, um ihn auf den gestrigen Tag anzusprechen, stattdessen sind offenbar schon alle außer Haus! Ich schnappe mir einen Toast, trinke hastig ein Glas Orangensaft und schlendere anschließend durch die Terrassentür nach draußen. Die Sonne zeigt sich auch heute von ihrer schönsten Seite. Plötzlich höre ich Gitarrenklänge aus dem hinteren Teil des Gartens. Neugierig folge ich den Tönen, bis zu einer kleinen Bank im Schatten eines Apfelbaumes. Niall spielt gedankenverloren auf seinem Musikinstrument, während er leise eine Melodie dazu summt. Leise nähere ich mich ihm.
Plötzlich hält er inne und schaut mich an. „Zoe! Guten Morgen! Ich habe dich gar nicht kommen gehört!", grüßt er mich lächelnd.
„Ich wollte dich nicht stören. Spiel weiter!", fordere ich ihn freundlich auf.
Niall lässt erneut die Saiten der Gitarre erklingen und summt eine harmonische Melodie dazu. Ohne es zu bemerken, kullern Tränen über meine Wangen.
„Was ist los?", will er plötzlich wissen. Besorgt stellt er seine Gitarre zur Seite und wendet sich mir zu. „Ist etwas mit El?"
Kopfschüttelnd trockne ich meine Tränen. Durch einen dicken Kloß in meinem Hals wird mir das Sprechen verwehrt.
„Nun sag schon! Was ist passiert?", fordert Niall mich nachdrücklich auf.
„El hat eine Reaktion gezeigt", nuschle ich schluchzend.
„Was? Das ist doch super! Auf was hat sie reagiert?", will Niall freudestrahlend wissen.
Erneut verschlägt es mir die Sprache, so dass ich nur mit einem leichten Kopfschütteln antworten kann.
„Zoe!", flüstert Niall fürsorglich. Dabei legt er seinen Arm um mich und zieht mich an sich. Behutsam streichelt er mir über den Kopf, während er wartet, bis meine Tränen versiegt sind. Ohne dass es einer weiteren Aufforderung durch ihn bedarf, erzähle ich ihm meine Ängste.
„Ich glaube El hat gehört, wie ich mit Louis gestritten habe. Und ich glaube, dass deshalb ihr Herzschlag schneller wurde", wispere ich verzweifelt.
„Aber im Grunde ist es doch egal, warum sie reagiert hat. Wichtig ist nur, dass wir jetzt wissen, dass sie euch hört. Somit kann man ganz gezielt vorgehen, um ihr beim Aufwachen zu helfen. Zoe! Das ist eine super Nachricht, kein Grund zum Weinen!", versucht er mich aufzumuntern.
„Aber Louis hat gesagt, dass er sich in mich verliebt hat. Vor El! Verstehst du? Ich kann ihr doch nicht einfach ihren Freund ausspannen!", stoße ich mutlos hervor.
„Willst du was von Louis?", fragt er mich ruhig.
Ich schaue ihm in die Augen. Eine Antwort erübrigt sich.
„Zoe! Wenn sich Louis wirklich in dich verliebt hat, dann ist es doch nichts verwerfliches, wenn du dich auf ihn einlässt. Vorausgesetzt, du magst ihn auch", ergänzt er vorsichtig.
Während ich seine Worte in mir nachklingen lasse, kuschle ich mich an seine Brust. Diese Geste des Vertrauens ist so ungezwungen und freundschaftlich, dass sich keiner von uns etwas dabei denkt.
„Aber El liebt ihn, das weiß ich!", nuschle ich bestimmend.
„Wie die Beziehung der beiden vor dem Unfall war, wissen nur sie. Wir erkennen nur das, was sie uns sehen lassen. Eines weiß ich sicher: El ist nicht ohne Grund hier ausgezogen. Sie haben oft gestritten. Danach war sie nur noch am Wochenende hier", erklärt er mitfühlend.
„Was soll ich jetzt machen?", frage ich jammernd.
„Geh zu Louis und red mit ihm", rät er mir.
„Hast du ihn heute schon gesehen? Ist er da?"
„Ja! Er kam ziemlich schlecht gelaunt zum Frühstück, hat sich eine Tasse Tee geschnappt und ist wieder in seinem Zimmer verschwunden." Niall nimmt mich in den Arm und küsst mich auf die Wange. Ohne darüber nachzudenken erwidere ich die Geste.
„Danke Niall! Du hast mir sehr geholfen!" Anschließend stehe ich auf, um mich auf den Weg zu Louis zu machen.

In der Küche der Villa:

Louis betritt die Küche, weil er sich etwas zu Essen holen will. Er wollte lediglich warten, bis die anderen mit dem Frühstück fertig sind, um dann in Ruhe die erste Mahlzeit des Tages einzunehmen. Während er auf seinen Toast wartet, hört er aus dem Garten Stimmen. Neugierig tritt er durch die Hintertür. In einiger Entfernung sieht er Niall, der neben Zoe auf der Bank sitzt. Zoe schmiegt sich an Nialls Schulter, wobei er liebevoll über ihre Haare streichelt. Louis hört zwar, dass die beiden sich unterhalten, kann aber die genauen Worte nicht verstehen. Was er dann sieht, lässt ihn das Blut in den Adern gefrieren. Niall umarmt Zoe und küsst sie. Wütend stürmt er zurück ins Haus, die Treppen hinauf in sein Zimmer. Laut krachend wirft er die Tür ins Schloss. Das hätte er nicht von Zoe erwartet!

Aufgeregt und mit weichen Knien laufe ich in den ersten Stock. Vor Louis Tür bleibe ich einen Moment stehen. Ich merke, wie die Nervosität mich immer mehr erfasst, meine Hände feucht werden und mein Magen sich verkrampft. Augen zu und durch!

Vorsichtig klopfe ich an. Keine Reaktion!
Ungeduldig hämmere ich ich mit der Faust an das Holz. Ruckartig wird die Tür geöffnet und Louis steht mir gegenüber. Aus seinen Augen sprüht Zorn, seine Lippen sind wütend aufeinandergepresst.
„Was ist?", faucht er mich an.
Die Hoffnung auf ein klärendes Gespräch zerplatzt augenblicklich. Mein Hals schnürt sich zu, so dass meine Stimme nur noch krächzend zum Vorschein kommt. „Ich dachte, wir könnten reden."
„Über was?"
„Über uns".
Die nächsten Sekunden betrachtet er mich schweigend. Ich erkenne die Zerrissenheit in seinem Blick. Was ist nur los mit ihm?
Plötzlich tritt er einen Schritt zur Seite, um mir zu signalisieren, dass ich eintreten kann.
Mit ungutem Gefühl schiebe ich mich an ihm vorbei. Leise schließt er die Tür hinter uns.

Der Anblick seiner Zimmereinrichtung überrascht mich. Er hat Sinn für Gemütlichkeit. Ordnung herrscht nur auf den zweiten Blick. An den Wänden hängen Poster, Schals und Urkunden eines Fußballclubs. Der Schreibtisch ist übersät mit Zeitschriften und das Bett ist zerwühlt. Wenigstens liegt keine dreckige Wäsche auf dem Boden herum. Es gibt kaum Schlimmeres!
„Du willst über uns reden?", leitet Louis unterkühlt das Gespräch ein.
„Ja, über gestern", antworte ich kurz.
„Da gibt es nichts zu bereden! El hat auf unsere Stimmen reagiert, vielleicht auch auf mein T-Shirt, wer weiß das schon. Alles was ich gesagt habe, entspricht der Wahrheit!", wirft er mir unfreundlich entgegen.
„Warum bist du dann so abweisend zu mir?", will ich verständnislos wissen.
„Vielleicht, weil mir klar wurde, dass meine Liebe einseitig ist", bringt er gekränkt hervor.
„Wie kommst du darauf? Ich habe nur gesagt, dass ich mich nicht auf dich einlassen möchte, weil ich El's Beziehung zu dir respektiere. Das heißt aber nicht, dass...", erkläre ich mit einem Kloß im Hals. Vorsichtig gehe ich auf ihn zu.
„Louis, ich ..."
Schlagartig tritt er einen Schritt zurück, um den Abstand zwischen uns wieder zu vergrößern.
„Ist es wegen El? Hast du ein schlechtes Gewissen, weil sie gehört hat, was du zu mir gesagt hast?", frage ich einfühlsam.
Louis Augen funkeln mich an. Enttäuscht verzieht er seinen Mund. „Nein, es hat nicht mit El zu tun. Sondern mit Niall!"
„Mit Niall?", rufe ich verwundert aus.
„Zoe! Ich weiß nicht, was du für ein Spiel treibst, aber wenn du dich wahllos an die Jungs hier im Haus ran machst, dann ...", setzt Louis traurig an.
„WAS? Spinnst du? Ich mach mich an überhaupt keinen ran! Niall ist ein guter Freund!", unterbreche ich ihn aufgebracht.
„Nach zwei Tagen schon ein guter Freund? Den du umarmst und küsst?", presst Louis wütend hervor.
Überrascht reiße ich meine Augen auf. Glaubt er wirklich, dass ich was mit Niall habe?
„Bist du etwa eifersüchtig?", versuche ich ihn mit einem Schmunzeln zu locken. Dabei gehe ich langsam auf ihn zu.
„Ich finde das überhaupt nicht lustig, Zoe!", entgegnet er ernst.

Und mit einem Mal spüre ich diese Verbundenheit zwischen uns, die weder El noch sonst jemand aufhalten oder zerstören kann. Mein ganzer Körper signalisiert mir, dass ich mich Hals über Kopf in Louis verliebt habe. Langsam nähere ich mich ihm, zwinge ihn durch mein Drängen, nach hinten auszuweichen, bis er schließlich mit dem Rücken an einem Regal zum Stehen kommt.
„Louis! Niall hat mich getröstet, weil ich ihm erzählt habe, wie traurig ich bin, dass du dich vor mir zurückziehst. Und der besagte Kuss, war ein freundschaftlicher Kuss auf die Wange, nicht mehr und nicht weniger!", hauche ich ihm ins Ohr.
„Zoe, wenn du nicht auf der Stelle gehst, kann ich für nichts garantieren!", stößt Louis schwer atmend aus.
„Ich will aber nicht gehen", flüstere ich.
„Was willst du dann?"
Ich schaue ihm tief in die Augen, er erkennt darin die Antwort.

Im nächsten Moment liegen wir uns in den Armen. Seine Lippen bedecken meinen Mund, während unsere Hände gierig über den Körper des anderen gleiten. Ungeduldig drückt Louis mich auf sein Bett, beugt sich über mich und küsst mich so leidenschaftlich, dass mir fast die Luft weg bleibt. Hektisch zerre ich an seinem T-Shirt, ziehe es ihm über den Kopf und werfe es in hohem Bogen durch die Luft. Plötzlich kracht es! Zuerst dumpf, dann hört man Glas zerspringen.
„Sorry!", rufe ich entsetzt aus.
„Nicht so wichtig!", brummt Louis an meine Lippen, während er vergeblich versucht, meine enge Jeans zu öffnen.
„Warte, ich helf dir", biete ich an. Louis steht auf, um sich selbst von seiner störenden Hose zu befreien.
Plötzlich schreit er laut auf: „Au! Shit!"
„Was ist los?", rufe ich panisch.

Völlig unerwartet fällt Louis auf das Bett, wobei er schmerzverzerrt seinen rechten Fuß nach oben zieht. Mit entsetztem Blick stelle ich fest, dass er an der Ferse blutet.
„Wie ist das denn passiert?", frage ich unnötigerweise.
Mein Blick fällt auf den Boden, wo ein zersplitterter Bilderrahmen liegt, in dessen Glasscherben Louis getreten ist.
„Ich hol schnell ein Pflaster! Beweg dich nicht von der Stelle!", befehle ich ihm, während ich ihm einen liebevollen Kuss gebe.

In Windeseile stürme ich aus seinem Zimmer, den Gang entlang, bis ich das Bad erreiche. Hektisch durchsuche ich die Schränke, bis ich endlich fündig werde. Nachdem ich ein großes Stück von dem Heftpflaster abgeschnitten habe, eile ich zurück zu Louis.

Als ich das Zimmer betrete, ist mir sofort klar, dass die Stimmung sich gewendet hat.

...Praying (FF Louis Tomlinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt