Lass Dir von niemanden einreden, dass Du etwas nicht kannst. Wenn Du einen Traum hast, musst du ihn beschützen. Wenn andere etwas nicht können, wollen sie dir immer einreden, dass du es auch nicht kannst. Wenn du was willst, dann mach es.
Will Smith in Das Streben nach GlückNach dem Mittagessen verabschieden meine Mutter, eine zierliche blonde Frau namens Tracy und ich uns vom Tisch und gehen noch ein Stockwerk nach oben, wo Tracy sich in einem leerstehenden Raum mit all ihren Kleidern, Stoffen, Schuhen und Accessoires eingenistet hat.
Möge die Anprobe beginnen!
Die großen Fenster lassen viel Licht in dieses kleine Atelier und bewirken, dass der Raum größer erscheint.
In der einen Ecke befindet sich eine provisorische Umkleidekabine. Gleich außerhalb davon ein großer, hoher Spiegel, der gegen die weiße Wand gelehnt wurde.
Die restlichen Wände sind zugestellt mit Kartons und Kleiderständern, an denen glitzernde Kleider in allen erdenklichen Farben hängen.
Mittig im Raum auf einem runden Teppich stehen zwei niedrige Hocker, die mit rosafarbenem Stoff überzogen sind, und ein runder Glastisch, auf dem ein Teller mit Keksen steht.
«Hier wären wir», sagt Tracy und lässt mir und meiner Mutter kurz Zeit, um uns umzuschauen.
«Sehr schön», sagt diese. «Was man nicht alles aus diesem Zimmerchen machen kann. Aber nun, Tracy, beginnen Sie bitte.»
Tracy nickt und zieht mich sanft zur Umkleide. «Ich habe mir gedacht, dass ein hellblaues Kleid mit grauen Verzierungen gut mit Alexandras Augen harmonieren würde.» Und warum bitteschön hat sie dann gleich Kleider für die Hälfte der Mädchen, die in East City wohnen, mitgebracht?
«Über die richtige Länge hingegen lässt sich nun streiten», fährt sie fort. «Ich persönlich würde es bevorzugen, wenn es knapp unterhalb der Knie enden würde.» Erwartungsvoll sieht sie erst mich und dann meine Mutter an. Als ich nur ratlos schweige, ergreift schließlich Annabelle das Wort. «Zeigen Sie uns doch bitte einfach ein paar Beispiele.»
Und damit begann die ganze Prozedur. Fünfeinhalb Stunden, drei Gläser Wasser und zwei Kekse später haben wir uns endlich auf ein Kleid geeignet. Mein Outfit morgen besteht aus einem rauchblauen Kleid mit Diamanten, die hauptsächlich dort angebracht sind, wo sie mein Dekolleté und meine Taille betonen sollen, das etwas unterhalb meiner Knie endet, kombiniert mit farblich passenden Pumps und Schmuck, der ebenfalls fast ausschließlich aus Diamanten gefertigt ist.
Ich bin froh, als ich endlich wieder in meine normalen Klamotten schlüpfen und die Treppe noch eine Etage nach oben in mein Zimmer gehen kann. Ein Mädchen, das es liebt schöne Kleider zu tragen und sich aufzuhübschen, war ich noch nie.
Als ich die Tür öffne, strömt mir warme Luft entgegen. Mein Zimmer befindet sich direkt unter dem Dach, daher ist es im Sommer meist viel wärmer als in den übrigen Räumen der Villa.
Ich lege mich mit dem Rücken auf mein Bett und schaue durch das große Dachfenster in den wolkenlosen Himmel. So bleibe ich eine Weile liegen, bis es an der Tür klopft. Ich setze mich auf und sage «Herein».
Die Tür öffnet sich langsam und Colins Gesicht erscheint. «Kann ich reinkommen?»
Ich nicke und stehe auf, um meine Kleidung glatt zu streifen und meine Haare etwas zu orden.
Colin schließt die Tür hinter sich und stellt sich vor mich hin. «Alles okay bei dir? Wie war die Anprobe?»
«Alles gut.» Ich lächle. «Und die Anprobe hat gar nicht so lange gedauert, wie ich vermutet habe. Setz dich.»
Wir setzen uns beide auf mein Bett und reden. Wir reden über belangloses Zeug, über Dinge, die niemand außer uns verstehen würde. Aber plötzlich wird Colin ernst. «Alex, was du heute im Auto zu mir gesagt hast. Also, dass du dir keinen besseren Partner wünschen könntest, das beruht auf Gegenseitigkeit.» Schüchtern grinst er mich an.«Ich könnte mir auch keine bessere Frau wünschen, als dich.»
Ich spüre, wie meine Wangen warm werden. Colins Gesicht bewegt sich immer näher auf mein eigenes zu und schon berühren sich unsere Lippen. Erst sind es ganz sanfte Küsse, die immer wilder, stärker und leidenschaftlicher werden. Natürlich ist das nicht unser erster Kuss, immerhin wissen wir seit fast zwei Jahren, dass wir heiraten werden und irgendwann haben wir angefangen küssen zu üben. Aber dieser Kuss schmeckt nach mehr. Eine von Colins Händen und wandert unter mein T-Shirt, die zweite folgt kurz darauf. Er tastet sich vor, bis seine Hände an meinem BH-Verschluss angekommen ist. Viel weiter dürfen wir nicht gehen, meldet sich mein Gewissen. Mehr als knutschen ist vor der Ehe hier nicht erlaubt.
«Colin», bringe ich atemlos zwischen zwei Küssen hervor. «Colin, stopp!» Ich löse mich aus seinem festen Griff und seine Hand zieht sich ebenfalls zurück.
«Was ist los? Hab ich dir wehgetan?» Er weicht ein Stück von mir zurück und fährt sich durch seine blonden Haare.
Ich schüttle den Kopf. «Nein, natürlich nicht. Ich - ich dachte nur, ich hätte ein Geräusch gehört. Jemand der die Treppe hoch kommt.» Obwohl das eigentlich eine Notlüge war, kann man jemanden mit hohen Schuhen die Stufen zu meinem Zimmer hinaufsteigen hören. Wenige Sekunden später steckt meine Mutter ihren Kopf durch die Tür.
«Na ihr beiden? Abendessen ist fertig, kommt ihr?»
Es steht uns wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben, dass wir gerade in einer intimen Situation ertappt wurden, aber wir nicken und gehen nach unten.
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Science Fiction«Artikel der New York Times vom 09.06.2025: Nun ist es offiziell - New York wird in zwei Teile geteilt, wie damals zu DDR Zeiten Berlin in Deutschland.» New York City existiert nicht mehr. Stattdessen sind zwei getrennte Städte entstanden, die unte...