Kapitel 2

24 0 0
                                    

~Never regret anything because at one time it was exactly what you wanted.~

Ani führte mich zu einer der Gruppen, die quer über die Wiese, auf Decken sitzend, verteilt lagen. Neugierige Blicke durchbohrten mich und ich streckte den Kopf nach oben. Der erste Eindruck sollte nie wirken, als könnte man schnell verarscht werden. "Hey", sagte ich zu der Gruppe. "Ich bin Cass." Ein Haar fiel mir ins Gesicht und ich strich es schnell weg. Die drei vor mir gaben ein hey zurück. 2 Jungs, 1 Mädchen. Das Mädchen hatte kurze, dunkelbraune Haare und einen dunklen Teint. "Cass? Ist eine Abkürzung oder?" Ich nickte. "Klar, für Cassandra." Ani hatte sich schon zu ihnen gesetzt und ich tat es ihr jetzt nach. Das Mädchen lächelte nett. "Ich bin Angelique." Sie hielt inne und griff nach der Hand des Jungen neben ihr, welcher blond, aber fast genauso braun war wie sie. "Und das David." Ein Pärchen also. Ih. Bitte war es nicht die Art von Beziehung, die ganze Zeit vor anderen rumleckten, sonst musste ich mich immer wieder mit dem Gedanken konfrontieren das ich einsam und allein war und niemanden hatte, der mich in irgendeiner Weise liebte. Er lächelte ebenfalls, beugte sich zu ihr rüber und zog sie zu sich. "Falls du es noch nicht bemerkt hast ihr Freund," lachte er. Ich nickte. "Fast übersehen", antwortete ich ironisch und sah zum anderen Jungen, der bis jetzt auf sein Handy gestarrt hatte. Er schien zu bemerken, dass er beobachtet wurde und schaute auf. "Luke." Er lächelte nur leicht, als er sich mir vorstellte. Ich fing an zu lachen. Verwirrt sah er mich an. Ich keuchte und sagte:"Luke." Dann ließ ich eine dramatische Pause, in der mich die anderen nur komisch anschauten. So ernst wie möglich sagte ich dann: "Ich bin dein Vater." Ich lachte und die anderen fielen mit ein, als sie verstanden. Er selbst auch. "Das hat seit der Grundschule niemand gebracht. Respekt." "Sorry", lachte ich. Ich musterte ihn jetzt genauer und stellte fest, dass er überraschend attraktiv war. Er sah aus wie der Bruder von Hailey, mit schwarzen Haaren und ein wenig düster wirkend. Wie Hailey- in männlich. Mit markanten Gesichtzügen. Seine Augen waren eisblau. Er konnte bestimmt gut Mädchen aufreißen. Ich sah wieder zu den anderen, die schon wieder redeten. Aber ich blendete es aus und starrte in den Wald, der ein paar Meter hinter uns anfing. Ein Zaun trennte den Waldanfang und das Internatsgelände. Ich wandte mich wieder zu Luke. "Da ist Ende für uns hm?" In dem Moment fühlte ich wieder das Gefühl das ich gefangen und abgeschoben bin. Er nickte, seine Miene war unbewegt. Dann griff er hinter sich in seine Tasche. Er holte eine Zigarettenschachtel raus und ein Feuerzeug. "Auch eine?",fragte er. Ich nickte, aber dann hörte ich Angelique quietschen. "Luke qualm hier nicht wieder rum." Angeekelt sah sie auf die Zigarette in seiner Hand. "Du verpestest unsere Luft, wenn du aufhören würdest, würde David es bestimmt auch mal schaffen." Sie warf ihrem Freund einen bösen Blick zu. Luke zuckte mit den Schultern und stand auf. Er hielt mir die Hand hin. "Du wolltest doch auch oder?" Ich nickte und ergriff seine Hand. "Wo gehen wir hin?", fragte ich. Luke nickte zum Wald rüber. Schweigend gingen wir nebeneinander her. Ich genoss die Stille. Ich konnte mir denken, dass Luke ein super Kumpeltyp wäre. Er lenkte uns weiter nach links und wir gingen an einer Jungsgruppe vorbei. Als wir näher kamen lachten sie. Der eine von ihnen pfiff. Der andere setzte dran:"Nah Luki, mal wieder eine am aufreißen?" Wieder lachen. "Sam halt die Fresse," sagte Luke. Ich aber kam näher zu Luke. "Er hat wenigstens welche." Provokant sah ich Sam an und hob eine Augenbraue. Anerkennendes Gemurmel und lachen. "Wenigstens schlagfertig", antwortete Sam. "Aber glaub mir ich hab schon meine." Er setzte dieses typische Aufreißerlächeln auf und lachte. Luke ging weiter. "Wir sehen uns nachher." Dann wandte er sich ab und ich folgte ihm zu dem Zaun. Er steckte seine Sachen wieder in die Hosentasche und fing an zu klettern. Mit verschränkten Armen sah ich dem Ganzen zu. Oben angekommen warf er den Blick zurück zu mir . "Bleibst du jetzt da unten stehen?", fragte er. Ich zuckte mit den Schultern, fing dann aber doch an zu klettern. Gleichzeitig schwangen wir uns rüber und landeten auf der anderen Seite. Er landete elegant-ich naja, eher weniger. Man sollte sich vorstellen wie ein Walross das aufs Wasser aufkam, alles andere als schön. Statt wie normal auf den Füßen zu landen, maulte ich mich erstmal ordentlich. Luke fing an zu lachen, als er mich so stolpernd sah. "Alles klar?", fragte er schmunzelnd über meine Tollpatschigkeit. Ich sah ihn böse an und tat einen auf Zicke. "Klar." Dann warf ich übertrieben die Haare zurück, was weniger dramatisch war wie ich erhofft hatte, denn dabei fielen mir noch Erdreste raus. Wir fingen beide an zu lachen. Ja, eindeutig Kumpeltyp. Ich machte eine imaginäre Kippe an und hob beide Augenbrauen. Er verstand und holte die Packung raus. Machte sich selbst eine an und warf mir eine rüber. Ich fing und steckte sie mir in den Mund. Er kam automatisch mit dem Feuerzeug rüber und machte sie mir an. Zwischen ein paar Zügen fing er dann an mich auszufragen. "Wie kommts dass du rauchst? Machen hier nicht so viele Mädchen." Ich zuckte mit den Schultern. "Kam halt." "Eh nicht", sagte er kühl. Noch ein Zug. "Stimmt." Mehr sagte ich nicht. Wieder diese Stille. "Ich versteh schon", sagte er, doch ich schnaubte nur. "Ja klar." Ich wandte mich ab. Ich hörte seine tiefe Stimme, leise irgendwas sagen. "Was?", fragte ich. Er wiederholte es, diesmal lauter. "Wir alle haben unsere Abgründe." Er lachte rau. Aber mit dieser Aussage hatte er so verdammt recht. "Ja", flüsterte ich und musste mich zusammenreißen nicht zu weinen, wenn ich an meine eigenen Abgründe dachte. "Nur manche stehen weit weg von dem Abgrund, manche stehen kurz vor der Kante und manche sind schon einen Schritt weiter und wieder andere sind schon auf dem weg nach oben." Er stimmte nickend zu. Die Zigarette in seiner Hand verglühte langsam und er drückte sie am Zaun neben sich aus um sie dann wegzuschmeißen. Ich tat es ihm nach. "Und wo bist du?", fragte er. "Ich war schon überall.", sagte ich. Er lehnte sich an den Baum neben ihm und schüttelte dann langsam den Kopf. "Ich hab gefragt wo du bist, nicht wo du warst." Im Versuch auszuweichen fing ich wieder an zu klettern. "Cass?" "Was?", antwortete ich gereizt. "Sorry das ich gefragt habe. Es geht mich nichts an." Oben angekommen hielt ich inne. "Ich weiß nicht wo ich gerade bin okay, vielleicht näher ich mich der Klippe wieder, vielleicht bin ich am klettern nach oben, aber die Steine bröckeln. Ich weiß es nicht." Darauf erwiderte er nichts und ich schwang mich über den Zaun zurück auf die andere Seite.


EntfachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt