~If you want to kill yourself, kill what you don't like~ Archie's Final Project
Jeder ging wieder seinen eigenen Dingen nach. Ani machte Hausaufgaben vom Vortag, Hailey war rausgegangen und ich saß da, alleine mit meiner Musik neben dem Koffer. Der Reißverschluss klemmte leicht, aber nach ein paar ruckhaften Versuchen klappte es und meine Sachen quellten heraus. Na da würde ich ja noch zu tun haben. Ich fing mit der Kleidung an, sortierte, faltete und legte sie ordentlich in den kleinen Schrank, möglichst bemüht jeden Platz auszunutzen. Als nächstes kamen die Sachen fürs Bad dran, die ich alle einzelnd hinbringen musste, weil alles quer verteilt lag. Zahnbürste, Waschsachen, Pflegeprodukte und letztendlich auch meine Schminke. Ich überlegte wann ich sie das letzte Mal überhaupt benutzt hatte. Während meiner Zeit in der Klapse aufjedenfall nicht, soviel stand fest. Ich ging wieder zum Koffer und blickte auf den Rest. Nach den Sachen fürs Bad gab es nicht mehr viel auszupacken, nicht vieles -aber für mich Wichtigeres. Ich griff hinein und brachte mein kleines blaues Notizbuch zum Vorschein. Unsicher wo ich es hinlegen sollte ohne dass es einer lesen würde, legte ich es zwischen den Freiraum von Bett und Wand. Da würde es fürs Erste sicher sein. Ani war mit dem Rücken zu mir, hatte also nichts gesehen. Genauso wenig wie sie sah was ich als Nächte rauszog. Meine zwei Klappmesser. Ich liebte sie dafür das sie echt handlich und gut in manche meiner Schuhe zu stecken waren. Und ihre Farbe allein; sie waren lila schimmernd, gemischt mit gelb und blau Tönen, die fließend ineinander übergingen. Ich steckte sie wieder zurück in den Koffer, weil ich bezweifelte, dass diese hier erlaubt waren. Dann gab es nur noch ein paar Fotos mit Erinnerungen von damals, welche ich mir unbedingt im Gedächtnis halten wollte. Das einzige Foto, das umrahmt war, nahm ich raus und stellte es neben das Bett auf den kleinen Nachttisch den jeder von uns hatte. Es zeigte mich und meine beste Freundin, Jenna. Wir hatten uns seit dem wir in die Grundschule gingen, gekannt. Aber nichts hält für immer. Schicksal oder Zufall, sie kam mit 15, also vor fast genau zwei Jahren, ums Leben. In einem Tag wäre sie 18 geworden. Sie war immer ein Jahr älter gewesen als ich, hatte lange, braune Haare und war eine echte Schönheit gewesen, trotz der Brille und dem Nasenpiercing, welchen sie sich mit 14 stechen ließ. Sie hatte es nicht verdient zu sterben. Aber wer hatte das schon? Eine Träne floss mir über die Wange. Schnell wischte ich sie mir aus dem Gesicht und versuchte nicht anzufangen zu flennen. Ich durfte jetzt nicht weinen. Ansonsten konnte es passieren, dass ich nicht mehr aufhören konnte und die Emotionen mich überfluten würden, die gerade in mir hochkamen. Beschämt über mich selber senkte ich den Kopf. Tote waren tod, dass ich immer noch an der Erinnerung hang machte sie nicht lebendiger. Sie hätte gewollt, dass ich glücklich bin. Nein, was sie wirklich gewollt hätte, wäre die Möglichkeit alt zu werden.
"Sieht schön aus da." Ich schaute auf und sah, dass Ani ihre Schulsachen zusammengeräumt hatte und nun auf das Bild starrte. "Türkeiurlaub", sagte ich knapp und sie gab dann nur ein ok als Antwort. Sie hatte sich mir wieder abgewandt und malte auf einem Blatt Papier rum. Diesmal war ich diejenige, die interessiert war, also stand ich auf und ging zu dem Schreibtisch rüber. Über ihre Schulter sah ich fasziniert zu wie aus Strichen ein Bild wurde, ein Bild von blauem Meer und weißen Sandstrand. "Wow," war alles was mir dazu einfiel, denn sie konnte echt gut malen. Ich schaffte selber gerade mal Strichmännchen und Monde. Sie lachte leise. "Künstlerfamilie,"sagte sie und sah von ihrem Blatt Papier auf. "Ich mal es später weiter, wollen wir vielleicht raus?" Ich stimmte zu und wollte gerade raus, als sie nach draußen zeigte, wo es leicht regnete. Ich zuckte mit den Schultern. "Passt schon." Sie selbst nahm sich eine Jacke und wir gingen.
Draußen trafen wir auch auf ein paar der Anderen. Angie kam lächelnd auf mich zu. "Na, lange nicht mehr gesehen." Ich lächelte breit. "Was habt ihr die ganze Zeit gemacht?" "Du meinst wohl ich, Alicia ist auf dem Zimmer geblieben glaub ich." Ani legte den Kopf schräg. "Warst du bei Honey?" Angelique nickte. "Yes." "Wer ist Honey?",fragte ich. Hoffentlich kein Mensch, wer würde seine Tochter denn bitteschön Honey nennen. Naja,es gab ja vieles Merkwürdiges. "Mein Pferd, kein Mensch", lachte sie. "Eigenes?" Wieder nickte sie als Antwort. "Ja eigenes, kannst du reiten?" Ich hatte es 12 Jahre gemacht, klar konnte ich. "Ja, ich bin denke ich aus der Übung, aber theoretisch müsste ich es noch können. Ani sah vielsagend zu Angie. "Dann gehen wir wohl morgen ausreiten", sagte sie. Ich hoffte, dass ich mich nicht blamieren würde. Sam kam von hinten und hängte sich zwischen mich und Ani. "So meine chics, es ist 7, wir wollten den Rest von uns noch treffen." Ich zog die Augenbrauen hoch. "Deine Chics?" Ich lachte. "Träume mal weiter." Gespielt beleidigt sah er mich an und dann zu Ani. "Dann bist du es halt, hm?" Er lehnte sich gegen Ani. Sie drückte ihn weg. "Bloß nicht Sam." Sie kicherte, als er wieder versuchte ranzukommen und sie ihn wieder wegdrückte. "Jetzt lass uns los gehen."
Oben war viel los, der Gemeinschaftsraum war groß, überall waren Sofas und in der Mitte war ein Kicker und ein Billardtisch wo mehrere Jungs gerade eine Runde spielten. Es war nicht mehr viel Platz zum hinsetzen, aber Alicia und ein anderes Mädchen, was ich nur einmal flüchtig gesehen hatte und an dessen Namen ich mich nicht erinnern konnte, saßen auf einem Sofaeck. Vor ihr standen zwei andere mir Fremde. Die Eine hatte die Hände in die Hüfte gestemmt und schien wütend. Wir kamen näher und setzten uns alle. "Verpiss dich du Lesbe", fuhr sie Alicia an. Ani stand auf: "Was soll das Tara?" Sie lächelte ein gefaktes Lächeln. "Ich will nicht neben denen da sitzen." Das Mädchen, welche wohl Tara war, schaute vernichtend auf Alicia und die andere. "Dann setz dich doch woanders hin und Nerv uns nicht." Das Mädchen neben Tara sagte jetzt auch was. "Wir waren zuerst hier." Okayy? Was wahr falsch bei ihr. War sie im Kindergartenalter stehengeblieben? Ich mochte sie jetzt schon nicht, sie mit ihrem viel zu sehr bemalten Gesicht. Zwar kannte ich Alicia noch nicht lange, aber hatte das Bedürfnis mich für sie einzusetzen. "Was habt ihr für ein Problem? Setzt euch hin oder lasst es",fuhr ich die beiden an. Das Gesicht der überschminkten Bitch verzog sich, genauso wie das Gesicht von Tara. "Was glaubst du wer du bist, dass du dich einmischst Neue?", zischte sie zurück. Ich stand auf und spürte Wut. "Wer bist du, dass du denkst hier Stress zu machen?" Tara alias Bitch no1 schaute zu Bitch no2 und lachte gespielt. "Die Neue fühlt sich cool Melli, was hatten wir nochmal gehört?" Bitch no2, die wohl Melli hieß, warf den Kopf in den Nacken. "Psychotic, würde ich sagen." "Ja du beschreibst dich ganz gut", erwiderte ich. "Naahh ich meinte nicht mich", sagte sie arrogant. Kurz starrte sie auf ihre Nägel und blickte mich dann direkt an. "Oder bin ich diejenige, die in der Klapse war?" Ich war wie gelähmt. Woher wusste sie das?! Ich spürte alle Blicke auf mir. Und ich? Starrte die beiden nur an. "Da weißt du nichts mehr zu sagen Freak, hm?", lachte Tara. Meine Hand ballte sich zu einer Faust. "Verpiss dich einfach okay." Ich musste mich zusammenreißen nicht auf sie loszugehen. Ganz ruhig Cass. Ich versuchte es, ich versuchte es wirklich, aber diese kleinen Fotzen hatten kein Recht darauf mir sowas zu sagen. Aber hatten sie nicht sogar ein bisschen Wahrheit ausgesprochen ? Innerlich riss wieder eine der alten Narben. Aua. Hailey rief ebenfalls dass sie sich verpissen sollten . Sam regte sich auf, alle regten sich auf über die beiden. "Warum sollten wir?" Mein Gesicht verdunkelte sich immer mehr und ich ging ein Schritt vor. "Tut es einfach. Wisst ihr nicht, dass Leute aus der Pschyatrie gefährlich sein können?" Ich lächelte kurz, aber keinesfalls nett. "Tara, ich glaub wir bleiben hier oder?", wandte sich Melli an Tara. Emotionen wallten in mir hoch. Warum ließ ich mich provozieren? "Ahh eine Psychobitch, die versucht sich zurückzuhalten. Mach die Augen auf Schätzchen, du gehörst immer noch in die Irrenanstalt." Ich glaube das war der Punkt wo es mir reichte. Ich hatte so hart gekämpft um rauszukommen. Ich schnellte vor und schleuderte sie mit einem Ruck zu Boden. "Ich lass mir von dir nichts sagen, du weißt garnicht wie es ist.. was ich durchgemacht habe." Mir fehlte die Stimme um weiterzureden. Trotz der Wut war da auch ein Anflug von Traurigkeit, der jedoch schnell verflog als ich in ihr wutverzogendes Gesicht sah. Ich hatte alles andere ausgeblendet, deshalb bemerkte ich auch erst nicht, dass Melli auf mich zukam. Sie war gerade kurz davor gewesen mir eine zu klatschen, als ich sie bemerkte und mich unter ihrem Arm hindurchbückte, meine Faust in ihren Bauch stieß, zumindestens fast. Wäre da nicht jemand gewesen, der mich wegzog. Ich wirbelte herum, wollte gerade zuboxen als ich Luke erkannte. "Lass mich los", fuhr ich ihn an, aber war in seinen Armen gefangen. Aufeinmal sah ich mehrere Gewaltszenen sich in meinem Kopf abspielen. Perplex hörte ich auf mich zu wehren, hielt mir den Kopf. "Cass komm mit", flüsterte er mir eindringlich zu und schob mich aus den Raum voller Mensch, welche alle nur eins anstarrten. Mich.
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Entfacht
Teen FictionCassandra ist neu auf dem Clementinen Internat. Erst ist alles normal-doch dann erfährt sie Dinge. Dinge, die sie nie hätte erfahren sollen, denn nun wird es nie mehr so sein wie es war. Es gibt kein zurück mehr in ihr altes Leben und schon bald ist...