30.Kapitel

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Scott

Rachel hat recht. Sie kann nicht backen. Kein bisschen. Beinache hätte sie den Kuchen verbrannt, aber der Geruch stieg uns ziemlich schnell in die Nase, sodass wir den Kuchen, und uns, retten konnten. Ein Glück.

Ich hab schon ziemlich früh angefangen zu backen. Wenn man mit vier Frauen in einem Haushalt lebt, kann es ganz schnell dazu kommen, dass man das Gewicht des Butters wiegt, um nicht zu viel oder zu wenig, zu verwenden. Tja, und schon bist du dabei den Teig zu kneten, ihn in eine passende Form zu bringen, in den Offen zu stellen und bei 180 Grad Celsius, zu backen. Nicht das es mir damals kein Spaß machte. Es hat mir sogar sehr viel Spaß gemacht. Aber ich bin ein Junge, und Jungs spielen Fußball und backen nicht. Wie oft ich meine Leidenschaft fürs backen geheim halten musste. Nicht vor meine Familie, sondern meinen Freunden. Wenn nur einer gewusst hätte, dass ich sehr gerne backe... Naja, damals war es anders. Man musste das gleiche mögen, anziehen und tuen, um dazu zu gehören. Ich erinnere mich noch an einen jungen namens Owen Winter. Wir waren eigentlich nicht befreundet. Er war in unserer 'Clique'.
Ein ganz cooler, wenn es darum ging, in die Büsche zu pinkeln, oder Mädchen zu beleidigen, bis sie weinend wegrannten.
Ja, ein ganz cooler, wenn die Clique dabei war.
Aber so war er gar nicht.

Eines Tages musste ich Beth vom Balett abholen. Ich ging rein, holte sie ab und ehe ich von der Tür rausging, sah ich ihn.
Ja, den ganz coolen Owen Winter, in einem Tütü. Er lachte, drehte sich um sich selber und schien mich gar nicht zu bemerken. Aber dann, einige Sekunden später fiel ihm wohl auf, dass er beobachtet wurde. Unsere blicken trafen sich und er hörte sofort auf sich zu drehen und zu lachen. Die nächsten Tage kam er nicht zur Schule, wahrscheinlich dachte er, ich erzähle es jedem.
Ich konnte mit dem Gedanken keinen Tag länger schlafen, so ging ich zu ihm nachhause.

Seine Mutter begrüßte mich herzlich und sagte mir, Owen fühle sich seit ein paar Tagen nicht so gut und das es schön ist, dass jemand ihn besuchen komme. Ich wäre der erste. Wundert mich kaum, dachte ich. Sie führte mich zu seinem Zimmer und öffnete die Tür. Owen zuckte zusammen, als er mich sah. Er lag in seinem Bett. Ich setzte mich auf seinen Schreibtischstuhl und als seine Mutter rausging, war es still. Keiner von uns sagte etwas. Ich fasste meinen Mut zusammen und fing an. Immerhin war ich gekommen, also müsste ich auch anfangen. Ich sagte:,, Es ist nicht schlimm, anders zu sein, dafür sollst du dich nicht schämen. Ich bin auch anders, weißt du? Ich backe, ja backe. Und ich hab es auch keinem von unserer Clique erzählt, da ich Angst hatte, dass sie sich über mich lustig machen werden. Also hielt ich es geheim, genau wie du. Jeder ist anders. Du bist du, ich bin ich. Keiner darf uns dafür verurteilen, verstehst du? Ich persönlich finde es schön, dass du anders bist. Dann fühle ich mich nicht so..allein. '' Als ich fertig war, sah ich ein Lächeln über Owens Gesicht huschen. ,, Du bist gar nicht so schlimm, wie ich dachte, Taylor. ", sagte er lachend. ,, Und warte, du kannst backen? Also so Kuchen und Kekse und... Oh mein Gott und ich dachte, ich wäre ein hoffnungsloser Fall. Du bist ja viel schlimmer!" Wir brachen beide in Gelächter aus und versprachen uns, niemanden je davon zu erzählen, bis das der Tot uns scheiden würde.

Nach diesem Tag wurden zu besten Freunden, er akzeptierte mich so wie ich war, und ich ihn. Wir hatten nichts mehr mit der 'Clique' zutun. Owen bekam sogar eine Freundin. Oh nein, er war nicht schwul. Ein paar Monate später war er nämlich mit Holly Queenie zusammen, einer Cheeleaderin, und ich? Ich war hoffnunslos in das schönste und süßeste Mädchen der Welt verliebt. Rachel Ellis. Sie hatte aber nur Augen für Nathaniel Sanona.

Ja, Owen und ich waren die besten
Freunde, die es gab. Wir waren immer füreinander da. Wir waren wie Geschwister. Bis der Tot uns am 6. Dezember 1995 scheidete. Er starb an einem Hirntumor. Sie sagten, der Tumor frässe ihn von innen auf. Es gäbe keine Heilung. Er würde sterben. Mein bester Freund. Der, der sich lachend im Tütü drehte, mir beim backen zusah, mich verteidigte. Mein bester Freund, Owen Winter ist am 6. Dezember 1995 gestorben. Er lies mich allein. Ich war allein. Doch trotzdem hatte ich Rachel. Sie kam mich oft besuchen, um mich zu trösten.

Das Mädchen, dass gerade versucht zu backen. Ihre welligen Haare, die ordentlich zu einem Zopf gebunden sind, sehen so schön aus. Ihre Hand, welche versucht den Teig zu kneten, bewegt sich so geschmeidigt und leicht.

Das schönste und süßeste Mädchen der Welt ist in meiner Küche. Mit meiner Schürze um ihren Körper. Bei mir. Nach all den Jahren. Man hab ich sie vermisst.

,, Kannst du mal aufhören mich so anzustarren?", sagt sie lachend und ruft mich in die Realität zurück. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass meine rechte Hand, meins Klinnlade stützt. ,, Was ist los?", fragt sie und kommt zu mir ans Tisch. Ihre Besorgnis kann man hören. ,, Erinnerst du dich noch an Owen, meinen besten Freund?", frage ich sie und richte mich dabei so hin das ich gerade sitze. Sie setzt sich mir gegenüber und nimmt meine beiden Hände und führt sie zu ihren Mund. Sie küsst sie ein paar mal zart und schaut mir dann in die Augen. Man, sie sieht so verdammt süß aus, mit Mehl an ihrer Nase. ,, Natürlich, wie könnte ich das nicht? Ihr wart wie Pech und Schwefel, Sonne und Mond, Sturm und Regen..", sagte sie zärtlich und rückte näher zu mir. ,, So wie Amberly und du..", flüstere ich und schaue zum Fenster raus.

Warte, scheiße! Ich hoffe, sie hat es nicht gehört!

Ich drehe mein Kopf ganz leicht in ihre Richtung, so unauffällig wie möglich.

Sie ist blass. Ihre Augen glitzern. Eine Träne läuft ihr Gesicht runter. Und ihre Hände..Sie sind so kalt.

,, Ra..Rachel..?" Sie bewegt sich nicht. Ich schüttel leicht an ihren Schultern. Plötzlich nehme ich ein schluchzen war. Rachels Schluchzen.

,, Rachel, es tut mir so unendlich leid! Sowas hast du nicht verdient! Deine Mutter.. und Matthew auch nicht! ", brülle ich ihr schon fast entgegen. Sie schubst mich weg, steht auf und geht ein paar Schritte rückwärts. Ihre Hände schlingt sie sich um ihren Körper und schluchzt, schluchzt, schluchzt. Gut einen Meter später stoppt sie und wischt ihre Tränen weg. Ihre Haare, die zu einem Zopf gebunden sind, sehen nicht mehr so ordentlich aus wie vorher. Unsere Blicke treffen sich und Rachel wischt erneut eine Träne weg, die ihr gerade runterkullert.

,, Scott?", gibt sie zitternd von sich. ,, Ja Honey?" Ich gehe mit langsamen Schritten auf sie zu. ,, Amberly und.. mein Vater.. hatten eine Affäre?"

Wie kann ich ihr nur antworten? Ja, dein verdammter Vater und deine beste Freundin hatten eine Affäre am laufen, während deine Mutter Schwanger nachts auf ihn wartete. Sie liebte ihn, aber dein Vater brannte mit Amberly durch.

Sie hatten es zumindest vor, doch bei einem Autounfall starben beide. Zusammen. Ihr Schicksal. Sie hatten es nicht anders verdient.

,, Antworte mir, verdammt! Sag mir das ich mich täusche und das mein Vater soetwas niemals tuen würde! Nicht Mum und mir..Loos! "

Finding myselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt