Kapitel 21

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Ich öffne die Augen und werde umgehend von einem hellen Licht geblendet. Reflexartig kneife ich meine Lider zusammen, bis ich nur noch die Umrisse einer neben mir stehenden Person wahrnehmen kann.
„Hey, Honey! Wie geht's dir?", erkenne ich Liams Stimme.
Vorsichtig versuche ich mich zu bewegen, kann es aber nicht. Ich spüre weder meine Arme noch meine Beine. Lediglich meine Augen schnellen hin und her. Liam steht links neben meinem Bett.
„Wo bin ich? Was ist passiert?", krächze ich mit einer mir unbekannten Stimme.
„Du hattest einen Unfall!", klärt Liam mich liebevoll auf. „Du warst mit dem Motorboot unterwegs. Du wolltest einem kleinen Ruderboot ausweichen und bist frontal gegen eine Boje gekracht."
„Mit welchem Boot?", bringe ich mühsam hervor.
Liam antwortet mir nicht. Im nächsten Moment erscheint an meiner anderen Seite eine weitere Person. Meine Augen rollen nach rechts. Louis!
„Hey Zoe! Schön, dass du aufgewacht bist!", erklärt Louis mit ruhigem Ton. „Dann können wir jetzt endlich über unser Problem reden."
Mein Gehirn läuft auf Hochtouren. Welches Problem? Angestrengt versuche ich, mich zu drehen oder aufzustehen. Vergeblich! Es ist fast, als würde mein Körper nicht mehr existieren. Ich rieche, sehe und höre alles um mich herum, aber ich kann mich nicht einen Millimeter bewegen.
„Für wen hast du dich entschieden?", will Louis geradeheraus wissen.
„Was?", flüstere ich fassungslos. Ist das sein Ernst?
„Willst du mit Liam oder mir zusammen sein?", wiederholt er seine Frage.
Was soll das? Ich liege hier, kann mich nicht bewegen und er will wissen, für wen ich mich entscheide? Soll das ein schlechter Witz sein?
„Ich ...", stammle ich unbeholfen los.
„Honey! Du weißt, dass ich dich besser behandle, als Louis. Vorallem habe ich keine Freundin, die ich betrüge, wenn ich mit dir zusammen bin", sagt Liam eindringlich.
„Zoe! Ich liebe dich! Du spürst es! Verleugne nicht deine Gefühle zu mir!", bettelt Louis von der anderen Seite.
Aufgeregt schnellen meine Augen von einem zum anderen. Wie soll ich mich entscheiden?
„Gib uns eine Chance! Wir haben gerade erst begonnen, uns kennenzulernen. Riskiere nicht, dass Louis dich genauso schnell fallen lässt, wie El, sobald eine andere kommt!", meldet sich Liam erneut zu Wort.
„Du weißt, dass es nicht so kommen wird! Unsere Liebe ist etwas ganz besonderes! Liebe auf den ersten Blick, die stärkste Liebe, die es gibt!", bringt Louis mit Nachdruck hervor.

Plötzlich höre ich das bekannte Piepen des Monitors. Der Ton folgt in immer kürzeren Abständen, als wenn sich der Herzschlag beschleunigt. Kommt das von mir? Im nächsten Moment verschwindet Louis aus meinem Blickfeld. Mit aller Kraft versuche ich meinen Kopf zu bewegen, um ihm mit meinem Blick zu folgen. Auf einmal spüre ich eine Hand, die mein Gesicht zur Seite schiebt. Und dann sehe ich Louis! Er steht an einem Bett, welches sich neben meinem befindet. Er hält die Hand einer jungen Frau und redet behutsam auf sie ein.
„Bitte wach auf El! Ich brauche dich hier so dringend! Öffne die Augen und komm zurück zu uns!"
Langsam rinnen die Tränen über meine Wangen, bis das monotone Piepen zu eindringlich wird.

Schlagartig öffne ich die Augen. Mein Handy tanzt aufgeregt auf dem Nachttisch, während der Weckton ansteigend lauter wird. Schnell schalte ich ihn aus, bevor ich mich zurück auf mein Kissen fallen lasse. Oh mein Gott! Warum habe ich in diesem Haus immer so angsteinflössende Träume? Mit tränennassem Gesicht stehe ich auf und schaue hinunter in den Garten. Ich sehe Niall, der mit seiner Gitarre auf der Bank sitzt.

Nachdem ich mich im Bad schnell frisch gemacht und mich angezogen habe, laufe ich hinunter in die Küche. Offensichtlich hat es keiner der Bewohner geschafft, bereits mittags wieder aufzustehen. Außer Niall!
Ich greife nach einer der verpackten Waffeln und gehe hinaus in den Garten. Leise Gitarrentöne locken mich, während Niall dazu singt.

I have loved you since we were 18
Long before we both thought the same thing
To be loed, to be in love
All I can do is say that these arms were made for holding you
I wanna love like you made me feel
When we were 18

Plötzlich hält er inne. „Guten Morgen, Zoe! Schon so früh wach?", zieht er mich auf.
„Das ist wohl Ansichtssache. Ich möchte noch zu El ins Krankenhaus, deshalb habe ich mir gestern den Wecker gestellt", antworte ich freundlich.
„Hast du geweint?", will er mit besorgtem Blick wissen.
Sofort fühle ich mich ertappt.
„Warum? Schau ich so aus?", frage ich unsicher.
„Um ehrlich zu sein, ja!", bemerkt er bedauernd.
„Was war das für ein Lied?", versuche ich vom Thema abzulenken.
„Es heißt 18. Ich habe es selbst komponiert", antwortet Niall bescheiden.
„Das ist gut! Schöne Melodie! Hast du es schon einmal vorgespielt?"
„Nein! Wir müssen für die Uni ab und zu Lieder komponieren. Dort werde ich es dann vortragen", wehrt er ab.
„Schade! Ich glaube, der Song könnte vielen jungen Mädchen gefallen...", spreche ich meine Gedanken laut aus.
Stumm sitzen wir nebeneinander, während ein leichter Windzug in den Blättern über unseren Köpfen raschelt.

„Hast du Lust auf einen Ausflug?", unterbricht Niall die Stille.
„Grundsätzlich gerne, aber ich möchte heute unbedingt noch zu El!", erwidere ich bedauernd.
„In Ordnung! Wir können Beides verbinden, wenn du willst", schlägt er gutgelaunt vor.
„Verbinden?", frage ich erstaunt.
„Bist du fertig, oder brauchst du noch was?", will Niall wissen.
„Ich bin bereit", gebe ich lachend zu.

Im nächsten Moment springt Niall auf, läuft ins Wohnzimmer, um seine Gitarre abzulegen und kehrt umgehend wieder zurück. Fröhlich nimmt er meine Hand, während wir gemeinsam durch den Garten gehen. Als wir den Bootssteg erreichen, überkommt mich ein seltsames Gefühl. Die Bilder meines Albtraums erscheinen mir und lassen mich leicht frösteln.
„Alles in Ordnung?", will Niall wissen, während er mir in eines der Boote hilft.
„Ja, alles in Ordnung", antworte ich mit einem gezwungenen Lächeln.
Niall löst das Haltetau und lässt den Motor an. Ein leises, harmloses Schnurren, das sich in meinem Bauch jedoch anfühlt, wie der Beginn einer Katastrophe. Reiß dich zusammen, Zoe! Das war nur ein Traum! Was soll schon passieren?

Im nächsten Moment gibt Niall Gas. Gerade noch rechtzeitig kann ich mich an der Außenwand des Bootes festkrallen, bevor ich durch die Fliehkraft nach hinten geworfen werde. Mit Vollgas fährt Niall den schmalen Fluss hinauf, was meine Angst für einen Moment ins Unermessliche steigen lässt.

...Praying (FF Louis Tomlinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt