Teil 5: Emily

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Für immer, dein Luc. Für immer, dein Luc. Für immer, dein Luc.

Was bitteschön sollte das? Was wollte er mir damit sagen? Während ich aus dem Schlafzimmer, fertig angezogen, in den langen Flur schlurfte, konnte einfach nicht damit aufhören, an diesen traurigen und zugleich süßen Zettel zu denken. Wieso musste er nach New York? Als ich an dem großen runden Spiegel an der Ecke zum Wohnzimmer vorbeikam, zuckte ich zusammen, als ich mein Spiegelbild sah. Das war nicht ich, das war ein voller Wimperntusche verschmiertes Mädchen, das gerade den größten Heulkrampf hinter sich hatte. Ich hatte echt große Augenringe und meine Lippen waren noch roter und voller als sonst. Wenn ich mich selbst auf der Straße treffen würde, wäre ich sofort schreiend davon gerannt...

Als ich mich noch länger musterte, bemerkte ich, dass ich leicht älter als siebzehn wirken könnte. Irgendwie hat sich mein Gesichtsausdruck verändert, ich könnte genauso gut zwanzig Jahre sein. Habe ich das in den letzten Wochen nicht bemerkt?

Welcher Tag war eigentlich heute? Samstag oder? Ich musste jetzt echt nach Hause zu meiner Schwester und zu meinen Eltern, die sich bestimmt schon wieder große Sorgen machten. Wie ich Mum kenne, war sie sicher gerade dabei, sich die größte Katastrophe auszumalen... Oh Gott, hoffentlich konnte sie mein Vater besänftigen, und ich durfte nächstes Wochenende schon nach London mit meiner Schwester mitfahren...

Warum zur Hölle, bin ich vor zehn Minuten alleine aufgewacht?.. Wieso ließ er mich allein?

Was mich auch wunderte war, dass Luc mich fast nicht kannte und trotzdem ließ er mich einfach alleine in seinem Penthouse weiterschlafen... Merkwürdig.

Sah ich so vertrauenswürdig aus?

War ihm oder seinem Bruder Finn heute etwas zugestoßen? Vielleicht musste er auch weg, weil jemand von seiner Verwandtschaft plötzlich Krebs oder einen schweren Unfall hatte? Doch es ließ mich nicht los, dass seine plötzliche Flucht vielleicht doch etwas mit mir zutun haben könnte.

Habe ich etwas falsch gemacht?

Als ich die große Penthousetür hinter mich zuzog, und die eiskalte Luft in dem langen Treppenflur spürte, setzte ich mich auf eine Stufe und dachte noch einmal an die gestrige Nacht.

Ich zog meinen Ipod heraus und drückte bei dem Lied "Love the way you lie" von Rihanna feat Eminem auf Play. Automatisch wurde mir sofort wärmer, als ich mir wieder das Gespräch zwischen mir und Luc in Errinnerung rief.

"Em, weißt du, ich habe noch nie ein Mädchen so faszinierend gefunden. Die meisten fand ich immer langweilig. Ich fand immer, ihr Mädchen habt doch oft ähnliche Hobbies. Also egal ob Reitunterricht oder Lesestunden, ich fand euch immer so gleich."

"Also Luc, meinst du damit, dass wir Mädchen klischeehafter sind, als ihr Typen es seid? Das kann nicht dein Ernst sein. Ich sage nur Fußball!"

"Ach das war jetzt sowas von klar, dass du mit dem Top Klischee von uns Männern kommst. Tss.."

Wir lachten beide lauthals. Ich kuschelte mich noch enger in seine Arme. Es war schon halb 4 Uhr morgens, doch ich konnte gar nicht daran denken einzuschlafen. Nicht mit diesem Typen neben mir. Auf keinen Fall!

"Weißt du, ich war nie der Typ, der unbedingt eine Freundin wollte oder .. ja dauernd.. ach du weißt schon, Mädchen.. also ähm.."

Er wurde rot und versteckte im Ernst sein hübsches Gesicht in seinen Händen. Was bitteschön sollte das? So etwas habe ich noch nie bei Jungs gesehen. Ich meinte immer, sie wären alle so stark und selbstsicher. Luc war definitiv eine Ausnahme, vom Klischee der starken Männer, die nie Schwäche zeigten, wich er eindeutig ab.

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