Kapitel 4

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Zuerst wusste ich nicht wohin.

Ich war immer noch damit beschäftigt auf meinen Vater sauer zu sein und ihm zum Teufel zu wünschen, dass ich nicht bemerkte wohin ich eigentlich lief. So wie es immer in diesen kitschigen Liebesgeschichten geschrieben steht, wenn der Kerl und das Mädchen aus irgendeinem noch so banalen Grund einen Streit hatten, sie weg lief - mit Tränen überströmten Gesicht - und bemerkte dabei nicht das sie immer tiefer und tiefer in die gefährliche Gegend vordrang.

Bei mir war das ganz ähnlich, vielleicht nicht mit dem nassen Gesicht und eigentlich rannte ich auch nicht in die weniger angesehenen Gegenden der Millionen Stadt, in der (mehr oder weniger) kleine Mädchen nichts verloren hatten.

Ich kannte mich gut genug um zu wissen, das ich dringend unter andere Leute musste um mich abzulenken, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen. Dumme Gedanken, die immer dann aus den Gehirnwindungen gekrochen kamen, wenn man sie am wenigsten brauchte.

Meine Gedanken, aber wohl hauptsächlich meine Füße, trugen mich in Richtung U-Bahn und dann bis ins Herz von Manhatten. Und ehe ich mich versah stand ich in mitten von Touristen, deren Blicke fasziniert nach oben gerichtete waren, auf dem Times Square.

Um mich herum blinkten und glitzerten die Reklametafeln, für die dieses Fleckchen Erde so berühmt war.

Wenn ich hier so stand, ein Anker in Mitten der herumeillenden Leute, immer in Aufbruchstimmung, ohne jegliche Rast, fühlte ich mich wohl. Ich vergaß den Streit mit meinem Vater für einen Augenblick und gab mich ganz der Eile hin, den Menschen, ihrer Zeit die sie hier verbrachten.

Und dann passierte es.

Jaja, natürlich musste dieser Satz jetzt kommen, wie denn auch nicht. Er kam immer dann, wenn der Autor es dramatischer machen wollte. Nur wollte der Autor es wahrscheinlich gar nicht dramatischer machen (keine Ahnung was in diesem Kopf alles so passiert), sondern einfach nur die Tatsache beschreiben, dass es passierte.

Zuerst dachte ich einfach nur ich träume.

Als dann, nachdem einige Sekunden verstrichen waren, immer noch nichts weiteres passierte, zweifelte ich zuerst an meinem Verstand, denn das was ich hier sah, konnte unmöglich wahr sein. Aber es war möglich, so wahr ich hier stehe.

Vor Schreck ließ ich den Haustürschlüssel fallen, den ich immer noch nicht in meine Hosentasche gestopft hatte.

Das Geräusch des aufprallenden Stück Metalls auf den Asphalt war so unglaublich laut und klar, dass ich schwören konnte es würde bis nach Afrika gehört werden.

Kein Wunder, denn es war das einzige Geräusch, das weit und breit verursacht werden konnte (mal von meinem Atem abgesehen). Der Times Square lag da, in einer unheimlichen Stille, die so gar nicht zu diesem Ort passte, der immer voll war.

Als hätte man den Stecker gezogen.

Langsam schaute ich mich um. Die Menschen waren noch da, auch die Reklametafeln, die Gebäude, alles war noch so wie vor wenige Sekunden. Und da war der Knackpunkt, den alles war genauso wie noch wenige Sekunden zuvor!

Es konnte doch nicht ... aber ... alles deutete darauf hin, ja.

Ich hatte die Zeit angehalten.

Wie sonst konnte ich mir das erklären, wenn alles und jeder still stand nur ich nicht? Ich schaute auf meine Armbanduhr. So ein altes Ding mit römischen Zahlen. Die goldenen Zeiger drehten sich wie verrückt im Kreis und ich hörte das Ächzen der Zahnräder.

Ich stand also mitten auf dem Times Square und die Zeit stand still. Klasse.

Nachdem der erste Schock davon gezogen war, verschwand der oh-mein-Gott-Gedanke aus meinen Gedanken und machte dem wie-bekomm-ich-das-wieder-weg-Gedanke platz und der machte mir noch mehr Angst.

Percy Jackson FF - TIME (in ÜBERARBEITUNG)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt