Gefangen (Teil 2)

15 2 0
                                    

Nur wenige Minuten später ließ mich ein Ruf innehalten. Jemand rief meinen Namen! Ich sah mich um und bemerkte eine Gestalt im Schatten eines Durchgangs.

„Rana, ich bin's", flüsterte die Gestalt. Ich huschte in den Schatten und lehnte mich an die Wand.

„Wirst du verfolgt?"

„Nein. Was machst du hier, Djego?", wisperte ich zurück.

„Tu nicht so, als würdest du meine Hilfe nicht brauchen!" Er musterte mich besorgt. „Du bist verletzt!" Er kramte in seiner Tasche und zog ein Bündel saubere Stoffstreifen hervor. Ich verkniff mir ein Grinsen. Djego war wie immer auf alles vorbereitet. Ich löste den Lederriemen an meinem Handgelenk und schob den Ärmel hoch. Die Wunde war nicht groß, blutete aber immer noch stark. Es schien allerdings, als hätte der Pfeil erstaunlich wenig Schaden angerichtet. Djego nahm einen der Stoffstreifen und machte einen festen Verband um meinen Oberarm. Ich biss die Zähne zusammen und blinzelte gegen die Tränen an. Ich war zwar verletzt, aber ich lebte noch! So etwas wie Triumph stieg in mir auf. Ich hatte es tatsächlich geschafft. Ich war in die Burg eingebrochen und lebend wieder herausgekommen!

„War das ein Soldat?", fragte Djego.

„Nein", antwortete ich müde. „Das war mein neuer Freund von gestern Abend."

„Der Schwertkämpfer?"

„Genau. Diesmal allerdings mit Pfeil und Bogen."

„Warst du trotzdem erfolgreich?", fragte er und reichte mir meinen Umhang.

„Ich dachte schon, du würdest nicht mehr fragen!" Vorsichtig zog ich den Stern aus meinem Kragen und hielt ihn zwischen meinen Händen um das Licht abzuschirmen. „Der Schwertkämpfer ist zu spät gekommen. Ich war gerade dabei abzuhauen, als er aufgetaucht ist."

„Glück für dich", murmelte Djego und musterte den Stern neugierig. „Was ist das?"

„Irgendein magisches Zeugs. Ich weiß auch nicht genau."

„Lass ihn lieber wieder verschwinden", meinte Djego und sah sich um. „Man weiß nie, wann die nächste Patrouille vorbei kommt."

Ich nickte und ließ den Stern wieder unter meinem Hemd verschwinden. Das ungewohnte Gewicht des Schmuckstücks lenkte mich ab. Jetzt, wo ich einigermaßen sicher war, begannen meine Knie zu zittern. Auf dem Rückweg ging Djego voran und ich war froh einmal nicht aufpassen zu müssen.

Nur ab und an warf ich einen Blick über die Schulter, um zu überprüfen ob wir verfolgt wurden. Ausnahmsweise gingen wir heute den ganzen Weg durch die Strassen. Mit meiner Verletzung wäre es ein wenig schwer gewesen von Dach zu Dach zu springen. Schliesslich standen wir vor der Mauer, die das Südviertel vom Ostviertel trennte. Mühsam kletterte ich hinauf. Ich war müde, sehr müde. Auf der anderen Seite fiel ich mehr, als das ich herunter sprang. Und diesmal gelang es Djego leiser aufzukommen als ich. Ich richtete mich auf und sog überrascht die Luft ein.

Die Straße vor uns war versperrt. Gut ein dutzend Personen in langen Umhängen standen Schulter an Schulter und musterten uns schweigend. Der Anführer der Gruppe war ein großer Mann in einem langen, schwarzen Mantel. Der Vermummte! Ich fluchte stumm. Was wollte er hier? Meine Frist war doch noch nicht abgelaufen?

Auf ein Zeichen des Vermummten hin, gab die ganze Gruppe ihre aggressive Haltung auf und die Personen schlugen die Kapuzen zurück. Rechts neben dem Vermummten stand Edeiy, links von ihm Mian. Die anderen Jugendlichen kannte ich nicht.

„Guten Morgen", grüsste der Vermummte leise. „Wie ich sehe, bist du mehr oder weniger unversehrt von deinem Auftrag zurückgekehrt. Gib mir den Stern!"

Prophecy - Die Vierte Tochter des WindesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt