Kapitel 8

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~Sein Tagebuch~


Ich stampfte wütend ins Wohnzimmer. Da war keiner. Komisch. Ich lief weiter in die Küche. Das Licht brannte in beiden Räumen, aber niemand war da. Deswegen schlich ich, so gut wie es eben als überdemensionaler Wolf möglich war, die Treppen nach ob. Hier war alles stockfinster, jedoch sah ich durch meine geschärften Augen mehr Details als sonst. Wo waren denn alle hin? Langsam begann ich mich zu fürchten. Ich zitterte ein wenig und fühlte mich einsam. Vielleicht waren sie beim Rudelhaus? Ja, bestimmt, versuchte ich mir selber Mut zu machen. Schnell sprang ich aus dem Haus raus. Es war dunkel und ich fürchtete mich, wie ein kleines Kind. Langsam trabte ich los, rein in den dichten Wald. So, wo war das Rudelhaus nochmal? Weiter geradeaus, meinte mein Wolf, diesmal freundlich. Ich preschte dann auch schon los, während mein Wolf mich leitete. Ich hörte das plätschern von Wasser, es kam immer näher. Hier war also der Bach, den wir auch vor unserer Verwandlung überqueren mussten. Aber ich bremste nicht, sondern rannte weiter. Ich sah das dunkle Wasser und rannte nur noch schneller. Mit einem großen Satz überwand ich den Bach, oder eher den Fluss. Ich flog durch die Luft und kam sicher und trocken unten an. Mich interessierte das jedoch nicht. Ich wurde von der Angst geplagt und auch das Gefühl nicht los das mich irgendjemand beobachtete, seitdem ich den Fluss überquert hatte. Egal. Immer schneller rannte ich, wand mich geschickt um die Bäume. Mein Wolf lenkte mich zur Versammlungslichtung. Schnaufend kam ich da an. Erwartungsvoll sah ich mich um. Alles leer. Ich erzitterte. Schnell, zum Rudelhaus! Auch Goldene Nacht, ich erwähne das dies mein Wolf ist, wurde panisch. Warum waren wir nicht direkt zum Rudelhaus gerannt, anstatt zur Versammlungslichtung? Egal. Schnell weiter! Komplett blind preschte ich Richtung Rudelhaus und ließ mich von meinem Instinkt leiten. Wieder übersprang ich eine Flussstelle, mühelos. Ohne anzuhalten ging es weiter. Ich hatte Angst. So große Angst hatte ich noch nie verspürt. Kurze Zeit später erreichte ich auch schon das große Gebäude. Es war ein schönes Haus, mit großen Fenster und...Licht! Erleichtert seufzte ich. Mein Wolf entspannte sich, genauso wie ich. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich gar nicht so erschöpft war, obwohl ich ja 'nur' wie eine Verrückte durch den Wald gerast bin. Dennoch pochte mein Herz noch etwas. Ich trabte zügig zu der Tür. Diesmal kam ich von unten aus an die Klingel dran und betätigte sie.

Kurze Zeit später wurde mich auch schon die Tür geöffnet. Eine verschmitzt grinsende Mum stand vor mir. Sie grinste! Wütend knurrte ich. Sie behielt ihr lächeln jedoch auf. "Verwandel dich zurück und komm rein", meinte sie. Ich brummte. Goldene Nacht, hast du gehört?, fragte ich meinen Wolf. Natürlich, ich bin ja nicht taub...oder blind, wie du es bist, entgegnete sie schnippisch. Nenn mich außerdem Nacht oder...ja Silver ist besser. Ich war verwirrt. Silver? Und warum sollte ich blind sein?! Tz, jeder Wolf bekommt im Rudel seinen Namen, aber der eigene Wolf darf sich auch...einen Kosenamen geben. Wie wenig weißt du überhaupt über uns? Ich schnaubte auf. Ist gut, musst ja nicht gleich so nervig werden. Das bist du doch selber. Pah! Endlich sah ich meine Menschensgestalt vor meinem inneren Auge. Das Mädchen streckte die Hand aus und ich spürte wie alles kurz dunkel wurde.

 Als ich meine Augen wieder öffnete stand ich als Mensch da und blickte Mum ins Gesicht. "Das hat aber lange gedauert. Du musst schneller werden", sagte sie und winkte mich rein. Ich war noch immer wütend auf sie und marschierte rein. Die Panikattake von vorher war Nebensache. "Warum wart ihr nicht zuhause? Wieso habt ihr mir nicht Bescheid gesagt? Weshalb seid ihr jetzt hier?", fing ich an zu fragen als ich im Flur stand. Ich sah mich nur kurz um, während ich meine Fragen stellte. Der Flur war groß, mit einem hellbraunen Schuhschrank, einer gleichfarbigen Kleiderkommode(heißt das so? xD). Die Wand war in einem schönen weiß gestrichen und der Boden war mit einem hellgrauen Teppich belegt, der kuschelig weich war. Rasch streifte ich meine Schuhe von den Füßen. Nebenbei starrte ich Mom böse an, die noch immer lächelte. "Komm erstmal mit ins Wohnzimmer", zwinkerte sie. Fragend blickte ich sie an. "Meine Fragen hast du aber noch nicht beantwortet", meinte ich. Sie lief los. Direkt nach dem Flur war rechts ein Türbogen, der ins Wohnzimmer führte. Es war gemütlich eingerichtet. Ein großes, weißes Sofa stand in einer Ecke, gegenüber einem großen Fernseher. Ein riesiges Bücherregal in einem dunklen braun stand an der linken Wand. Links, neben einem weiterem Türbogen, hinter dem ich die Küche ausmachen konnte, stand ein langer Esstisch, auch in einem dunklen braun. Neben dem Sofa stand noch ein kleiner Billiardtisch. Also bestimmt angenehm hier zu leben. Jedoch saß im Wohnzimmer fast das ganze Rudel, das mich ansah als ich eintrat. Alle Blicke richteten sich auf mich. Ehm...ja. Was war hier los? Verunsichert sah ich mich um. Einige nickten mir zu und redeten dann weiter. Andere betrachteten mich interessiert und wieder andere, unteranderem Jessi und Alex kamen zu mir und begrüßten mich. Ich funkelte Mom und meine Geschwister an. "Wo wart ihr?", presste ich zischend hervor. Ich musste mich beherrschen. Jessi sah mich mitfühlend an und schwieg, Alex sah sich das Bücherregal an. Als ob er das interessant fand, er hasste Bücher. Sie waren meine Zwillingsgeschwister! Einmal haben wir uns geschworen keine Geheimnisse mehr voreinander zu haben, da sich das nicht gut macht. Jeder hatte seinen Schwur gehalten und wir wussten alles über den anderen, aber was war jetzt mit ihnen? Niemand antwortete mir. Ich fühlte mich plötzlich unglaublich einsam, weshalb ich mich auf dem Absatz umdrehte und aus dem Wohnzimmer marschierte. Rechts ging eine Treppe nach oben, links war die Tür. Wohin sollte ich? Ich entschloss mich für die Treppe. Mom sah mir hinterher, auch meine Geschwister. Keiner hielt mich auf. Nun gut. Ich stieg die Stufen hoch. Hier waren nur die Zimmer für die Rudelmitglieder und ein Badezimmer, wobei ich davon ausging, dass jeder hier ein eigenes Bad in seinem Zimmer hatte. Ich betrat das Bad und schloss hinter mir ab. Das Bad war groß. Eine Toilette stand rechts neben der Tür. Daneben eine große Dusche und auch ein Waschbecken, darüber ein Spiegel und daneben ein Schrank für Badezimmerutensilien. Ich seufzte und blickte in den Spiegel. Eine müde aussehende Mika mit zerwuscheltem braunen Haar stand dort. Nur meine Augen sahen wach und aufmerksam aus und das blau strahlte intensiver als zuvor. Ich beugte mich vor und betrachtete sie. Ich werde noch verrückt, dachte ich und schüttelte meinen Kopf. Ich spritze mir etwas Wasser ins Gesicht und erledigte rasch mein Geschäft bevor ich das Badezimmer wieder verließ. Immer weiter lief ich den Gang entlang bis ich zu einer weiteren Treppe kam. Diese führte wohl zum Dachboden hinauf. Interessiert erklomm ich auch die. Oben musste ich eine Holzluke aufstemmen und hindurchschlüpfen bevor ich den Dachboden sehen konnte. Es war dunkel hier. Nur ein Fenster über mir zeigte den Sternenhimmel. Ich ging langsam weiter. Überall standen alte Truhen, Bücher und Klamotten rum. Interessiert beobachtete ich alles, bis mir eine kleine Holzkiste auffiel, die im schwachen Licht, das hier hereindrang, leuchtete. Ich nahm sie in die Hand und drehte sie ein wenig. Ist das cool. Behutsam öffnete ich sie. In ihr lag ein Hand-großes Büchlein in einem grauen Einband. Die Kiste legte ich beiseite und sah mich kurz um. Mein Blick fiel auf einige Holzstufen die zu einer gläsernen Terrassentür führten. Sie war mir noch gar nicht aufgefallen. Ich lief schnell zu ihr und zog sie auf. Ich fand mich auf einem kleinen, gemütlichen Balkon wieder, auf dem ein Schaukelstuhl stand. Auf ihm lag eine Decke. Wer hier wohl immer saß? Vorsichtig setzte ich mich in den Schaukelstuhl und schaukelte ein wenig hin und her. Ich lachte wie ein kleines Kind, das machte Spaß. Schließlich besann ich mich wieder. Ich sah auf das kleine Büchlein, lehnte mich zurück, deckte mich mit der Decke zu und schlug es auf. Zunächst stand dort ein kleiner Eintrag. 25 Juli 1973-Jeremy. Das war mein Vater! Und der 25. Juli war 3 Tage vor seinem Geburtstag. 1973...das hieß er war da 16! Genau wie ich. Ich las weiter.

Werwolfherz- Alpha eines RudelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt