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Als wir in dem Zimmer sind, schaue ich mich neugierig um. Es ist ein kleines Zimmer mit Erker, holzgetäfelt. An der Wand gibt es einen Kachelofen. Heizungen scheint es keine zu geben.
Alles ist sehr schlicht gehalten, genau nach meinem Geschmack.

Ich setze mich auf einen kleinen Stuhl in der Ecke und warte.
Als Finnian endlich langsam beginnt zu erzählen, kann ich es kaum erwarten,
doch dann kommt das erste Wort über seine Lippen und mein Gehirn registriert nur noch eins: Wie schön seine Stimme klingt, wenn er erzählt. Ganz warm und weich. Angenehm.
Mir rieselt ein wohliger Schauer den Rücken hinunter und ich muss mich ernsthaft darauf konzentrieren, den Sinn seiner Worte zu verstehen.
Wieso klappt das heute nur nicht?!
Bald bin ich völlig von der Geschichte gefesselt. Im wahrsten Sinne des Wortes.

"Ich weiß, es klingt unglaublich,aber schon immer gab es Menschen, die Gedanken lesen und Schwingungen in der Luft, im Boden und in Pflanzen wahrnehmen konnten." An dieser Stelle halte ich die Luft an.
Ich war nicht die einzige! Ich konnte es kaum fassen. Das hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet.
Finnian mustert mich aufmerksam und ich bete zum Himmel oder sonst wem, dass ich nicht schon wieder rot werde.
Als er wieder meine Aufmerksamkeit hat, fährt er fort.
"Dies war bald kein Geheimnis mehr. Eine Gruppe bildete sich, die Morgendämmerung, mit dem Ziel, die Fähigkeit für sich selbst zu nutzen. Sie fanden einen Weg, diese Reader, wie wir sie nennen, ihrer Kräfte zu berauben.
Heute weiß keiner mehr von den Gedankenlesern. Sie verstecken sich schon seit drei Jahrhunderten."
"Gab es denn keine Aufzeichnungen über sie? Einige gaben diese Erinnerungen doch bestimmt auch mündlich weiter", warf ich ein.
"Eine der mächtigsten Gedankenleserinnen fand einen Weg, mithilfe reiner Energie alle Erinnerungen und Aufzeichnungen auszulöschen. Es kostete sie alle ihre Kräfte und doch opferte sie sich. Ihr Handeln war zunächst erfolgreich.
Allerdings gerieten die frei gesetzten Energien außer Kontrolle und damit schenkte sie den Immunen, welche sich erinnern konnten, besondere Kräfte.
Die einen schlossen sich der Morgendämmerung an, die anderen den Nachtwanderern.
Nachtwanderer machten es sich zur Aufgabe, alle verbliebenen Gedankenleser zu schützen. Und nach dem Tod der Mächtigen, wie sie nur noch genannt wird, wurden diese Kräfte der Grund, warum heute nicht mehr viele von ihrem Volk existieren.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis immer mehr Leser aufgespürt wurden und verschwanden. Heute sind es nicht ein mal mehr tausend, über die ganze Welt verstreut."

Das klang gefährlich. Aber gehörte ich jetzt zu den Guten oder zu den Bösen?
Die größere Frage war:
"Zu wem gehörst du?"
Bei seinem Vater war ja alles möglich, aber ich hoffte so, dass er nicht...
Ok, Gefühle waren hier völlig fehl am Platz. Wenn er zur Morgendämmerung gehörte, musste ich mich vollkommen darauf konzentrieren, mein Geheimnis zu verbergen. Er sah mich die ganze Zeit schon mit durchdringenden Blick an, als würde er auf etwas warten und keiner wusste, wo ich mich befand.
Das hier war die perfekte Falle...

"Ich wusste es. Du bist eine von ihnen!"

Reader [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt